Sie sind die großen Architekten von Andor: Der eine hat die Serie geschaffen, der andere die Weichen der Rebellion gestellt. Vor dem Finale haben wir uns mit Serienschöpfer Tony Gilroy und Luthen-Darsteller Stellan Skarsgård zum Interview zusammengesetzt, um über die letzten Episoden des Rogue One-Ableger zu reden. Gerade im Hinblick auf Skarsgårds Figur warten diese mit einer Besonderheit auf.
Achtung, es folgen Spoiler!
Ist Luthen ein ehemaliger Jedi? Will er sich am Imperium rächen? Oder treibt ihn ein völlig anderes Motiv in die moralischen Grauzonen der weit entfernten Galaxis? Der letzte Story-Arc enthüllt sein Geheimnis: Luthen war ein imperialer Offizier, der selbst für Leid und Tod verantwortlich war. Erst die Begegnung mit der jungen Kleya hat ein Umdenken in ihm ausgelöst und seinen Funken des Widerstands entfacht.
In mehreren – für die Serie unüblichen – Flashback-Szenen taucht das Andor-Finale in Luthens Vergangenheit ein und verleiht der Figur eine zusätzliche Dimension. Doch das war nicht die einzige kreative Entscheidung, die Tony Gilroy und Stellan Skarsgårds in den letzten Atemzügen der Produktion treffen mussten. Im Interview führen sie uns hinter die Kulissen der gefeierten Star Wars-Serie.
Moviepilot: In Staffel 1 gibt es diesen brillanten Monolog, in dem Luthen sagt, dass er alles für einen Sonnenaufgang opfert, den er niemals sehen wird. Wie übertrifft man so einen Gänsehautmoment?
Stellan Skarsgård: Nun ja, wir haben ihn nicht übertroffen.
Tony Gilroy: [lacht]
Stellan Skarsgård:
Ich meine, besser schreiben kann man wirklich nicht.
Aber habt ihr es versucht?
Tony Gilroy: Es gibt tatsächlich ein paar andere Dinge, die wir ausprobiert haben. Aber ich wollte nicht ständig nur Monologe einbauen, um zu zeigen, was ich als Drehbuchautor drauf habe. Das ist wie bei einem Gitarrensolo: Mitunter kann es sich um den besten Moment eines Songs handeln, aber wenn man es übertreibt, verliert es seine Wirkung. Es muss seinen Platz im großen Ganzen finden. Nur so wirkt es echt und authentisch.
Luthen hatte seinen Monolog. Deswegen habe ich mich dieses Mal auf andere Figuren konzentriert – Perrin zum Beispiel. Ich wollte nicht, dass die Leute mit dem Eindruck aus der Serie gehen, dass er eine eindimensionale Figur ist. Er hat ein paar interessante Dinge beizutragen, die ich unbedingt umsetzen wollte. Und dann wäre da natürlich noch Mon Mothmas große Rede im Senat. Das Wichtigste war aber immer, dass diese Momente organisch aus der Geschichte entstehen und nicht gekünstelt wirken.
Für Luthen habt ihr euch trotzdem etwas Besonderes ausgedacht. Wir tauchen mit Flashbacks in seine Vergangenheit ein. Es wirkt wie ein Stilbruch, da die Serie fast ausschließlich in ihrer erzählten Gegenwart spielt. Wie kam es dazu?
Tony Gilroy: Stellan und ich hatten schon im Zuge von Staffel 1 darüber gesprochen, wie Luthens Hintergrundgeschichte aussehen könnte. Daraufhin habe ich ein paar halbgare Ideen auf einen Zettel gekritzelt. Die funktionierten aber alle nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Und eine Sache hatte Stellan sowieso von Anfang an klargemacht: "Ich will nicht, dass [Luthens Motivation] Rache ist."
Als wir dann in Staffel 1 gesehen haben, wie großartig Elizabeth Dulau als Kleya ist, haben wir begonnen, mehr für sie zu schreiben und ihr eine größere Rolle zu geben. Da kam uns die Idee, dass sie im Zentrum von Luthens Flashbacks stehen könnte. Nicht zuletzt mussten wir an irgendeinem Punkt erklären, was genau die Beziehung zwischen den beiden ist. Das wäre ansonsten unbefriedigend für das Publikum gewesen.
Und Stellan, wie war es für dich, diese jüngere Version zum Leben zu erwecken?
Stellan Skarsgård: [lacht] Oh, ich habe mich schon lange nicht mehr so jugendlich gefühlt. [scherzend] Der Trick ist, dass sie mich während den Dreharbeiten für den Rest der Serie älter geschminkt haben, als ich es eigentlich bin. Ich hatte immer viel Make-up im Gesicht. Als ich den jungen Luthen gespielt habe, war ich endlich wieder ich selbst.
