Erst kürzlich habe ich Weeds – Kleine Deals unter Nachbarn schätzen gelernt. Erzählt wird die Geschichte von Nancy Botwin (Mary-Louise Parker), die sich nach dem unerwarteten Tod ihres Ehemanns um ihre zwei Söhne Silas und Shane kümmern muss. Sie hat keinen Job und muss die Hypotheken für ihr Haus abzahlen. In dem vornehmen Vorort von Los Angeles namens Agrestic kommt sie auf die Idee, es mit dem Drogenhandel zu versuchen. Vorzügliches Cannabis ist in der Gegend schnell zu haben und eine rege Käuferschaft gibt es in der Nachbarschaft auch: Wieso also nicht ins Geschäft einsteigen?
Jeder hält die Hand auf
Das Erstaunliche an Weeds ist die Konsequenz, mit der sich eine Mittelklasse-Mutter im harten Geschäft des Drogen-Business durchsetzt und wie ihre Nachbarn sowie Freunde von ihrem Gewinn ebenso profitieren wollen. Da gibt es den Schwager, der aus Faulheit (er hat schon zu viel gekifft) nichts auf die Reihe kriegt, aber mitmachen will; die beste, depressive und nervige Freundin Celia Hodes (Elizabeth Perkins) hält ebenfalls die Hand auf, weil sie Geld braucht, um sich von ihrem Mann zu trennen; der Steuerberater und Stadtrat Doug Wilson (Kevin Nealon) versorgt sie anfangs mit Drogen und steigt dann mit ihr richtig ins große Geschäft ein. Ob Afroamerikaner, Mexikaner oder Kroate, ob Klein- oder Großganove, ob Nachbar oder Freund: Jeder will von dem Kuchen etwas ab haben … aber möglichst, ohne sich selbst die Finger schmutzig zu machen.
All das wird mit Blick auf die wohlhabende Mittelklasse mit viel Respektlosigkeit, Schamlosigkeit, Satire und Zynismus erzählt. Denn die kann scheinbar nur existieren, indem andere für ihren Luxus zahlen müssen oder über den Tisch gezogen werden. Am deutlichsten wird das, als die wortwörtliche Scheiße des Nachbarortes von Agrestic per Kanalisation durch den Ort geleitet werden soll. Viel Geld fließt da, um das Projekt in die Wege zu leiten und natürlich lassen sich die Vorort-Mächtigen von einem gutaussehenden Mann mit ein paar Geldscheinen reinlegen, aber als ihre Privilegien beschnitten werden, hört der Spaß auf.
Wahre Abgründe tun sich auf
So manche Vorort-Serie mag ihren Finger auf die Abgründe hinter den sauberen Fassaden halten, aber Weeds ist gerade in dieser Beziehung unschlagbar, geht um einiges weiter. Mütter drangsalieren ihre übergewichtigen Kinder, um sie für die Gesellschaft fit zu machen … mittels Abführmittel, und die schlagen natürlich zurück. Ehemänner sind fürs normale Leben ohne ihre Frauen nicht wirklich tauglich. Jede Wahl zum Elternbeirat in der Schule wird zur Machtprobe zwischen den Frauen. Es lohnt sich, Rabbi zu werden, um dem Militärdienst zu entkommen und wenn es nicht klappt, ist vorgetäuschte Dummheit immer noch ein Grund, aus der Truppe zu fliegen. Weeds zeigt, dass Drogenfahnder auch nur Menschen sind und nach der wahren Liebe suchen und Mütter, die dealen, aber auch vor Mord nicht zurückschrecken. Religiöse Fanatiker schwören zwar Kein Sex vor der Ehe, sind aber jeglichen Drogen nicht abgneigt. Prüderie sieht anders aus.
Alles in allem ist Weeds eine Serie, die das dunkle Amerika zeigt, jenes, in der sich die Mittelklasse immer mehr bedroht sieht und sich gegen diverse Veränderungen, insbesondere die Finanzkrise stemmen muss. Ein jeder muss da seinen eigenen Weg finden: Nancy Botwin in Weeds als Drogendealerin oder etwa Walter Hartwell White (Bryan Cranston), seines Zeichens Chemielehrer in Breaking Bad, der Methamphetamin in bester Qualität herzustellen vermag.