MementoMori - Kommentare

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    MementoMori 25.05.2025, 21:07 Geändert 28.05.2025, 23:24

    "In diesem Leben bekommt keiner, was er verdient. Man bekommt nur, was man aushandelt."

    Ein britischer Lehrer strandet in den späten 70ern an einer Eliteschule in Argentinien, in einem Land, das gerade dem Abgrund entgegen schaut. Die Militärjunta steht kurz vor der Machtübernahme, die Straßen sind voller Angst, und wer zur falschen Zeit am falschen Ort ist oder gar den Mund aufmacht, verschwindet einfach. Und dann: Ein Pinguin.

    Was auf dem Papier erstmal klingt wie der Stoff für einen absurden Kinderfilm, basiert tatsächlich auf einer wahren Begebenheit und entwickelt sich auf der Leinwand zu einem leisen, melancholischen Drama über Einsamkeit, Trauer, Zivilcourage und das Bedürfnis nach Verbindung in einer kalten Welt. Der Protagonist ist ein Mann ohne klare Richtung, halb resigniert, halb ziellos, der plötzlich in der Verantwortung für ein Lebewesen steht, das sich aus unerfindlichen Gründen weigert, ihn wieder zu verlassen. Der Pinguin - halb Symbol, halb Sidekick - wird zum Katalysator, durch den sich eine Geschichte entfaltet, die überraschend rührend und politisch ist.

    Denn während im Hintergrund die Realität immer düsterer wird, taucht unser Protagonist tiefer ein in ein Netz aus neuen Bekanntschaften, darunter eine Putzfrau mit politisch aktiver Enkelin, deren Schicksal exemplarisch steht für das, was damals zehntausenden Argentiniern widerfahren ist. Und plötzlich ist da diese unbequeme Frage: Was riskiert man, wenn man nicht mehr nur zuschauen will? Oder schlimmer: Was riskiert man, wenn man schweigt?

    Der Film ist voller kleiner, stiller Momente, in denen mehr passiert als in so mancher aufdringlich lauten Szene eines typischen Blockbusters. Kein billiges Gefühlskino, keine aufgesetzten Gags. Die Komik ist subtil, fast immer gebrochen durch die Schwere der politischen Realität. Die Tragik schleicht sich an. Und am Ende sitzt man da mit einem Kloß im Hals, weil man weiß: Das war nicht nur damals Argentinien, das sind heute die USA, ICE-Knäste, das ist "national security" als Vorwand für das Wegsperren Andersdenkender und politischer Feinde.

    "Der Pinguin meines Lebens" ist kein perfekter Film, aber ein ehrlicher. Einer, der einen nachdenklich macht, ohne belehrend zu wirken. Einer, der zeigt, wie viel Mut es braucht, überhaupt Mensch zu bleiben - und wie absurd schön es sein kann, wenn einem ein Pinguin dabei hilft.

    Kein Film für Kinder, kein Film für Zyniker. Aber ein Film für alle, die noch an die Möglichkeit glauben, dass selbst in der dunkelsten Zeit ein bisschen Wärme möglich ist.

    8 von 10 Pinguin-Scheißhaufen.

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    • 9

      Unfassbar spannender Neo-Noir im Stil Hitchcocks, der in der zweiten Hälfte richtig an Fahrt gewinnt und einem das Blut in den Adern gefrieren lässt. Remember, guys - unicorns don't exist! Und was im ersten Moment wie ein Traum erscheinen mag, entpuppt sich oftmals im weiteren Verlauf als heftigster Albtraum.

      • 8 .5

        Man kann über den Film sagen, was man will, aber die letzte Halbe Stunde ist ganz großes Suspense-Kino.

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        • 6
          MementoMori 14.10.2019, 10:49 Geändert 04.03.2020, 00:52
          über Joker

          Der von der Gesellschaft verstoßene Protagonist, der schließlich selbst zum Täter wird. Eine archetypische Story, die in Hollywood Filmen oft Einzug findet. In unserem Fall wird der als Clown verkleidete Hauptcharakter einige Male verprügelt und ausgelacht, was wohl dafür sorgen soll, dass das Publikum ihn als Opfer sieht (und somit leichter über seine eigenen Taten hinweg sehen kann). Meiner Ansicht nach eine ziemlich platte Herangehensweise für einen Film, der in solch hohen Tönen gelobt wird.

          Als drei Snobs sich in einer U-Bahn über den Protagonisten lustig machen, erschießt er diese. Daraufhin entsteht unerklärlicherweise eine ganze Massenbewegung "arm gegen reich" und viele dieser Leute tragen Clownsmasken und demonstrieren gegen.. gegen was eigentlich? Achso, natürlich gegen die Reichen. Wenn man bedenkt, dass Schießereien in einer Stadt wie Gotham an der Tagesordnung sein sollten, fragt man sich schon, wie gerade diese "zufällige" Handlung dazu führen kann, so viele Leute zu mobilisieren. Aber der Joker braucht ja ein Following.

