RoboMaus - Kommentare

Alle Kommentare von RoboMaus

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    RoboMaus 15.08.2022, 13:31 Geändert 15.08.2022, 13:34

    Der Titel 'King Richard' (2021) deutet an, worum es in diesem Biopic mit den berühmten Williams-Schwestern wirklich geht: nicht primär der Werdegang des wohl talentiertesten Tennis-Geschwisterpaares aller Zeiten, sondern ihr Vater Richard (überzeugend: Will Smith) und seine Methoden sollen hier im Vordergrund stehen. Dennoch bekommt man von allem etwas: inhaltlich beleuchtet das sowohl die frühen Jahre der Tennis-Girls, als sie ca. 7-14 waren, als auch den unablässig ackernden Vater, der alles in Kauf nimmt, um den Traum der steilen Profikarriere seiner Töchter zu verwirklichen. Zu ihm ist der Begriff "Biopic" jedoch weit gedehnt: man erfährt nur wenig über diesen Mann, der seinen Töchtern zu Weltruhm verhalf, sondern findet sich eher in der Charakterstudie eines extremen Sturkopfes, der oft den gesunden Menschenverstand der Durchsetzung seiner Forderungen opfert und damit seine Umgebung zur Verzweiflung bringt. Auch wenn das im Film nicht so herauskommt und wohl auch nicht soll, da Serena und Venus Williams ihn mit produziert haben: wären die beiden keine Jahrhunderttalente und wären deshalb nicht jedesmal sofort die Dollarzeichen in den Augen renommierter Tennistrainer aufgetaucht, wäre "King" Richard mit seiner unnachgiebigen Tour gnadenlos gescheitert und hätte eine Menge verbrannter Erde hinterlassen, was evtl. auch seine Familie zerstört hätte.
    Der Charakter Richard Williams ist wohl kaum interessant genug für ein hochkarätiges Biopic - vielleicht haben die Macher den Plot deshalb eher breit angelegt und den Tennis-Schwestern einen mindestens ebenso großen Raum eingeräumt. Ein kluger Zug, denn dadurch bekommt 'King Richard' die nötige Abwechslung und inhaltliche Geschlossenheit, was einen sehr unterhaltsamen Film ergibt, der eher im Bereich Feelgood-Movie anszusiedeln ist und auch mit einer bloßen Randfigur Richard Williams gut ausgekommen wäre.

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      RoboMaus 15.08.2022, 09:29 Geändert 15.08.2022, 20:06

      Die Parodie 'Superheld wider Willen' (2021) ist zwar auf ihren Anti-Helden "Badman" fokussiert, beschränkt sich aber nicht nur auf den Flattermann zu Gotham. Die gelungenste Szene bringen die Franzosen wohl mit ihrer Avengers-Verulkung, für die ein weniger geneigter Betrachter allerdings bis zum Ende durchhalten muss. Denn wie immer, scheiden sich beim Humor die Geister, wie man aus den Kommentaren entnehmen kann, wobei in diesem Film für (fast) jeden etwas dabei sein könnte. Es spannt sich von kaum zündenden Doofi-Einlagen im Stile alter französischer Klamotten über häufige, aber nur manchmal gelungene Anspielungen und Aktionen unter der Gürtellinie, zu clever erdachter Situationskomik. Für meinen Geschmack hätte man sich bissiger auf das Marvel/DC-Personal stürzen sollen, das nun wirklich jede Menge Angriffsfläche bietet, anstatt z.B. fade Unterhosen-Gags in der Wiederholung zu bringen. Vorteilhaft ist die knackige Laufzeit von 78 min ohne Abspann - besser kürzer als mehr Gags, die nicht zünden. Nach 3/4 war der Eindruck ein "geht so" (5,5), doch die besten Ideen hob man sich für den Endspurt auf, was die Wertung noch etwas nach oben brachte.

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        RoboMaus 11.08.2022, 12:08 Geändert 12.08.2022, 16:11

        Bei Alien-Invasionsfilmen kann ich meistens beide Augen zudrücken und manchem Trash noch etwas abgewinnen. Doch 'Project Rainfall' (2020) überspannt den Bogen der Monotonie und Einfallslosigkeit. Es beginnt mit einem Kampfgetümmel, worin böse Aliens die Menschheit angreifen, auf deren Seite gute Aliens stehen. Dann gibt es eine Kampfpause, wonach die Auseinandersetzung weitergeht, und in diesem Rhythmus geht es bis zum Ende, knapp über zwei Stunden! Als Einführung ginge das in Ordnung, aber der Film hat über die Kampfszenen hinaus keine Handlung, keine Story, nichts, das den Zuschauer irgendwie beschäftigen könnte - ausser, natürlich, man will sich zwei Stunden lang Feuergefechte und CGI-Laser-Luftschlachten ansehen, durchsetzt von pathetischem Geschwurbel, wie man den bösen Aliens wohl am besten beikommt. Aber wer will sich schon so lange ein Videospiel anschauen, ohne selbst am fire button zu sitzen? Zudem sind die Aliens in manchen Kampfhandlungen so dämlich, dass man sich fragt, wie die es überhaupt zur Erde geschafft haben.
        3 Punkte für die immerhin ordentliche CGI und Düsteroptik, aber das ist schon das einzig positive, was man über 'Project Rainfall' sagen kann.

