SoulReaver - Kommentare

Alle Kommentare von SoulReaver

  • 9

    Kein Psycho-Thriller, sondern dessen Transzendenz. Drei in ihren Obsessionen verschmolzene Psychopathen werden mit ihren Abgründen konfrontiert. Drei Jäger, die gefangen werden wollen; drei Wahnsinnige, die sich in ihren Träumen vereinen. Dort, wo Begrifflichkeiten wie Zerstörungslust, Jagdinstinkt und Überführungswille zur urwüchsigen Sehnsucht nach Zuneigung abstrahiert werden. Manhunter ist keine konfektionierte Killerhatz. Michael Mann liefert hier das sensationelle Portrait einer tödlichen Seelenverwandtschaft. Drei Männer, die es niemals aufgeben werden, sich zu zerstören, weil es ihnen gefällt. Weil sie es genauso genießen, wie sie auch daran zerbrechen. In jeder einzelnen Einstellung dieses exzellent komponierten Geniestreichs schwelt die dunkle Begierde, die der Motor einer Geschichte ist, in der Romantik schmerzhaft und Schmerz romantisch ist. Wenn dies unter Gleichgesinnten ausgelebt wird. Michael Mann steigt im Zuge einer bahnbrechend ästhetisierten Traumreise in die schattenhaften Winkel der menschlichen Psyche ab und beweist dabei ein inszenatorisches Feingefühl, einen einzigartig zartfühlenden Sinn für die unterschwellige Elektrizität von innerseelischen Augenblicken. Alles darf atmen, alles darf leuchten, alles darf sehen, bis man sich schließlich in den silbernen Spiegeln reflektiert, die von nun unsere Augen ersetzen.

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    • 8

      [...] In den besten Momenten des Films (und dieser besteht im Prinzip nur aus großartigen Momenten), gelingt es Shannon Murphy immer wieder, das Dysfunktionale mit dem Intimen abzugleichen. Alle Charaktere – durch die Bank weg großartig besetzt – kämpfen mit ihren eigene Konflikten und Verletzungen. Milla Meets Moses aber möchte kein Problemfilm sein, sondern sucht auf ungemein zartfühlende, aber niemals scheue Art und Weise die Chance auf Weiterentwicklung, die sich für die Protagonisten aus dem Hinderlichen ergeben kann. Die Rebellion, das Aufbegehren, die Absurdität und das Lebensechte. Ein wahrlich großer, zutiefst berührender Film, immerzu bis ins kleinste Detail nuanciert und fernab von Selbstmitleid, Arroganz und Spott. [...]

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      • 7

        [...] Ohnehin funktioniert diese Punkrockversion des Ned Kelly-Mythos vor allem aufgrund des grandiosen Auftritts von George McKay. Wenn der junge Brite jeden einzelnen Muskel seines Körpers anspannt, scheint es fast so, als würde sich seine Physis zu einem einzigen Sehnenstrang verdichten. Gleichzeitig sehen wir ein desillusioniertes Kind, emotional verwahrlost und ausgedörrt wie die Landschaften, durch die die Kamera von Ari Wegner immer wieder elegisch treibt. Totholz. Kurzel transzendiert den Historienfilm durch immer deutlicher entartende Coming-of-Age-Mittel, die die Charakterstudie über verlorene Söhne in einem gestohlenen Land auf eines der Leitmotive im Schaffen von Justin Kurzel zurückführen: Die Erforschung der Gewaltentstehung respektive die Mechanismen des Kontrollverlusts. Wenn Kurzel etwas beherrscht, dann der wahren Natur von sozialer wie zwischenmenschlicher Verrohung nachzuspüren. [...]

        9
        • 7 .5

          [...] Was in Possessor nicht funktionieren möchte, ist der verstörend-emotionalisierte Paukenschlag, auf den Brandon Cronenberg zusehends hinarbeitet, weil ihn – und das unterschiedet ihn noch von seinem grenzgenialen Papa – vor allem die Oberfläche umtreibt. Als alptraumhaftes Vexierspiel, in der Selbstbestimmung und -Entfremdung in klinischer Grausamkeit aufgearbeitet werden, ist Possessor teilweise unheimlich immersiv. Eine bestialische Gewaltphantasie, deren Brutalität an das Kino von S. Craig Zahler (Brawl in Cell Block 99) erinnert. Gleichzeitig ein femininer Amoklauf, obwohl größtenteils männlich besetzt (Christopher Abbott, Piercing) und gerade deshalb konsequent zu Ende gedacht. [...]