          Einer der Leute, die ihn außerdem öffentlich bloßstellt, ist so etwas wie Gotham's Jimmy Kimmel. Dieser lädt unseren Joker (der sich bis dahin bereits als psychisch instabil herausgestellt hat) in seine Show ein, natürlich ohne jegliche Vorsichtsmaßnahmen. Diese Gelegenheit nutzt der Joker, um den Typen zu erschießen, weil er ja "genau wie die anderen" ist. Und das ist dann auch ziemlich das Ende des Films. Zwischendrin wurde noch ein kleiner Fight Club Moment eingebaut, der wohl eine Analogie zum psychischen Zustand seiner Mutter liefern soll. Man erfährt, dass der Joker sich die Beziehung zu seiner Nachbarin nur eingebildet hat. Die Batman-Referenzen können leider auch nicht wirklich überzeugen, der junge Bruce Wayne ist ein erschreckend eindimensionaler Charakter und die Motivation des Jokers und seines Followings ist mehr als fragwürdig.

          Letztendlich fragt man sich natürlich auch, welche Botschaft der Film senden möchte. Und da stehe ich wirklich ratlos da, ist es einfach nur Kritik an der Gesellschaft? Oder ist das alles satirisch gemeint? Steht hier die Unterhaltung im Vordergrund? Denn unterhalten habe ich mich leider nicht gefühlt.

          Das Einzige, was ich an dem Film wirklich loben kann, sind die schauspielerischen Leistungen von Joaquin Phoenix und die Tatsache, dass die Macher der Versuchung widerstanden haben, aus dem Film einen klassischen, actionlastigen Hollywood-Blockbuster zu machen. Vielleicht habe ich aufgrund des imdb Ratings von 9,0 auch einfach etwas zu viel erwartet. Als Origin Story vielleicht ganz interessant, aber als Film an sich nicht wirklich befriedigend. Mir kamen die zwei Stunden jedenfalls wesentlich länger vor und ich bin Filme mit einem langsamen Erzähltempo gewohnt.

          Don't believe the hype!

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          • 8

            'Happy Birthday to Me' war auf gewisse Weise seiner Zeit voraus und ist trotzdem bis heute sehr unbekannt. Die Macher des Films scheinen um einiges mehr gedankliche Arbeit hinein gesteckt zu haben, als die Leute hinter 'Freitag, der 13.' und anderen Slashern zu der Zeit. Das Drehbuch ist gespickt mit cleveren Wendungen und falschen Fährten, die Identität des Killers ist lange Zeit ein großes Mysterium.

            Wäre der Film in Italien gedreht worden, so würde man ihn vermutlich zum Genre des Giallo zählen. Hier eine kurze Zusammenfassung der Handlung: Ein Unbekannter tötet nach und nach eine Gruppe von Jugendlichen und dies auf teilweise sehr kreative Weise. So weit klingt das erst mal nach einem klassischen Slasher, allerdings ist das nur einer der zwei Haupt-Erzählstränge. Denn unsere Protagonistin war offenbar vor einiger Zeit in einen Unfall verwickelt, bei dem ihre Mutter gestorben ist und ihr Gehirn einiges an Schaden genommen hat. Seit diesem Tag leidet sie unter Amnesie. Nach dem Unfall wurde das Gehirn der Hauptcharakterin mithilfe von moderner Technik wiederhergestellt und ihre Erinnerungen - auch an die Operationen, den Unfall und was davor geschah - kommen langsam wieder ans Tageslicht. Alleine diese Storyline für sich genommen ist beängstigender psychologischer Horror.

            Natürlich steht im Vordergrund allerdings eher die Frage, wer ihre Freunde einen nach dem anderen umbringt. Ich persönlich hatte nach einigen Verdachtsmomenten, die wohl bewusst erzeugt wurden (Stichwort Red Herring), keinen Dunst mehr, wer der Killer ist. Lediglich die Tatsache, dass einer aus der Clique der Täter ist, scheint von Anfang an klar zu sein. Leider sind die Reaktionen der übrigen Jugendlichen wohl nicht besonders realistisch, wenn man bedenkt, dass einer nach dem anderen verschwindet. Insgesamt wirken die meisten Charaktere eher eindimensional, was in dem Genre wohl keine Seltenheit ist. Allerdings macht die Atmosphäre der omnipräsenten Gefahr einiges wieder wett. Die fabelhafte Musik tut dabei ihr Übriges. Leider ein paar zu viele Fake Scares für meinen Geschmack. Dennoch sehr beeindruckend inszeniert das Ganze, nicht oft kann man die Handlung so schwer vorhersehen wie hier. Schade ist nur, dass die Macher am Ende einen entscheidenden Fehler machen. Gehe da in den Spoilern näher drauf ein.