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          RoboMaus 08.08.2022, 10:43 Geändert 15.08.2022, 10:50

          Ein Celine Dion-Biopic, das von der Kindheit bis zum Tod ihres Ehemannes 2016 reicht. Es verwundert, dass 'Aline' (2020) nicht 'Celine' heißt, aber das kommt eventuell daher, dass die Dion-Familie den Film nicht guthieß und wohl auch nicht konsultiert wurde. Unabhhängig davon scheint die Story solide erzählt und hakt alle Meilensteine auf ihrem Weg nach oben ab. Vorteilhaft ist die große Ähnlichkeit von Regisseurin und Hauptdarstellerin Valérie Lemercier mit Celine Dion, was diesem Biopic eine gewisse Authentizität verleiht, zumindest in der Erwachsenenphase. Das war es aber schon mit den überzeugenden Punkten. Inhaltlich wirkt das einfach heruntererzählt, wenn auch einigermaßen unterhaltsam, aber keine Spur mitreißend - es fehlt an wirklichen Highlights und Dramatik, wie man es aus anderen Musiker-Biopics kennt, z.B. 'What's Love got to do with it' (1993)', 'Walk the Line' (2005), oder 'Ray' (2004). Dennoch verwundert es bei der Popularität und den Verkaufszahlen von Celine Dion, dass der Film nicht mehr Beachtung findet - nur 40 Bewertungen auf MP und 2200 auf IMDb, und damit ein Flop. Vielleicht fehlt den Fans das Blessing ihrer Ikone für diesen Film?
          Die Musik ist natürlich Geschmackssache - meiner ist Dion nicht, aber mit 'My Heart will go on' beibt sie wohl unsterblich mit James Camerons ergreifend-epischem Werk 'Titanic' (1997) verbunden. Diese Mega-Erfolgsstory (weltweit #1 in den Single-Charts, +18 Mio. Mal verkauft) hätte man anstelle der zu ausgiebigen Familien-Darstellung vertiefen müssen, aber es bleibt bei einer kurzen Einspielung des Songs. Hingegen wird u.a. ein Auftritt mit 'River Deep Mountain High' gezeigt, ein überflüssiges Tina Turner-Cover, das nicht annähernd an Tinas kraftvolles Original herankommt.
          Auf MP hat 'Aline' 3,1 Punkte, was an über 10 Leuten liegt, die wohl kollektiv 0 Punkte gaben. 6,3 auf IMDb sieht realistischer aus - schlecht ist der Film nicht, und wer Celine Dion mag, sollte sich das anschauen, auch wenn die Chefin es nicht abgesegnet hat.

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            RoboMaus 07.08.2022, 12:32 Geändert 07.08.2022, 20:27

            Daniel Radcliffe mit 70er-Bart und -Brille - eine Rolle scheint für ihn umso attraktiver, je weiter sie ihn von seinem Harry Potter-Image wegführt. Den harten Kerl nimmt man ihm dennoch nicht einfach ab. In 'Flucht aus Pretoria' (2020, True Story) spielt er einen anti-Apartheid-Aktivisten, der geschnappt und zu 12 Jahren verurteilt wird. Unter den politisch Gefangenen findet er schnell Gleichgesinnte und plant den Ausbruch, doch da beginnt schon das Missverständniss: der Titel suggeriert einen Ausbruch mit Flucht durch die Stadt, aber das findet erst in den letzten Minuten statt. 90 % des Plots liegen in der minutiösen Vorbereitung, die Schritt für Schritt gezeigt wird. Phasenweise ist das spannend, aber manches ist auch widesprüchlich bzw. kaum nachvollziehbar - zu oft hat man das Gefühl, dass das so kaum abgelaufen sein kann....
            SPOILER:
            da steht zum Nebeneingang eines Hochsicherheitsgefängnisses einfach so die Tür offen und keiner checkt wer rein/rausgeht? Es ist taghell und morgendlicher Betrieb, als die Ausbrecher die letzte Hürde erreichen, obwohl um 5 Uhr der Weckalarm geht und ihre Flucht schon längst hätte entdeckt werden müssen? Der übergewichtige Wachmann läuft herum, bekommt aber nicht mit, wie eine Tür mit viel Getöse aufgeschlagen wird? usw.
            SPOILER ENDE

            Gerade ein Film, der Flucht und Vorbereitung so detailliert beleuchtet, sollte in dieser Hinsicht besser gescriptet sein. Die große Spannung, von der andere berichten, wollte leider nicht aufkommen, aber es macht Laune zu sehen, wie Radcliffe eine Klippe nach der anderen umschifft und manche Probleme löst. Hier kann man davon ausgehen, dass das tatsächlich die Einfälle des Ausbrechers Tim Jenkin von 1978 sind. Hut ab. Kein großer Wurf unter den Ausbrecherfilmen, aber es reicht für Unterhaltung im oberen Mittelmaß.

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              RoboMaus 06.08.2022, 07:25 Geändert 07.08.2022, 06:08

              Rob Schneider wird von Kung Fu-Legende David Carradine die hohe Kunst des Kämpfens gelehrt. Hintergrund: Rob hat 6 Monate zum Knastantritt und will nicht vergewaltigt werden. Im Knast angekommen, zeigt er den harten Jungs, wo der Hammer hängt und erzieht sie zu Friedensengeln um.....
              Ja, klingt durchgeknallt und ist es auch, aber 'Big Stan' (2007) ist witzig, zumindest in meiner Wahrnehmung von Humor - allein die Eimer und Tabletts voller Zigarettenstummeln des kettenrauchenden Meisters Carradine XD. Bei Komödien ist die Bewertung in etwa proportional zur Anzahl der Lacher, und hier gab es genug für 7 Punkte.