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          • 3

            [...] Damit verbleibt das Remake von Ruben Östlunds Höhere Gewalt entsprechend oberflächlich und harmlos, weil er sich permanent selbst im Wege steht, wirklich bösartig zur Tat zu schreiten, um nicht nur mit einigen absurd-blöden Witzeleien über Hashtags an seinen Figuren zu rütteln, sondern ihre gesamten Selbst- wie Weltbilder auf den Kopf zu stellen. Am Ende bleiben daher auch keine inneren Zerwürfnisse, sondern Menschen, die miteinander lachen, als hätte es diesen Moment der tiefen Entfremdungen vor wenigen Tagen nicht gegeben. Da hilft es auch nichts, dass Nat Faxon und Jim Rash in der letzten Szene noch einmal den geradezu kläglichen Versuchen wagen, einen Funken Ambivalenz in diesen ebenso drögen wie geistlosen Rohrkrepierer zu bringen, der sich allein durch den engagierten Auftritt der immer tollen Julia Louis-Dreyfus ein Mindestmaß an Würde bewahrt. [...]

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            • 7

              [...] Herausgekommen ist dabei ein Film, der es nicht mit Herzogs künstlerischen Sternstunden aufnehmen kann, der aber viel über die Notwendigkeit sozialer Interaktion und der Komplexität urtriebiger Sehnsucht nach Zwischenmenschlichkeit offenbart. Und damit löst sich der Film, der natürlich auch einen Blick für die japanische Kultur bereithält, aus seinem nationalen Kontext und entdeckt Menschen, die schauspielern, täuschen und lügen. Wohl aber oftmals nur aus dem Grund, um sich selbst zu finden und ihr Umfeld zu verstehen. Sollte das Glück der Erkenntnis und der Einkehr ein käufliches sein, so bezahlt man letztendlich den Preis. [...]

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              • 7
                SoulReaver: FILMSTARTS.de 05.07.2020, 18:40 Geändert 05.07.2020, 21:11

                [...] Jennifer Kent beweist mit The Nightingale – Schrei nach Freiheit ein außerordentlich versiertes Gespür für das von Gewalt durchdrungene Klima einer historischen Ära, das vordergründig für die Gründung eines Landes stand, sich in Wahrheit aber in Ausbeutung und Massenmord verausgabte. Dabei bedient sie vorerst das klassische Vergeltungsnarrativ obligatorischer Rape & Revenge-Vertreter, vermeidet es aber zumeist geschickt, sich auf die exploitative Identität dieses Subgenres einzulassen. Die Gier nach Rache, mag sie auch noch so nachvollziehbar sein, unterliegt hier keiner moralischen Sinnhaftigkeit, sondern schafft nur noch größere Verletzungen innerhalb der Charaktere. Dass Clare und Billy auf ihrer entbehrungsreichen Reise von dem gleichen Zorn (zu Anfang noch gegeneinander gerichtet) getrieben werden, ist eine durchaus clevere und greifbare Herangehensweise an den britischen Kolonialismus und die soziopolitischen Verstrebungen seiner Opfer untereinander.

                Die Gründungsmythen, die es nicht nur in den Vereinigten Staaten und dem eigens dafür erschaffenen Genre des Western zu entdecken gibt, sind auch in Australien nicht mehr als die schönmalerischen Illusionen weißer Unterdrücker. The Nightingale – Schrei nach Rache gibt sich stilistisch gleichermaßen kompromisslos wie kontemplativ. Die Verwahrlosung einer Epoche, in der Menschen entmündigt und zu Eigentum erklärt wurden; in der ihnen ihr Land, ihre Familie, ihre Menschlichkeit entrissen wurden, dräut hier in jeder Einstellung – und Jennifer Kent gibt diesen archaischen Emotionen den nötigen Raum, um sich zu entfalten. Gerade für die Leidensgeschichte der Ureinwohner nimmt sich der Film Zeit und unterstreicht als historischer Horrorfilm noch einmal, dass die wahren Schreckensgestalten immer in der Realität zu entdecken sind.

                Dennoch gelingt es Jennifer Kent nicht, The Nightingale – Schrei nach Freiheit gänzlich vor (kolonialistischen) Klischees zu bewahren. Denn obgleich sich der nötige Raum eingestanden wird, um das Leid der indigenen Völker zu verdeutlichen, gibt sich Kent mehrfach der Darstellung „spiritueller Wilder“ hin, die den Film nicht zerstören, in Anbetracht des ausgeprägten Anspruchs auf Authentizität (gerade im Hinblick auf kulturelle Identitäten) aber ein Stück weit kitschig erscheinen. Auch die Persönlichkeitsstruktur von Leutnant Hawkings begreift sich als simplistisch und eindimensional, bleibt seine einzige Aufgabe doch, ein mörderisches Arschloch zu sein, welches man mit Biegen und Brechen noch als Produkt seiner Zeit deuten darf. Abseits jener plakativer Querschläger aber ist Jennifer Kent hier ein eindringlicher, grausamer und in dieser Art und Weise womöglich notwendiger Film gelungen. [...]