            -(SPOILER!)-
            Etwa nach der Hälfte fing ich an, mich zu fragen, ob nicht vielleicht sogar die unschuldig wirkende Protagonistin die Morde begeht und diese anschließend wieder vergisst. Wie zur Bestätigung folgt direkt darauf eine Szene, in der unsere Hauptcharakterin jemanden offenbar in Notwehr tötet. In einem grandiosen (Scheinbar-)Finale erfährt der gutmütige Vater auf bizarre Weise von den Taten seiner Tochter. Hätte der Film da geendet, wäre ich mehr als beeindruckt gewesen. Scheinbar waren das allerdings nicht genug Twists und hier machen die Autoren den typischen Fehler, am Ende einen letzten, an den Haaren herbei gezogenen Twist einzubauen. Die Motivation des wahren Killers ist mehr als schwammig und das Ende fühlt sich durch die letzten 5 Minuten ziemlich unbefriedigend an. Schade.
            -(SPOILER ENDE!)-

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            • 8

              "Ferris Bueller's Day Off" oder "Ferris erlebt an einem Tag mehr als ich in einer Woche"

              John Hughes, der Großmeister der 80er Jahre Teenie-Komödien, seinerseits verantwortlich für den zwei Jahre vorher erschienenen Kultfilm The Breakfast Club, lieferte mit Ferris macht blau einen vor 80er Charme nur so überlaufenden Vorstadt-Jugendfilm ab. Der titelgebende Hauptcharakter ist ein typischer Draufgänger, der sich eines morgens entschließt, die Schule zu schwänzen. Wenn man so will, könnte man ihn auch als klassisches Kind der 80s bezeichnen. Er hinterfragt Autoritäten und hat immer einen frechen Spruch auf den Lippen. Zu jedem scheinbaren Problem weiß er eine unterhaltsame Lösung.

              Mit etwas Mühe hätte man die Handlung auch in 15 Minuten quetschen können, aber darum geht es hier auch garnicht. Der Verlauf der Story hält den Zuschauer von Anfang an bei der Stange und weckt (zumindest bei mir) Erinnerungen an Schultage, an denen man sich gedrückt und dann mit einem mehr oder weniger schlechten Gewissen seine Zeit verschwendete, während man ständig auf der Hut war, nicht erwischt zu werden. Klingt weniger spaßig, als es tatsächlich war. Ich weiß. Aber Schule war manchmal eben auch keine Option.

              Jedenfalls gerät unser Protagonist in eine Menge skurriler Situationen an diesem einen Day Off und natürlich ist da auch jederzeit die Gefahr, entdeckt zu werden. Die Charaktere in diesem kleinen Film sind unterhaltsam bis exzentrisch und das 80s Vorstadt-Setting tut sein Übriges. Für mich eine kurzweilige Perle, die man sich zwischendurch immer mal wieder anschauen kann.

              "Life moves pretty fast. If you don’t stop and
              look around once in a while, you could miss it."

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                MementoMori 03.10.2014, 16:14 Geändert 04.03.2020, 00:56

                "If the Gods are fucking you, you find a way to fuck them back. It’s Baltimore, gentlemen; the Gods will not save you." - Commissioner Ervin Burrell, S03E03

                The Wire ist von allen Serien, die ich bisher gesehen habe, die Komplexeste und am weitesten Verzweigte. Im riesigen Mittelpunkt der Handlung stehen Berufskriminelle, Polizisten, Drogenabhängige, Reporter, Politiker, Journalisten, Schüler, Lehrer, Hafenarbeiter und viele weitere in der vom Verbrechen geplagten amerikanischen Großstadt Baltimore. Leute, die an eher bekanntere Kriminalserien gewöhnt sind, würden The Wire vielleicht als zu langatmig einstufen, da die Macher eben nicht nur an der Oberfläche kratzen, sondern versuchen, die Hintergründe und Ursachen aufzudecken, die zu solch enormen gesellschaftlichen Problemen führen. Wenn ihr mich fragt, ist dies die beste gesellschaftskritische Serie, da sie authentisch, kompromisslos, wahnsinnig gut gespielt, an den richtigen Stellen witzig und unendlich vielschichtig ist. Es wird versucht, Zusammenhänge zwischen unserer modernen Gesellschaft und weitreichender Kriminalität aufzudecken. Dazu eine großartige Charakterzeichnung von James McNulty über Omar Little bis hin zu Reginald "Bubbles" Cousins, bei denen keine Einteilung in "gut" und "böse" gemacht wird. Man sollte vielleicht dazu sagen, dass der Anfang sich, wie bei HBO-Serien häufiger der Fall, etwas zieht, die Serie erst nach einigen Folgen richtig an Fahrt gewinnt und das Erzähltempo im Allgemeinen etwas langsamer ist, was für mich jedoch positiv zu bewerten ist, da ich es unglaubwürdig finde, wenn dem/den Protagonisten in jeder zweiten Folge total überspitzte Dinge geschehen, um die Spannung zu erhöhen. Cliffhanger werdet ihr auch kaum finden. Ich empfehle, The Wire mit originaler Sprachausgabe und bei Bedarf mit deutschen Untertiteln anzuschauen, da in der deutschen Synchronisation ein Großteil des Slangs verloren geht bzw. verzerrt wiedergegeben wird. Auf jeden Fall sollte diese Serie von jedem gesehen werden, der mit anspruchsvoller Unterhaltung etwas anfangen kann.

                "A life, Jimmy, you know what that is? It's the shit that happens while you're waiting for moments that never come." - Detective Lester Freamon, S03E09

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