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                RoboMaus 04.08.2022, 18:21 Geändert 05.08.2022, 12:49

                Einerseits ist 'Metal Lords' (2022) eine Hommage an die Urväter des Metal, wie Black Sabbath und Metallica, von denen Frühwerke wie 'War Pigs' und 'Whiplash' zitiert und geehrt werden, vordergründig ist es jedoch eine Coming-of-Age-Story von High-School-Teens, die durch ihre Höhen und Tiefen gehen. Ein Metal Freak und Gitarrist überzeugt seinen Kumpel, als Schlagzeuger zu fungieren und mit ihm den Kern einer Doom-Metal Band zu gründen, für die noch ein Bassist benötigt wird. Nach langem Hin und Her mit etlichen Kalamitäten und ersten Liebeserfahrungen findet sich die Metal-Truppe endlich zusammen - dann ist der Film aus. Der Plot ist gewollt mit dem Wesen des chaotischen Hauptcharakters etwas überdreht angelegt, aber dennoch wünscht man sich im Sinne der Gründung einer Metal-Band, dass das von der musikalischen Seite realistischer wäre. Der Drummer hat zunächst keine Ahnung vom Schlagzeugspielen, bringt es aber nach ein paar Lehranweisungen wie Bill Ward oder Lars Ulrich.... und ein durchaus nicht einfacher Song wird mal eben, ohne je zusammen geprobt zu haben, perfekt vor Publikum gespielt. Hier wäre weniger Coming-of-Age, dafür mehr Coming-of-Metal wünschenswert gewesen, mit mehr Songs und echtem Einsatz.
                So bekommt man eine durchschnittliche CoA-Story mit sympathischen Charakteren, den üblichen Zutaten und dem lange vorhersehbaren Finale, die jedoch mit Metal-Zitaten und einem starken Final-Auftritt aufgewertet wird, wobei die 'War Pigs'-Version des Trios im Abspann ebenso sehenswert ist - dranbleiben lohnt sich!

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                  RoboMaus 02.08.2022, 07:59 Geändert 04.08.2022, 07:49

                  Wie sich die Bilder gleichen - über 100 Jahre vor Covid19 marschierten Soldaten 1918 mit Mund-Nase-Masken in den Krieg, weil eine gefährliche Infektionskrankheit grassierte: die Spanische Grippe, welche innerhalb eines Jahres in drei Wellen die Weltbevölkerung dezimierte. Es starben ca. 50 Mio. Menschen bei einer geschätzten Infektionszahl von 500-1000 Mio., was einer Sterberate von 5-10 % entspricht! Zum Vergleich: eine "normale" Grippewelle bringt es auf ca. 0,2 %; zu Covid19 geht die WHO weltweit für 2020 von über 3 Mio. Toten aus, und Untersuchungen der absoluten Infektionsraten ergaben 2020 einen Wert von circa 20 % = 1600 Mio. Menschen; bei angenommenen 4 Mio. Toten ergäbe sich damit global eine Mortalität von 0,25 % (die 2020 bei uns verkündete Mortalität von 2 % und mehr war Fake, weil sie nur auf den positiv getesteten beruhte, während die wahren Infektionszahlen um ein Vielfaches höher waren - ein statistischer Trick, um es möglichst schlimm aussehen zu lassen).
                  Die französische Doku von 2021 besticht mit digital erstklassig aufbereitetem Bildmaterial jener Zeit und ist allein schon dafür einen Blick wert. Sie beleuchtet den Einfluss des Virus auf den Ersten Weltkrieg und die Gesellschaft und zeigt, dass man auch schon damals gezielt Fake News in die Medien setzte: keiner wollte zugeben, dass seine Armee massiv geschwächt war, sondern man ließ verlauten, dass das Virus einen Bogen um die eigenen Reihen machte.... so etwas hat wohl schon damals kaum jemand geglaubt: zu offensichtlich war der Einschlag, zu überfüllt die Krankenhäuser, zu sehr boomten die Sargzimmerer....
                  Dokumentarisch ist dieser Film sehr stark, schwächelt aber leicht auf der faktischen Seite. Über die Art des Virus, und was seine extreme Gefährlichlichkeit ausmacht, wird kein Wort verloren. Dabei gelang es in jüngerer Zeit, Opfer der Spanischen Grippe aus dem Permafrost von Alaska zu exhumieren und das Virus zu bestimmen. Es ist vom Typ H1N1, der auch heute noch gefährliche Epidemien verursacht, bekannt unter den Namen Vogelgrippe und Schweinegrippe. Allerdings kam nach 1919 nichts auch nur annähernd an diese Gefährlichkeit heran, vermutlich weil sich die Weltbevölkerung damals auf die natürliche, aber harte Tour immunisiert hat - die treffende Folgerung zum Ende der Doku.

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                    RoboMaus 27.07.2022, 08:19 Geändert 27.07.2022, 10:41

                    Ein SF-Thriller, dessen SF-Anteil sich lange im Verborgenen hält. Angefangen in den späten 80ern geschehen rätselhafte Morde, deren Aufklärungsversuche in ein starkes Katz- und Mausspiel der Mörderin mit der Polizei münden. Nachdem man den Fall scheinbar gelöst hat, geht es in den späten 90ern weiter.....
                    Der Thrilleranteil ist spannend und mysteriös inszeniert, gibt seine Inhalte im richtigen Pacing preis und bereitet damit konsequent den SF-Anteil vor, der offensichtlich die Begründung für das rätselhafte Geschehen enthalten muss. Die wird zwar geliefert, bleibt aber weit hinter den eröffneten Möglichkeiten zurück. Anstelle eines packenden SF-Thrillers dümpelt der Plot lediglich in Andeutungen zur üblen Zukunft des Planeten, und was die Morde damit zu tun haben. Zunehmend gerät das auch noch auf die inter-temporale Familiendrama-Schiene mit gekünstelter Melodramatik - WTF? Das Ende ist dann nur noch billig.
                    Schade - zur Mitte sah das wie ein möglicher 8 Punkte-Film aus, driftet dann aber schnell in das Mittelmaß seichter Netflix-Inhalte mit dem einhergehenden Geschwurbel, wie man es aus so vielen N-Produktionen kennt, anstatt Mut zu zeigen, die angedeuteten Zusammenhänge konsequent zu verfolgen und noch eine Schippe draufzulegen. So stark eröffnet, so viel verschenktes Potential. Ein Jammer.