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                • 6 .5

                  [...] Die Kernfrage, die Olivier Assayas in Wasp Network aushandelt, ist nicht, ob René González eine egoistischer Verräter oder ein patriotischer Held ist. Es sind die moralischen Unschärfen, die der französische Filmemacher beleuchtet, um daraus ein in seinen besten Momenten wunderbar engmaschiges Spannungskonstrukt zu destillieren, bei dem sich Recht und Unrecht bisweilen gegenseitig entkräften. In den Vereinigten Staaten angekommen, wird der in Amerika geborene René González von einer Anti-Castro-Organisation rekrutiert, deren Aufgabe es ist, die kubanische Tourismusindustrie – die wirtschaftliche Hauptschlagader des Landes - zu zerschlagen. Entweder durch die Mittel der Propaganda oder durch Waffengewalt. Réne und einige Gefährten (darunter auch Narcos-Darsteller Wagner Moura) allerdings nutzen ihre Rollen innerhalb dieses konterrevolutionären Gebildes, um an Informationen zu kommen – und eben jene terroristische Aktivität zu unterbinden. Zu welchem Preis?

                  Olivier Assayas gelingt es dabei nicht nur, Genre-Mechanismen gekonnt zu bedienen, er schafft es ebenfalls, eine gar zwischenmenschliche Intimität heraufzubeschwören, die seinen Charakteren Kontur und ihrem Handeln Gravität gibt. Im letzten Drittel mutet sich Wasp Network erzählerisch leider etwas zu viel zu, die säuberlich arrangierte Thrill-Mechanik in Kombination mit der feinen Beobachtungsgabe für die Protagonisten, wird durch einen Wust an Informationen und Vorfällen nicht mehr geschmeidig in die Tiefe ausgebaut, sondern unnötig in die Breite gedehnt. Damit verwässert und überlädt Assayas seine eigentlich spannende und filmisch bisher kaum thematisierte Begebenheit letztlich merklich. Verschmerzbar ist dank der tollen Darstellerleistungen, bei denen es vor allem Penélope Cruz ist, die hier erneut unter Beweis stellt, was für eine vielschichtige und wunderbar greifbare Schauspielerin sie doch ist. [...]

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                  • 7 .5

                    [...] Dadurch eignet sich Da 5 Bloods eine so krude wie mitreißende Tonalität an, die diesen eindringlichen Blick in die schwarze US-Seele keinesfalls als subtil gelten lässt, ihn in seinem herausfordernden Anspruch, die Welt aufrütteln zu wollen, aber nach wie vor verlässlich Treffer in Gewissen und Magen landen lässt. Das Band, welches Spike Lee zwischen dem Film und seinem Publikum knüpft, ist ein gewohnt enges und kontinuierlich auf Affekte setzendes. Man kann das – wie schon bei BlackKklansman – durchaus plakativ und manipulativ empfinden. Mit Da 5 Bloods allerdings beweist Spike Lee nicht nur, dass er das Kino und all seine Formen und Formen liebt. Er beweist auch, dass er mit Mitte 60 und unzähligen thematisch ähnlichen Filmen immer noch in der Lage ist, eine neue Perspektive auf das Kernmotiv seines Schaffens und seines Wesens zu finden. [...]

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                    • 7
                      über Capone

                      [...] Josh Trank aber geht es in seinem nunmehr dritten Spielfilm nicht um konventionell aufgelöste Handlungsstränge. Der Fokus liegt vielmehr in erschütternder Strenge auf dem ganzheitlichen Verfall Al Capones, der seine eigene Legende über eine Laufzeit von 100 Minuten als grunzendes, sabberndes und geistig verwahrlostes Riesenbaby demontiert. Ein hässlicher Film über das Sterben. Al Capone, dessen Wahrnehmung sich immer stärker in einem fließenden Zustand zwischen Realität und Halluzination befindet, ist einem Zombie näher als einem Menschen. Man darf sogar sagen, dass Josh Trank seine eigenwillige Auffassung von Biopic als eine Art Body Horror begreift, wenn er dem Zuschauer das erbarmungslose Porträt eines Mannes zumutet, der nichts anderes mehr kann, als schlichtweg dahinzuraffen. In Capone gibt es nur noch das Siechen, Siechen und Siechen. Bisweilen eignet sich die Inszenierung dabei gewisse Anflüge des voyeuristischen Elendstourismus an, Josh Trank aber vermag es, nicht nur die Märchen rundum gleichermaßen gestandene wie gewaltige Unterweltikonen zu dekonstruieren. Nach diesem Film hat man auch das Gefühl, dass das Genre obligatorischer Crime-Sagen (z.B. Black Mass) endgültig zum Totenacker geworden ist, der ausschließlich von den Dämonen der Vergangenheit gepflügt wird. [...]

