The Son - Pilot-Check zur Western-Serie mit Pierce Brosnan

10.04.2017 - 08:50 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
The Son mit Pierce Brosnan im Pilot-CheckAMC
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The Son will Amerika-Epos und Familiensaga zugleich sein. Wir haben uns die erste Episode der neuen AMC-Serie mit Ex-Bond Pierce Brosnan angeschaut und sagen euch, ob sich das Einschalten lohnt.

AMC und die Suche nach der nächsten großen Hit-Serie ist eine gleichermaßen ambitionierte wie tragische Geschichte, denn so sehr sich der US-amerikanische Kabelsender bemüht: Ein zweites The Walking Dead ist aus Quotenperspektive erst einmal nicht in Sicht. Selbst populäre Spin-off-Serien wie Better Call Saul und Fear the Walking Dead, die in Kürze in ihre 3. beziehungsweise 2. Staffel starten, müssen die Top-Werte ihrer Vorgänger noch erreichen. Daher ist AMC darauf angewiesen, jedes Jahr neue Formate auszuprobieren, um den Abonnenten auch abseits von Zombies langfristig gute Unterhaltung zu bieten. Gerne gesehen sind dabei Serien, die in einer ähnlichen Aufmachung bereits funktioniert haben. So offenbarte sich etwa Halt and Catch Fire als Nachfolger im Geiste von Mad Men und The Son füllt nun die Lücke, die Hell on Wheels nach fünf Staffeln im Wilden Westen hinterlassen hat.

Basierend auf der gleichnamigen Romanvorlage aus der Feder von Philipp Meyer, die hierzulande den Titel Der erste Sohn trägt, erzählt The Son ein Epos, das sich über einen Zeitraum von rund 150 Jahren erstreckt. Angefangen in der Mitte des 19. Jahrhunderts über die Anbrüche des 20. Jahrhunderts bis hin zur Jahrtausendwende: Im Mittelpunkt der Geschehnisse befindet sich das Schicksal der McCullough-Familie, die synonym zur Geburtsstunde des modernen Amerikas steht. Zu Beginn muss der junge Eli McCoullugh (Jacob Lofland) im schicksalhaften Prolog erleben, wie seine Familie von amerikanischen Ureinwohnern überfallen und schließlich zum Teil auch getötet wird. Schon in diesen ersten Minuten bringt The Son einen zentralen Konflikt auf den Punkt, der auch im späteren Verlauf der Pilot-Episode, die vorerst nur zwischen zwei Zeitebenen hin und her springt, immer wieder seine Schatten vorauswirft.

Wenn Eli (Pierce Brosnan) im Jahr 1915 von Central nach South Texas gezogen ist und dort nicht nur eine Familie gegründet, sondern auch den Grundstein für sein wachsendes Öl-Imperium gelegt hat, wird er regelmäßig von seiner Vergangenheit eingeholt. Brian McGreevy und Lee Shipman, die gemeinsam mit Philipp Meyer die Serien-Umsetzung von The Son entwickelt haben, legen ihren Fokus in der Erzählung dementsprechend auf das große Bild und wollen verdeutlichen, dass keine Handlung - ganz egal, wo, wann und warum diese stattgefunden hat - ohne Folgen bleibt. Womit Eli in seiner Jugend konfrontiert wird, das beschäftigt ihn auch als erwachsener Mann und wirkt sich ebenso auf das Schaffen seines jüngsten Sohns (Henry Garrett) aus, der eines Tages das Geschäft übernehmen soll. Jede Entscheidung, die Eli trifft, fußt auf einem komplexen Geflecht aus Erfahrungen und dem Alkohol, den er sich wie Wasser hinunterspült, um zu vergessen, zu überleben und durchzuhalten.

Der Main-Cast von The Son

The Son entführt in eine Welt, in der ein Bewusstsein für den Anbruch eines neuen Zeitalters und die Gesellschaft existiert, gleichzeitig brodeln noch viele rohe Ideen im tiefen Schlund dieses Amerikas, in dem sich bisher jeder nehmen konnte, was er wollte, vorausgesetzt, er konnte die Konsequenzen ertragen. Die Handlung der Serie setzt aber exakt an jenem Punkt an, an dem sich diese Machtverhältnisse verschieben und (familiäre) Institutionen nun die Aufteilung von Land und Besitz verantworten. Immer weniger unentdeckte Flecken existieren auf der Landkarte von Texas, die in Elis Gemächern unverkennbar die Wand hinter dem Schreibtisch ziert. Im Gegensatz zu vielen seiner Geschäftspartner ist der Protagonist der Serie (genauso wie die Serie selbst) ein Mann für das große Bild, ein Mann mit Vision, der keinerlei Zweifel daran hegt, dass sein Name in 100 Jahren auch außerhalb der Geschichtsbücher noch Erwähnung finden wird.

Bei all der Sicherheit, die Eli - vor allem durch Pierce Brosnans beherztes Spiel und Bartwuchs - ausstrahlt, gelangt die Pilot-Episode jedoch zum Schluss an den Punkt, an dem die mühevoll antrainierte Vernunft im Angesicht der Verteidigung eigener Interessen weichen muss. Wenngleich sich Eli in der Sicherheit einer gewissen Ordnung wiegt, ist dieses Amerika, in dem er lebt, nach wie vor ein wilder, pulsierender Ort, der noch lange nicht dort angekommen ist, wo er einmal hin will. Erklärte Eli eben noch in feierlicher Runde, dass Waffen nur noch zum Jagen da sind, vernichtet er im nächsten Moment dieses Bild einer vermeintlich vernünftigen Gesellschaft. Denn das Jagen ist nicht exklusiv auf Tiere bezogen, sondern kann unter Umständen ebenfalls auf Menschen erweitert werden, wenn etwa ein Aufständischer den Quell des schwarzen Goldes in Flammen setzt und somit das einzige bedroht, worauf es wirklich in dieser Welt ankommt: das Geschäft.

Dann greift Eli ohne zu Zögern zur Waffe, lässt die Maskerade fallen und würde seiner - durch den Alkohol getränkten - Rachefantasie am liebsten freien Lauf lassen. So früh beschert uns The Son allerdings nicht den Pay-off, nach dem sich die Hauptfigur sehnt. Schließlich gilt es, im Rahmen der 1. Staffel neun weitere Episoden mit Machtspielen und Intrigen zu füllen, ehe die Geschichte ihren ersten Höhepunkt erreichen darf. Die Frage ist nur, ob es sich lohnt, so lange zu warten und so viel Geduld aufzubringen. The Son tastet sich nur sehr langsam vor in diese verdorbene Welt, die all ihre Erfolge auf vergossenem Blut aufbaut. Gleichzeitig wird die Serie bisher nur in den wenigsten Momenten dem epischen Amerika-Mythos gerecht, den sie zu erzählen vorgibt. Wir müssen wohl abwarten, wie sich das Geschehen im Verlauf der nächsten Wochen entwickelt. Sicher ist zumindest, dass die Autoren hier für mehrere Staffeln planen.

The Son feierte am 08.04.2017 auf AMC Premiere und ist in Deutschland ab dem 14.04.2017 auf TNT Serie zu sehen. Die 1. Staffel der Western-Serie umfasst zehn Episoden.

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