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                      RoboMaus 26.07.2022, 08:03 Geändert 26.07.2022, 12:48

                      Um 'Cult of Chucky' (2017) noch etwas besonderes abzuringen, muss man wohl ein Fan dieses Franchise sein, das nun schon seit 1988 durch die Filmwelt geistert und nach dem phasenweise starken Erstling zuletzt mit 'Child's Play' (2019) sogar eine gelungene Neuauflage hinlegte. 'Cult of Chucky' reduziert sich dagegen auf einen simplen, abstrusen Plot, worin die Mörderpuppe in einer geschlossenen Psycho-Anstalt einen nach dem anderen abmurkst. Seine unkaputtbare Braut Jennifer Tilly taucht in einer Nebenrolle auf und sorgt für die einzige Abwechslung. Wie üblich in derart gestalteten Filmen läuft das nach dem Zehn kleine..... Reduktionsprinzip ab - die einzigen Fragen sind: wer ist wohl der nächste und wie wird es passieren? Manche Ideen zu Chuckys Einsätzen sind gut, wenn auch hanebüchen, bei anderen wird konventionell mit Messer und Bohrer zu Werke gegangen.....
                      Wer gerne Slasher-Filme sieht (wo in den meisten Fällen storytechnisch auch nur nach Schema F vorgegangen wird), könnte für diesen Chucky mehr liegen lassen. Immerhin ist es noch so unterhaltsam, dass ich nicht ans Abschalten dachte, was einen "geht so"-Eindruck erzeugt. Auf MP sind das 5 Punkte.

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                        RoboMaus 21.07.2022, 09:35 Geändert 21.07.2022, 12:50

                        8,0 Punkte aus 36 Bewertungen zur koreanischen Crime-Serie 'Stranger' (2 Staffeln, 2017+2020). Ich wage zu behaupten, dass hier wieder einmal fast nur die Fans bewerten und kommentieren, während die, die entnervt das Handtuch werfen, in dieser Statistik kaum auftauchen. Daher an dieser Stelle ein relativierender Kommentar.
                        Die einzelnen Folgen sind mit ca. 70 min relativ lang, beinahe schon Spielfilmlänge. Im Zentrum steht ein emotionsloser, aufrechter Staatsanwalt, der in einer korrupten Umgebung steht und einen Mord aufklären muss, welcher irgendwie im Zusammenhang mit seinen korrupten Kollegen und Vorgesetzten steht. Was andere an 'Stranger' als "vielschichtig" loben, ist eher ein Fluch, denn der Plot ist absichtlich undurchsichtig gehalten, was es unnötig komplex macht und lediglich das Folgen erschwert. Ständig stellt man sich Fragen wie: "was hat der nun wieder damit zu tun?", "wer ist der erwähnte so und so nochmal, in welchem Verhältnis steht der zu den anderen?", oder "was soll diese Aktion nun wieder bezwecken?". Die koreanischen Namen machen es dabei nicht einfacher. Dazu kommen von Beginn an unschlüssige Inhalte:
                        SPOILER
                        Auf einem Fahrzeugvideo (geparkt) steht eine unscharfe Figur am Fenster der Wohnung des Ermordeten, in die kurz darauf ein Mann geht, der später behauptet, der Ermordete sei bereits tot gewesen. Die Figur am Fenster wird jedoch als Beweis gewertet, dass der Ermordete in seiner Wohnung noch gelebt hat, als der Mann eintrat und dass daher dieser Mann der Mörder sein muss. Das ist reine Spekulation, denn genauso gut kann der Mörder oder eine andere Person am Fenster gestanden haben - in keinem ordentlichen Gerichtsverfahren würde so etwas als Beweis zu einer lebenslangen Verurteilung gewertet. Zumindest müsste das die Verteidigung anbringen. Was einem aufmerksamen Zuschauer allein der gesunde Menschenverstand sofort sagt, kommt durch "scharfsinnige" Überlegungen des aufrechten Statsanwalts Wochen später doch noch ans Licht - was für ein Humbug.
                        SPOILER ENDE
                        'Stranger' ist zwar mit einer brisanten Sachlage und interessanten Charakteren aufgezogen, scheitert aber letztendlich an seinen z.T. hanebüchenen Inhalten und der unnötigen Pseudo-Komplexität. Hinzu kommt, dass der Handlungfortschritt um die Aufklärung des Mordfalls und die Rolle der Drahtzieher zu sehr in die Länge gezogen ist und stattdessen das gegenseitige Belauern und die Intriegen der Hauptfiguren im Vordergrund stehen. Nach bald fünf Stunden überstieg der Langweilfaktor das Interesse, was den Notausstieg zur Folge hatte.

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                          RoboMaus 19.07.2022, 10:27 Geändert 19.07.2022, 17:14

