Die Musikergenies als gute Freunde
In der Romanverfilmung The Song Of Names reist Tim Roth viele Jahre nach sein jüdischer Kindheitsfreund verschwand nach Europa, um das einstige Geiger-Wunderkind Clive Owen wiederzufinden.
London im Jahr 1951 steht in der mit Spannung erwartete erste Konzertauftritt des 23-jährigen Geigers David Rapoport (Jonah Hauer-King) auf einer internationalen Bühne bevor. Doch dann bricht hinter den Kulissen des vollbesetzten Konzerthauses für den Veranstalter Gilbert Simmonds (Stanley Townsend) und seinen 23-jährigen Sohn Martin (Gerran Howell) eine Welt zusammen. Denn das Musikgenie erscheint nicht und verschwindet zugleich spurlos aus dem Leben der Familie Simmonds.
Der Veranstalter Gilbert hatte den jüdischen Jungen aus Polen vor 14 Jahren, der vor den Nazis floh in seinem Haus aufgenommen, um die musikalische Entwicklung des Ausnahmetalents zu fördern. Martin wuchs mit ihm auf und betrachtete ihn als Bruder. Er kann Dovidl, wie der Junge daheim genannt werden wollte, nicht vergessen. 35 Jahre später begibt er sich, einer vagen Spur folgend, auf eine Reise nach Polen und nach New York, um ihn zu finden. Es begleiten ihn die Erinnerungen an sein Aufwachsen während des Krieges mit dem rebellischen, von einer Aura der Einsamkeit umgebenen Jungen.
Dovidl muss während des Krieges um seine Familie bangen, die aus dem Warschauer Ghetto nach Treblinka deportiert wurde. Dass es sich um ein Vernichtungslager handelt, weiß er da noch nicht. Nach dem Krieg kann er die klassische Musik nicht einfach weiterspielen; die Welt kann nicht so tun, als wäre nichts geschehen.
Das Verschwinden von Dovidl im Jahr 1951 , verweist er symbolisch auf das Verschwinden der Holocaust-Opfer aus Gesellschaften, die sich mit dem Verlust nicht lange aufhielten.
Als Jude fühlt er sich mit seinem Schmerz von der Realität der Nichtjuden abgeschnitten. Aber in der gemeinsamen Kindheit ist, so empfindet es Martin (Tim Roth) noch als erwachsener Mann, doch auch ein starkes Band zwischen Dovidl und ihm entstanden.
Kritik:
Dass sich der Musik Fachmann kanadische Regisseur François Girard auf gefühlsstarke Dramen versteht, bewies er schon 1998 mit Die rote Violine. Auch in dieser Geschichte, die auf dem gleichnamigen Roman von Norman Lebrecht basiert, geht es um die Ausdruckskraft der Geigenmusik, um das gewisse Etwas, das ein Künstlergenie vom lediglich guten Interpreten unterscheidet. Und es geht um eine Wirklichkeit, die so schrecklich ist, dass sie in der bereits existierenden Kunst keinen Ausdruck findet.
Tim Roth spielt den Martin als Erwachsenen wie einen angeschlagenen und verwundeten, müde gewordenen Getriebenen Künstler. Clive Owen bemüht sich, als erwachsener Dovidl hinter seinem Vollbart um Ausdruck, der sich in feurigen, ernsten Blicken äußert. Doch leider ist er nur selten zu sehen.
Dennoch ist es ein sehr bewegendes, schönes Gefühlskino.
The Song of Name ist Sehenswert und die Zuschauer werden von der magischen Welt der Geige verzaubert.