Polizeiruf 110 - Zwischen den Welten in Rostock

25.08.2013 - 20:15 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Polizeiruf 110 - Zwischen den Welten
NDR/ARD
Polizeiruf 110 - Zwischen den Welten
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Katrin König klärt ein Geheimnis um ihre Eltern auf und Alexander Bukows Ehe zerbricht in diesem neuen Fall der konstant auf hohem Niveau ermittelnden Rostocker Polizeiruf-Kommissare.

Dass die Qualität von Tatort- oder Polizeiruf-Teams manchmal extrem schwankt, ist oft auf das wechselnde Personal hinter den Kulissen und damit die jeweilige Vision zurückzuführen. Bei einem Von Meuffels, der problemlos zwischen Dominik Graf, Hendrik Handloegten oder Hans Steinbichler wählen kann, stört der Stilwechsel nicht weiter, liefert der Münchner Polizeiruf doch in jeder Inkarnation Höchstleistungen ab. Von dessen lokalen Tatort-Kollegen kann das nicht behauptet werden. Ähnlich wie der Frankfurter Tatort unter Lars Kraume versucht sich der Rostocker Polizeiruf mit Headautor Eoin Moore an einem anderen Modell, namentlich dem einer verstärkten seriellen Erzählung, welche die in großen Abständen erscheinenden Folgen abseits der Präsenz der gleichen Figuren miteinander verbindet. Obwohl hier in jedem Krimi ein neuer Fall wartet, wurden in den vergangenen Auftritten kleinere Handlungsstränge eingeflochten, die in Polizeiruf 110: Zwischen den Welten in den Vordergrund treten.

Lokalkolorit: Es ist Urlaubszeit in Rostock und die Sonne prallt drauf auf die Täter, Opfer und Kommissare mit ihren Geheimnissen, die im Laufe von Polizeiruf 110 – Zwischen den Welten ans Tageslicht gezerrt werden. Die Rostocker Krimis rücken sich selten mit stilistischen Spielereien in den Vordergrund, wenn auch die Traumsequenzen von Katrin König (Anneke Kim Sarnau) und das unwirsche Hereinbrechen in die unterschiedlichsten Milieus durch Alexander Bukow (Charly Hübner) samt geliebter Wampe zu den wiederkehrenden Motiven dieses Polizeirufs zählen. Zu Beginn parallelisiert dieser ein durch den Wald hastendes Mädchen auf der Suche nach seiner Mutter mit Königs Ostsee-Alpträumen von der Flucht in den Westen und setzt damit das Motto dieses Krimis voller auseinander driftender Familien.

Plot: Eigentlich will Bukow mit seinen Söhnen in aller Ruhe seinen Urlaub genießen, da läuft ihm ein kleines Mädchen vors Auto, das ihn geradewegs zur Leiche einer Frau führt. Die Mutter der Kleinen führte offenbar ein Doppelleben als Prostituierte und finanzierte so Studium und Familienleben. Anstatt die Reihen der Verdächtigen zu lichten, ordnet sich mit jeder Offenbarung über das Privatleben der Frau ein neuer potenzieller Mörder ein, vom Dozenten, über den Ex-Chef, Nachbar bis hin zum eigenen Ehemann.

Unterhaltung: Die Polizeirufe aus Rostock sind keine spaßigen Angelegenheiten, bei denen am Ende die Currywurst vorm Wahrzeichen der Stadt wartet, sprich: alles wieder gut ist. König und Bukow geben dank ihres rauen Umgangs miteinander und im Verhör auch hier ein tolles Team ab, wobei gerade letzterer einen durch sein ambivalentes Geflirte mit der sich ebenfalls prostituierenden Kommilitonin der Toten nie ganz in Sicherheit darüber wiegt, welche Grenzen er zu überschreiten gewillt ist. Es überwiegt jedoch das Drama um eine Familie, deren Eltern sich längst in ihren Lügengebäuden verlaufen haben, während die Tochter nicht mehr als eine Randnotiz bleibt.

Tiefgang: Die vergangenen Episoden deuteten mal mehr, mal weniger stark Königs Nachforschungen bezüglich ihrer echten Eltern an und in Polizeiruf 110 – Zwischen den Welten kommt diese zu einem ersten, niederschmetternden Ergebnis. Anneke Kim Sarnau bricht daraufhin Schritt für Schritt die schroffe, nordische Fassade ihrer Kommissarin auf, die schließlich Trauer und Schuldgefühle mit Bukow in den Versen von Nirvanas Come As You Are herausbrüllt, schon jetzt eine kaum zu toppende Szene des Fernsehjahres 2013. Bukows Vernachlässigung seiner Familie wurde ebenfalls angedeutet, etwa als er seine Frau in einer der letzten Folgen mit Kollege Thiesler (Josef Heynert) ins Kino schickte. Während sich für König die Suche dem Ende zuneigt, eröffnet sich für Bukow – und das ist das Herausragende am Rostocker Polizeiruf – eine neue Wunde, die in den nächsten Fällen kuriert werden muss. Ob da eine Flasche Vodka reicht?

Mord des Sonntags: Und schon wieder eine Leiche im Wald.

Zitat des Sonntags: “Ich mach’ nich’ auf dicke Hose, ich bin die dicke Hose.”

Die Rostocker liefern wieder einen sehenswerten Polizeiruf ab oder was meint ihr?

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