                          Im Gegensatz zu den Hype-Kommentaren für 'Incantation' (2022), worin dieser Film gar mit Genreperlen wie 'The Ring' (2002), 'The Grudge' (2004) und '[Rec]' (2007) verglichen wird, finde ich die Parallen bestenfalls oberflächlich. Eher bedient man sich hier in manchen Aspekten bei den genannten Werken, was nicht gerade für die Originalität dieses Horrorbeitrags aus Taiwan spricht.
                          'Incantation' (=Beschwörungsformel) ist in zwei Handlungsstränge aufgeteilt. Der eine beleuchtet das Auskommen einer Frau mit ihrer sechsjährigen Tochter in der Gegenwart, wobei beide anscheinend besessen sind und übles in ihrer Umgebung bewirken. Der andere besteht aus Found Footage Rückblenden der Zeit sechs Jahre zuvor, worin die Frau Mitglied einer Geisterjäger-Truppe war, die mit der Kamera paranormalen Phänomenen nachspürt und (wie soll es anders sein) auf etwas übles trifft.
                          Der Aufbau ist sehr gemächlich und bringt horrormäßig nur zu oft gesehene, einfallslose Standardkost, wie z.B. das Kind, das einen "bösen Mann" sieht, den die Mutter natürlich nicht wahrnehmen kann, usw...... Die Story ist zunächst kaum interessant, weil der dürftige Inhalt schnell klar ist und sich die Handlung damit lange auf der Stelle dreht. Ab der Mitte nimmt der Film endlich etwas Fahrt auf, was v.a. dem Geisterjäger-Strang zu verdanken ist. In manchen Szenen ähnelt das '[Rec]', kommt aber nie an dessen Intensität heran, auch weil die Szenen zu oft und zu lang von konfusen Einschüben aus der Gegenwart unterbrochen werden. Die sollen wohl die Auswirkungen der besessenen Tochter in ihrer Umgebung zeigen, sind aber storytechnisch bestenfalls Stückwerk, wiederholen sich lediglich und laufen inhaltlich z.T. ins Leere. Die konfuse und manchmal nur schwer nachvollziehbare Erzählweise verhindert den Aufbau eines Spannungsbogens, so dass mir der Film weder spannend vorkam, noch zu beschäftigen vermochte. Zudem zieht sich das auch noch über eine Laufzeit von eindreiviertel Stunden ohne Abspann, was der Inhalt schlicht und einfach nicht hergibt.
                          Technisch ist das immerhin gut gemacht, und dafür gibt es i.W. die Punkte. 'Incantation' ist ein typisches Beispiel eines überambitionierten Films, der mehr will als er kann. Weniger langatmig (in H1), weniger pseudo-komplex (in H2), dafür stringenter in einer kürzeren Laufzeit erzählt, wäre der Eindruck deutlich besser.

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                            RoboMaus 18.07.2022, 15:04 Geändert 19.07.2022, 19:02

                            31 Jahre nach dem Erstling dürfen Keanu Reeves & Alex Winter abermals ran, um die Welt zu verändern. Natürlich wirkt das nicht mehr so frisch, wenn die inzwischen mittfünfziger Zeitreise-Chaoten immer noch gefühlt in jeder zweiten Minute mit ihren alten Floskeln "Hoschi" oder "Volle Kanne" kommen und die Handlung in etwa dort weiter macht, wo sie damals schon angesiedelt war. Trotzdem ist der überdrehte Quark in 'Bill & Ted Face the Music' (2020) noch einigermaßen amüsant und unterhaltsam, vor allem Dank einer starken Nebenhandlung, die den Gesamteindruck für mein Empfinden merklich anhebt: die Töchter von Bill & Ted mischen inzwischen auch bei der Weltrettung mit und wollen die beste Band aller Zeiten aufstellen, wobei sie ihre reputierten Mitglieder quer durch die Zeit rekrutieren - hier versammeln sich neben dem größten musikalischen Potential des Planeten auch die besten Plotideen. Vielleicht ist es bezeichnend, dass Reeves & Winter in dieser Nebenhandlung nicht bzw. erst ganz am Ende vorkommen: es hat sich ganz einfach ausgehoschiet. Um der Reihe den unrühmlichen Todesstoß zu ersparen, sollte man vielleicht von einer weiteren Fortsetzung mit Reeves & Winter absehen.

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                              RoboMaus 18.07.2022, 08:42 Geändert 18.07.2022, 09:40

                              Zwillinge, die bei der Geburt getrennt wurden, treffen sich zufällig und tauschen insgeheim die Rollen - der eine Einzelkind und Reichensöhnchen, der andere aus einer armen Familie mit überlasteter Mami. So kann jeder geschickterweise das nachholen, was ihm am meisten fehlt und damit die verfahrene Situation des jeweils anderen aufbrechen. Klingt klischeehaft und ist es auch, aber das trifft auf die meisten Bodyswitch-Komödien zu. Die Zwillinge sind sympathisch von den Lochmann-Brüdern dargestellt und weichen im Verlauf die verhärtete Haltung der zunächst unsympathischen Charaktere auf. Die Schauspieler überzeugen zwar in ihren Rollen, doch das Drehbuch lässt manche Charakterentwicklung kaum glaubhaft erscheinen. Zu konstruiert erscheint manche Begegnung, zu forciert und wenig nachvollziehbar manche Verhaltensweise, um die Handlung dorthin zu bringen, wo sie am Ende stehen muss. Dennoch - im deutschen Film ist man schlimmeres gewohnt, und 'Takeover: Voll vertauscht' (2020) ist nicht mehr und nicht weniger als das, was es sein will: akzeptable Unterhaltung, die keinem wehtut. Kurz vor dem Ende stand der Film bei 5,5, aber eine starke musikalische Darbietung der Lochmanns sorgt für den gelungenen Ausklang und hat das Pendel noch auf 6,0 schwingen lassen. Gewiss ist das gebuchtes Friede, Freude, Eierkuchen, doch wer in einem Feelgood-Movie etwas anderes erwartet, ist im falschen Film.

