Tatort - SM-Hohepriester gibt Frühstück für immer

16.03.2014 - 20:15 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Tatort - Frühstück für immer
ARD/MDR
Tatort - Frühstück für immer
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Mit dem Älterwerden beschäftigt sich der neue Tatort aus Leipzig. Der wartet mit vielen zitierfähigen Weisheiten über das (Frauen-)Leben über 40 auf, kann dem aber wenig neue Facetten abgewinnen. Älterwerden ist für Frauen ziemlich doof. Gut zu wissen.

Kein Geringerer als Maxim Gorki schließt den neuen Tatort aus Leipzig ab und auch sonst geben sich die männlichen wie weiblichen Figuren äußerst wortgewandt, wenn es darum geht, das Älterwerden von Frauen zu beschreiben. Ab 40 ist’s vorbei mit dem Leben. Ab 40 welkt’s unterm Rock. Ab 40 ist der letzte Rettungsanker ein Schönheitschirurg im Bett. Das wird größtenteils poetischer formuliert, als wir es von den Expositionsfetischisten aus Leipzig gewohnt sind. Der neue Tatort aus Leipzig bietet trotzdem eher alten Wein in verschwurbelten Schläuchen. Um einen der gelungeneren Leipziger Fälle handelt es sich hier dank der darstellerischen Leistungen allemal.

Plot: Zu Beginn spielt der Krimi mit unseren Erwartungen: Eine junge Frau verlässt im Streit mit der Mutter das Haus. Tot in den Sträuchern liegt am nächsten Morgen aber nicht der Twen, sondern die Mittvierzigerin. Alles erinnert an den “Würger von Mockau Ost”, aber der sitzt im Gefängnis. Als neben einem schmierigen Dating-Coach auch ein sinistrer Schönheitschirurg ins Visier der Ermittler Saalfeld (Simone Thomalla) und Keppler (Martin Wuttke) gerät, offenbart sich ein Gewirr aus Eifersüchteleien und sadomasochistischer Dominanz.

Lokalkolorit: Kurz vor Schluss erinnern uns die MDR-Ermittler, eigentlich Meister in der Verdrängung jedweden Lokalkolorits, daran, dass sie all die Jahre in Sachsen verbracht haben. In Sachsen, wo der leider unbeliebteste Dialekt Deutschlands beheimatet ist. Wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob Franz Dindas Sächsisch in diesem Tatort dick aufgetragen wirkt, weil keine andere Figur im harten Dialekt spricht oder weil er… dick aufgetragen ist. Sein selbstsicheres Gesächsel erfreut die hochdeutschverseuchten Ohren jedenfalls.

Unterhaltung: Viel an diesem Tatort ist gut gewollt, aber etwas leidenschaftslos umgesetzt für einen Krimi, der sich mit lebenshungrigen Frauen befasst, denen das Alter und vor allem die Sexualmoral einen Riegel vorschieben. Diverse altersweise oder sexistische Bonmots saugen den Dialogen allen Esprit aus. Schwung kommt in die Angelegenheiten, wenn die Figuren mal Figuren sein dürfen, statt nur Sprachrohre wohl formulierter Drehbuchsätze; wenn die Freundinnen (herausragend: Inga Busch und Ursina Lardi) sich in ungewollte Offenbarungen treiben oder die eiskalte Fassade von Filip Peeters gegenüber Filmehefrau Victoria Trauttmansdorff zu bröckeln beginnt. Wuttke und Thomalla selbst bleiben die kleinen zärtlichen Szenen, in denen sie lebhafter spielen als in den meisten ihrer jüngeren Fälle.

Tiefgang: Vielleicht hat hier jemand 50 Shades of Grey gelesen und sich spontan inspirieren lassen. Romantisiert wird die sadomasochistische Freizeitgestaltung von Schönheitschirurg Hauptmann nicht. Die alternden Frauen versammeln sich um diesen magnetischen Lack- und Leder-Hohepriester, was im Tatort nicht dazu genutzt wird, das diffizile Machtgefüge beim BDSM-Sex zu ergründen. Vielmehr wird den schon dialogtechnisch erniedrigten Damen noch eins reingewürgt. Gemildert wird dieser seltsame Zwiespalt gegenüber den Figuren auch nicht durch die von Helen Woigk gespielte Tochter der Toten, stellt sie doch das personifizierte Naserümpfen über die Eskapaden der Alten dar.

Mord des Sonntags: Eingewickelt in Plaste und nur durch grob eingesetzte Flashbacks zum Leben erweckt.

Zitat des Sonntags: “Sie wollte nicht einfach so verschwinden als Frau.”

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