Tony Gilroy: [lacht] Endlich konnten wir auch mal dein echtes Ich in der Serie zeigen.
Ich nehme an, da war trotzdem eine De-Aging-Technologie im Spiel, wie es bei Mark Hamills Luke Skywalker in The Mandalorian der Fall war, oder?
Stellan Skarsgård: Ja, das war nur mithilfe von De-Aging möglich.
Tony Gilroy: Aber man braucht auch den Schauspieler, der eine gewisse Körpersprache mitbringt. Der die Mimik und Gestik vorgibt. Wie bewegt er sich in der Szene? Wie dreht er die Schultern? Was macht er da? Es steckt noch viel mehr dahinter.
Stellan Skarsgård: Genau hier wird es für mich als Schauspieler schwierig. Es ist einfach, mit De-Aging die Falten aus meinem Gesicht verschwinden zu lassen. Aber ich muss auch körperlich wieder so tun, als wäre ich deutlich jünger. Da geht es viel um Beweglichkeit und andere Dinge, an die man zuerst gar nicht denkt.
Ihr hattet mit Staffel 2 nur noch zwölf Folgen Zeit, um die Geschichte zu Ende zu erzählen, obwohl die Serie ursprünglich auf fünf Staffeln ausgelegt war. Was war die größte Herausforderung bei der Punktlandung?
Tony Gilroy: Bei so einem straffen Zeitplan darf nichts schiefgehen. Wenn ich überlege, wo ich als Filmemacher bei dieser Serie am verletzlichsten war, würde ich das Ghorman-Massaker in Folge 8 wählen. Die Dreharbeiten waren extrem anfällig für jegliche Art von Problem, das man sich nur vorstellen kann. Du bist draußen, hast 300, 400 Leute, fünf Kameras und nur einen Monat Zeit, um die verschiedenste Szenen abzudecken. Ich musste immer exakt wissen, wo alle Leute sind, und – noch viel schlimmer – das Wetter im Blick behalten. Wenn die Sonne heute zu stark scheint, können wir nicht drehen, weil die Szenen dann nicht mehr zu denen des Vortags passen. Das war der größte Stressfaktor für mich – die Dinge, die du nicht kontrollieren kannst.
Und wie sah es bei dir aus, Stellan?
Stellan Skarsgård: Ich hatte vor den Dreharbeiten einen Schlaganfall. Ich konnte mir meine Texte nicht merken und musste lernen, mit einem Knopf im Ohr zu arbeiten. Das ist eine besondere Technik, weil du gleichzeitig deinen Spielpartner hörst und den Text, den dir jemand einspricht – und du musst sofort auf beides reagieren. Ich habe ein bisschen gebraucht, bis ich mich daran gewöhnt hatte, aber ich hatte sehr gute Leute, die mir dabei geholfen haben und irgendwann hat es ganz gut funktioniert.
Oh, das wusste ich nicht. Das klingt nach einer ziemlich heftigen Erfahrung.
Stellan Skarsgård: Ja, das war es auch. Ziemlich heftig. Aber so ist das Leben.
Das hört sich wirklich so an, als hättet ihr bei Andor nur eine Chance gehabt, alles richtigzumachen. Wie habt ihr entschieden, was auf den letzten Metern der Geschichte unbedingt noch passieren musste?
Tony Gilroy: Im Grunde gibt es tausend Möglichkeiten, diese Geschichte zu erzählen, aber wir hatten bei Andor den großen Vorteil, dass wir genau wussten, was am Ende passiert. Das Schicksal von Cassian, Mon Mothma und vielen anderen Figuren steht fest. Ich wusste, dass ich am Ende die Informationen über den Todesstern liefern muss – und wollte sicherstellen, dass alles Sinn ergibt. Alles, was zu Rogue One führt, muss sich so anfühlen, dass man denkt: "Ahh, natürlich, nur so konnte es passieren."
Das Ende zu kennen, diesen klaren Rahmen zu haben, macht vieles einfacher, ohne dass man sich zu sehr einschränken muss. Im Grunde konnte ich alles erzählen, was ich zu dieser Geschichte sagen wollte. Also habe ich angefangen, mir weitere Säulen zu errichten. Das Ghorman-Massaker musste irgendwann im dritten Block passieren. Ich hatte schon eine Idee für Folge 10 und mir war ebenfalls klar, dass Folge 12 mit einer ganz anderen Energie daherkommen muss, weil jetzt eine größere Dringlichkeit herrscht. So habe ich nach und nach die Lücken gefüllt, die noch übrig waren.
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Die 2. Staffel von Andor feierte am 23. April 2025 ihre Premiere bei Disney+. Inzwischen sind alle zwölf Episoden des abschließenden Kapitels erschienen.