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                                RoboMaus 15.07.2022, 09:37 Geändert 15.07.2022, 13:27

                                Ein familienfreundliches mash-up aus 'Moby Dick' und 'Drachenzähmen leicht gemacht', das vor allem jüngere Zuschauer begeistern könnte, aber einigen Kommentaren nach auch ältere. Die Story ist einfach gestrickt und komplett vorhersehbar, ähnlich RomComs. Es gibt eine interessante Moral-Message: glaube nicht alles, was du hörst oder liest, sondern hinterfrage althergebrachte Prinzipien, die potentiell unsinniges oder verwerfliches Handeln begründen sollen. Gerade in der heutigen Zeit, wo die "Wahrheit" wieder in den Medien proklamiert wird und Andersdenkende schnell in gewisse Schubladen gepackt oder als Leugner diffamiert werden, ist das ein wichtiger Ansatz. Kinder, aufgepasst!
                                In 'The Sea Beast' (2022) kommt es hinter der simplen Storyline vor allem auf die Umsetzung an, die mit sympathischen Charakteren und einigen guten Plotideen punktet. Als Erwachsener muss man manchmal jedoch beide Augen zudrücken: einem 50 Meter-Seemonster machen Salven beim Einschlag explodierender Kanonenkugeln nichts aus, aber ein Speer, der eigentlich nur die Haut ankratzen kann, bringt es zur Strecke.... Während so etwas im Familienfilmrahmen zu akzeptieren ist und der Film über Handlung und Message einen ganz guten Eindruck hinterlässt (6,0), ist eines irritierend: vor allem das rote Hauptmonster sieht aus, als wäre es aus Plastik oder lackiertem Pappmaschee wie in 50er Jahre-Filmen, so dass es schwerfällt, damit überhaupt ein Lebewesen zu assoziieren. Sieht man hier die Sparmaßnahmen bei Netflix? Billiger geht es kaum noch in der Animation, was den Gesamteindruck etwas herabsetzt. Unter dem Strich bleibt ein Film, der sich sehr gut für den Familienabend oder -nachmittag eignet und den man als Erwachsener problemlos wegstecken kann.

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                                  RoboMaus 14.07.2022, 11:36 Geändert 14.07.2022, 11:44

                                  Jeder hat Dreck am Stecken.
                                  Ein mysteriöser Mann entführt die zehnjährige Tochter einer Familie und präsentiert sich kurz darauf in deren Wohnung mit der Drohung, die Tochter umzubringen, wenn nicht ein bestimmtes Familienmitglied vor allen anderen eine schlimme Tat zugibt. Da der Mann nicht sagt, was er hören will, kommen von allen Seiten diverse Schandtaten ans Licht, in der Hoffnung damit die Tochter zu retten....
                                  Der Plot ist als Psycho-Kammerspiel angelegt, das nur mittels Schauspiel und Dialogen einen ordentlichen Spannungsbogen aufgebaut. Allerdings wirkt mancher Inhalt unausgegoren und damit wenig glaubhaft, was den an anderen Stellen gelungenen Aufbau teilweise wieder erodiert, z.B.

                                  SPOILER
                                  Die Ehefrau gabelt einen wildfremden Mann auf, dem sie zur Strafe für ihre Schandtat einen blasen muss, und der geht mit ins Schlafzimmer, obwohl dort schon der Ehemann und der Bestrafer warten? Da müsste doch jeder annehmen, in eine perverse Falle getappt zu sein und würde sofort das Weite suchen, bzw. dem im Film angedeuteten Fluchtreflex nachgeben. So nötig kann es keiner haben.....
                                  ....und selbst der dümmste Folterknecht müsste wissen, dass ein 30 Sekunden Waterboarding nichts bringt, weil jeder so lange die Luft anhalten kann.....
                                  .....die im Businesss so abgebrühte Frau erschießt ihren Mann, obwohl der wahrlich schon genug bestraft ist, und obwohl sie sicher weiß, dass sie dafür sinnlos wegen Mord ins Gefängnis gehen wird?
                                  SPOILER ENDE

                                  Trotz inhaltlicher Abstriche ist 'Under the Rose' (2017) ein interessantes und von der moralischen Seite her anspruchsvolles Psychothriller-Drama, das für Freunde gepflegter Unterhaltung einen Blick wert ist.

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                                    RoboMaus 13.07.2022, 09:08 Geändert 14.07.2022, 10:30

                                    Eine positive Überraschung im B-Horror! Found footage muss man allerdings mögen, denn vieles ist im Sinne des Plots mit einer 70er Jahre-Handkamera gedreht, womit Sitzungen in einem Institut für paranormale Forschung aufgezeichnet wurden. Hier werden keine Familienverhältnisse oder das Sozialgefüge der Gruppe lang und breit eingeführt (wie so oft im Genre), sondern man nimmt gleich an den interessanten Vorgängen im Institut teil. Das 70er-Setting wirkt authentisch, vor allem Kleidung und Look der Beteiligten und die Laboreinrichtung. Die Forscher gehen mit ausgeklügelten Methoden vorgeblichen paranormalen Leistungen auf den Grund, bewegen sich mit ihren Ergebnissen jedoch im unspektakulären Bereich, bis eine Frau bei ihnen abgeliefert wird (sehr stark und angsteinflößend: Rya Kihlstedt). Das hat eher den Charakter einer Entsorgung, aus gutem Grund......
                                    'The Atticus Institute' (2015) setzt nicht auf brachialen Horror, sondern lebt eher aus der Spannung und dem Ungewissen. Die Eskalation kommt stetig und mit einigen starken Plotideen voran, wobei manches aber auch fragwürdig ist. Der Film bleibt durchgehend auf sein Thema fokussiert und kommt ohne Nebenhandlungen oder soziale Konflikte / Beziehungsdrama aus, was es ermöglicht, einen hohen Spannungsbogen aufzubauen und zu halten. Zum Ende, wo es richtig interessant wird, erscheint die Abfolge der Ereignisse etwas zu abrupt und kaum nachvollziehbar - da hätte man sich mehr Zeit nehmen und die vollen 90 min ausschöpfen sollen (anstatt nur 80 min ohne Abspann; es scheint aber nichts geschnitten zu sein). Doch auch so ist das allemal ein sehenswerter Genrebetrag, den man vom Ansatz her als innovativ einstufen kann. Hier hat man nicht das Gefühl, viele Szenen schon Dutzende Male gesehen zu haben, und auf Jumpscares wird ganz verzichtet.

