Die vielen Versuche der Filmkritik, Tom Hanks und seine Beliebtheit, seinen enormen Erfolg beim Publikum irgendwie näher zu besehen, verlaufen in der Regel ziemlich gleich. Er sei eben die schauspielerische Verkörperung eines perfekten Jedermanns, Everybody’s Darling, der ultimative Nice Guy, ein Typ wie du und ich, ein Typ von nebenan halt, die absolute Identifikationsfigur, the uncommon common man. Und so weiter und so fort. Labels wie diese begleiten die Karriere von Tom Hanks spätestens seit dessen endgültigem Durchbruch mit der Body-Switch-Komödie Big im Jahre 1988. Sie wiederholen sich immer und immer wieder derart gebetsmühlenartig, dass manche schon engagiert versucht waren, sie gar wörtlich zu widerlegen. „Alle Schauspieler wollen geliebt werden“, schrieb Mark Feeney einmal im Boston Globe, und Tom Hanks wolle, „dass man ihm außerdem auch noch den Rücken streichelt“. Nur einem wie ihm könne es wohl gelingen, das Publikum für jede Geschichte zu motivieren. Es mit seinen Figuren gegen jegliche etwaige Widerstände vertraut zu machen. Irgendwann gewinnt Hanks jeden für sich, kaum denkbar, dass ihn ein Zuschauer so gar nicht mögen könnte.
Anbieten, nicht anbiedern
Und ja, sie stimmen natürlich alle, die ganzen Labels. Die ganzen TV-Zeitschrifteninfokästchen, in denen er gefeiert wird, weil er das Oscar-Kunststück von Spencer Tracy wiederholte. Die ganzen Lobgesänge für einen Schauspieler, der selbst als Voice-Actor in Pixar-Filmen noch eine bessere Figur macht als viele Kollegen mit vollem Körpereinsatz. Ja, auf der Leinwand ist Tom Hanks der arglose Durchschnittstyp, wie ihn sich Hollywood schlicht nicht besser hätte formen können. Und wenn in diesen Labels eine gewisse Geringschätzigkeit mitklingen mag, dann tut sie das absolut zu Unrecht. Denn offenbar scheint seine Gewöhnlichkeit ja doch derart einzigartig, dass niemand es ihm bis heute nachzumachen imstande war. Dass es anderen Stars, und solchen, die es gern wären, kaum in vergleichbarem Maße gelang. Und dabei ist das Geheimnis von Tom Hanks doch eigentlich gar keines: Wie er alle Rollen unschein-, aber eben nicht austauschbar verkörpert, wie er sich unaufdringlich mit dem Publikum verbrüdert, wie er es wohl tatsächlich zum gemütlichen Rückentätscheln animiert, mag doch für jeden ersichtlich sein. Oder ist der Erfolg dieses unverrückbaren Sympathiefelsens Hanks vielleicht tatsächlich dessen beispiellose Aufrichtigkeit, mit der er sich uns nicht anbiedert, sondern anbietet?
Der Amerikaner schlechthin
Da passt es nur zu gut, wenn er in der Dokumentation The Celluloid Closet von sich nicht nur in dritter Person, sondern auch verniedlichend als Thommy Hanks spricht. „Ich bin niemand, bei dem die Leute Angst bekommen, wenn er auf der Leinwand erscheint. Deshalb ist auch die Vorstellung eines Schwulen, der AIDS hat, nicht unheimlich. Es ist etwas anderes, aber nicht unheimlich“, weiß Hanks sich und seine Kinopersona bestens einzuschätzen. Philadelphia und die Rolle eines mit dem HI-Virus infizierten Anwalts brachten den Schwulen als Identifikationsfigur in das Mainstream-Kino Hollywoods – und sicherten Hanks einen Oscar. Den zweiten gewann er als Forrest Gump, jener Erbaulichkeitsfantasie, in der er zum Amerikaner schlechthin wurde. Der Film über den Siegeszug eines Taugenichts lässt sich auch als absurde Persiflage (oder eben absurde Bestätigung) des Jedermann-Images lesen, das Tom Hanks hier, inklusive Gewinnbeteiligung, um 70 Millionen US-Dollar reicher machte. Zehn Jahre lang sollte von da an kein einziger seiner Hauptrollenfilme nicht zum Kassenhit werden. Der Rummel um ihn, so Hanks, habe in dieser Zeit ein künstlerisches Intermezzo gefordert, das schließlich sein kleines Regiedebüt That Thing You Do! ermöglichte.