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                                      RoboMaus 12.07.2022, 08:08 Geändert 12.07.2022, 13:33

                                      Hochglanz-Monsterporn im Düsterlook, inhaltlich auf dem Level von Roland Emmerichs letzten Filmen. Eigentlich müsste das schon reichen, um jemandem eine adäquate Vorstellung von 'Godzilla II: King of Monsters' (2019) zu geben. Wer es genauer wissen möchte: nichts an diesem Film ist in irgendeiner Weise einfallsreich oder originell. Die stereotypen Charaktere dienen nur dazu, mit sinnbefreiten Aktionen irgendwelche Monster loszulassen, die sich gegenseitig bekämpfen. Weil sich das Monster-Gerammel ständig wiederholt und die rudimentäre Handlung dazwischen nur aus zusammengestöpselten Genre-Elementen besteht, kommt überhaupt keine Spannung auf. Schon gar nicht lässt sich das ernst nehmen und kann somit auch nicht bedrohlich wirken. Eher lächerlich, aber unfreiwillig witzig ist es leider ebenso wenig.
                                      Wer nicht in seinem schwachsinndichten Spezialanzug für derlei Filme steckt, könnte mit zunehmender Laufzeit Zermürbungserscheinungen davontragen, die nach zwei Stunden schmerzhaft werden. Zum Ende entstehen Warzen, die sich über Gesicht und Rücken ausbreiten, wobei die Absonderung einer eitrigen Flüssigkeit das Sofa versaut...... Finger weg!

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                                        RoboMaus 11.07.2022, 10:00 Geändert 11.07.2022, 14:37

                                        Es gibt wohl kein Land, das derart viele Gerichtsfilme produziert und damit seine nicht gerade rühmliche Vergangenheit aufarbeitet wie die USA. Rassendiskriminierung und der Vietnamkrieg stehen hier weit oben, und 'The Trial of the Chicago 7' (2020) legt den Finger ein weiteres Mal in die immer noch offene Wunde des US-Debakels gegen den Vietkong. Es geht dabei um eine Gruppe Aktivisten, die mit einer Demonstration in Chicago 1968 für Unruhen gesorgt hat und gegen die ein Schauprozess geführt werden soll. Ein abgekartetes Spiel konservativer Politiker der Nixon-Ära, denn die rechtliche Grundlage ist sehr dünn, und nicht einmal der Oberstaatsanwalt sah einen Sinn darin (überzeugend: Joseph Gordon-Levitt).
                                        Ein hoher Anspruchsfaktor ist somit gegeben, doch die Umsetzung schweift häufig von der Sache ab und beleuchtet wiederkehrend die ohnehin schon klare politische Haltung und Motivation in den gegenüberliegenden Lagern. Zudem werden auch noch innerhalb des linken Lagers die unterschiedlichen Ansätze zur "Revolution" bzw. der "Beendigung des Vietnamkrieges" aufgefächert. Man kann das natürlich als unabdingbar für den Hintergrund erachten, man kann es aber auch als unnötig detaillierte Darstellung von Sachverhalten ansehen, die sowieso jedem halbwegs gebildeten Menschen klar sind und womit der eigentlichen Auseinandersetzung im Gerichtssaal immer wieder der Wind aus den dramaturgischen Segeln genommen wird.
                                        In der Gerichtsverhandlung überzeugt 'The Trial of the Chicago 7' mit einem stark auftretenden und renommierten Cast, worin mir Frank Langella als unfähiger and befangener Richter am besten gefallen hat. Auch einige provokative Einschübe der Angeklagten (u.a. Sacha Baron Cohen) sind stark und zuweilen sogar witzig, wobei das Ende dem Ganzen die Krone aufsetzt. Ein solider Gerichtsfilm, der allerdings nicht hätte über zwei Stunden laufen müssen und dem eine stringente, fokussiertere Orientierung an der Verhandlung mit den Fakten zum vorgeblichen Tathergang und dem rechtlichen Schlagabtausch besser getan hätte.

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                                          RoboMaus 08.07.2022, 10:22 Geändert 08.07.2022, 11:03

                                          Ein Mann mit psychischen und finanziellen Problemen wird zur jüdischen Totenwache angeheuert, d.h., er muss die Nacht im Raum des Toten verbringen. Kein Vergnügen, und hier kommt anscheinend auch noch ein Dämon ins Spiel, von dem der Tote besessen war....
                                          Was interessant startet und als Spiel "ist das nun real, oder bildet sich das der psychisch belastete Totenwächter nur ein?" hätte aufgezogen werden können, gleitet relativ schnell auf die konventionelle Schiene von Dämonenaktivität und hält dabei das Horrorlevel auf Sparflamme. Immerhin hat 'The Vigil' (2019) ein paar gute, eigenständige Plotideen, die den Film interessant halten und ihn von dem vielen Müll abheben, mit dem das Genre überschwemmt wird. Insgesamt fehlt es der Totenwache aber an Spannung und wirklich packenden Szenen, wobei das Ende so hanebüchen ausfällt, dass es schon an Selbstparodie grenzt. 'The Vigil' eröffnet inhaltlich einiges an Potential, das leider kaum ausgeschöpft wird - in den Händen eines anderen Regisseurs wie James Wan ('The Conjuring', 2013; 'Insidious', 2010) oder Andre Øvredal ('Autopsy of Jane Doe', 2016) wäre daraus vielleicht ein wirklich starker Horrortrip entstanden.

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                                            RoboMaus 07.07.2022, 08:30 Geändert 07.07.2022, 11:31

                                            Rowan Atkinson im bewährten Eskalations-Comedystil. Wer ihn als 'Mr. Bean' kennt und mag, bekommt auch in 'Man vs. Bee' (2022) genug Tollpatsch-Chaos serviert, um sich gut unterhalten zu fühlen. Das gewählte Format einer 9 Folgen-Mini-Serie à 10-14 min wirft allerdings ein Fragezeichen auf: weshalb hat man den etwa eineinhalbstündigen Spielfilm so zerstückelt? Denn das ergibt sich zusammengesetzt ohne Abspann, und die meisten bingen derart kurze Folgen sowieso. Vielleicht wollte Atkinson sein Werk als gagreiche Häppchen für zwischendurch verstanden wissen - im Gegensatz zu seinen "richtigen" Spielfilmen gibt es hier nämlich weniger Story/Handlung, dafür kürzer getaktete Missgeschicke und Chaos, was auf 90 min durchaus ermüdend wirken kann. Je nachdem, wie witzig man das findet......
                                            ......und hier scheiden sich bekanntlich die Geister. In meiner Wahrnehmung ist dieser Atkinson witzig genug für solide Unterhaltung, aber es gibt auch einiges, das ins Leere läuft. Gags mit Megafon-Ansage sind nunmal nicht halb so gut wie solche, die überraschen und im Bestfall einen den Drink aus dem Mund prusten lassen. Dazu ist manches so dämlich, dass es selbst für den größten Tollpatsch unglaubwürdig wirkt und damit auch nicht mehr witzig kommt. Unter dem Strich gibt es mehr Licht als Schatten, doch den Lachmuskeltest muss jeder selbst machen ;-)

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                                              Dazu kommen einige nette, z.T. auch witzige Plotideen, die den Film auflockern. Aus meiner Sicht ist das zwar auch nicht mehr als ordentliche Unterhaltung, aber immer noch besser als diese z.T. kitschigen und überladenen Disney-Animationen.

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                                                RoboMaus 04.07.2022, 20:46 Geändert 17.05.2023, 10:20

                                                In 'Westworld' (ab 2016) steckt sehr viel Potential, das aber nur zum Teil genutzt wird. Nach dem visionären 70er SF-Klassiker und dem Hype der Fan-Kommentare ist das eine Serie, die man als SF-Liebhaber nicht umgehen kann. Daran hängt natürlich auch einiges an Erwartungen. In 'Westworld' kommt es eher darauf an, was man nicht sehen möchte: sind ellenlange, pseudo-bedeutungsschwangere Ausführungen über das Bewusstsein von Androiden, die Bedeutung von Identität, Bestimmung, Schicksal, Recht/Unrecht, aus Zweifeln entstehenden Krisen usw. usw. wirklich nötig? Gefühlt die halbe Screentime? Für mein Empfinden führt das die eigentliche Handlung immer wieder zum Stillstand, wobei sich auch die zu lange im Kreis dreht: in F1-3 wird z.B. der Bösewicht Ed Harris nur beim Roboter-Abknallen gezeigt. De facto wird der Charakter auf 3 Folgen mit immer ähnlichen, sich wiederholenden Aktionen überlang eingeführt; eine Story entwickelt sich dagegen kaum. Nach F3 stand die Serie bei 4,5, und F4 sah ich nur noch, um die eigentlich schon gefällte Entscheidung zu bekräftigen.....
                                                .....was ein Fehler gewesen wäre, denn nun nimmt die Handlung um gewisse Machenschaften in der Westworld-Anlage, sowie die Rolle der Androiden endlich Fahrt auf und steigert sich (7,5 Punkte für F4-F9). Im Staffelfinale, eine eineinhalbstündige Doppelfolge, nehmen die pseudo-bedeutungsschwangeren Ausführungen jedoch wieder überhand, was den Langweilfaktor in die Höhe schnellen und den Appetit auf die nächste Staffel im Boden versinken lässt.
                                                Story & Inhalt sind insgesamt stark, ebenso der Cast mit Anthony Hopkins, Thandy Newton (top performance) und Ed Harris, doch leider ist das viel zu sehr verwässert von unnötig langem, z.T. fragwürdigem und sich wiederholendem Geschwurbel um K.I.-Gefühle/Bewusstsein mitsamt Auswirkungen. Den Bewertungen nach können sich andere so etwas stundenlang anhören - wer's braucht, wird hier garantiert fündig.
                                                Geschenkt.

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                                                  RoboMaus 04.07.2022, 14:43 Geändert 04.07.2022, 15:34

                                                  uuuuuh - bei 'Ijon Tichy: Raumpilot' (2007/2011) gibt eigentlich es fast nurr swei Optione: entweder man findet diesen "verschrobenen Humor" witzig, oder es nervt von Anfang bis Ende. An meiner Bewertung ist unschwer abzulesen, was hier der Fall ist. Allein dieser permanent durchgezogene fake-polnische Akzent eines Deutschen, der vermutlich kein Wort polnisch spricht, ist bereits nach einer halben Minute jenseits des Erträglichen. In diesem Fake-Akzent wird der unbedarfte Zuschauer mit einem Dauergequatsche bombardiert, das um jeden Preis witzig wirken will, aber weder gute Gags noch gelungene Situationskomik hervorbringt. Das als krampfhaft bemüht zu bezeichnen, wäre noch ein Kompliment. Dazu dieses Setting einer normalen Altbau-Küche, die als Raumschiff-Brücke fungieren soll: gewiss, es ist Trash bzw. Parodie, doch auch darin bieten gute Werke wenigstens eine bezugherstellende Abbildung dessen, was parodiert werden soll. Das hier ist einfach nur billigst einfallslos und versprüht nicht den kleinsten Funken Charme. Bully Herbigs 'Traumschiff Surprise' (2004) ist zwar auch nicht der große Wurf, aber gegen 'Ijon Tichy' geradezu ein Glanzlicht deutscher SF-Parodie.

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                                                    https://www.youtube.com/watch?v=760_MhUxHeM

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