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                      • 7 .5

                        [...] Auch nach mehr als 40 Jahren kann sich Erdbeben noch mehr als sehen lassen. Besetzt mit großen Namen wie Charlton Heston (Planet der Affen), Ava Gardner (Die barfüßige Gräfin) und George Kennedy (Der Unbeugsame), baut Mark Robson nicht ausschließlich auf brachialen Krawall, sondern nimmt sich die nötige Zeit, um seine Charaktere behutsam einzuführen. Die verschiedenen Schicksale werden durch die Naturkatastrophe erst verwoben. Während eine 9-minütige Sequenz dafür verantwortlich ist, Los Angeles in Schutt und Asche zu legen, gewinnt Erdbeben seine Intensität letztlich aber vielmehr aus dem aufmerksamen Blick, der sich auf das Davor und das Danach bezieht. Die klassische Spannungsdramaturgie, mit der Mark Robson das Geschehen über zwei Stunden ungemein packend gestaltet, war, ist und bleibt wegweisend. Ein Roland Emmerich aber kann immer noch nur davon träumen, ein Werk dieser Klasse zu erschaffen. [...]

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                        • 7

                          [...] Jonathan E. (James Caan, The Yards – Im Hinterhof der Macht) ist der unangefochtene Rollerball-Champion. Seit Jahren bereits führt er sein Team immer wieder zum Sieg, was den Verantwortlichen in den Führungsetagen der Industrieriesen natürlich ein Dorn im Auge ist. Die Heldenverehrung, die sich in Form von stehenden Ovationen und skandierenden Chören um Jonathan entwickelt hat, könnte zu einem Problem werden, da sie die Menschen an ihren Individualität gemahnt. Sie könnten in einer Welt, in der das erste Gebot die Gleichstellung ist, auf die Idee kommen, das Leben fernab von Armut und Krankheit zu hinterfragen. Jonathan soll deswegen alsbald seinen Rücktritt verkünden, weigert sich aber: Er wird zum Spielverderber einer (angeblich) sportlich-motivierten Veranstaltung, in dem es eigentlich keine Regeln gibt.

                          Erzählerisch gibt sich Rollerball sicher jenem klassischen Topos hin, der dem Auserwählten dabei folgt, wie er sich gegen ein übermächtiges System auflehnt. Das obligatorische Gesicht einer Rebellion, die der Film jedoch gänzlich ausspart. Denn das Besondere an Rollerball liegt in seinem Sinn für die Stille und das Zwischenmenschliche begraben. James Caan liefert als Jonathan E. eine überraschend zurückgenommene, von unterdrückter Einsamkeit erfüllte Performance ab, die Rollerball eben nicht zum Action-Fest der Marke Running Man erklärt, sondern auch als hintersinniges, durch feine Beobachtungen veredeltes Charakter-Drama funktionieren lässt. Der Kampf um Leben und Tod, den Rollerball über eine Laufzeit von mehr als zwei Stunden nachzeichnet, entfaltet sich nicht nur in der Wettkampfstätte, sondern auch im Inneren unseres Protagonisten. [...]

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                          • 7
                            SoulReaver: FILMSTARTS.de 04.05.2020, 21:03 Geändert 04.05.2020, 21:04

                            [...] Suzanne nimmt jedoch den Weg über den Posten der kommunalen Wettermoderatorin und handelt sich dadurch die ein oder andere Meinungsverschiedenheit mit ihrem treuherzigen Ehemann Larry (Matt Dillon, The House That Jack Built) ein, der nur das Beste für seine Gattin möchte, ihr aber in ihrem Streben nach Aufmerksamkeit ungewollt im Wege steht. Gus van Sant entspinnt daraus eine wunderbar temporeiche Reiche Abrechnung mit rücksichtsloser Karrieregeilheit, dem perversen Geltungsdrang des Menschen von heute und natürlich der Kompromisslosigkeit der (Massen-)Medien. Suzanne, die nicht nur die Attraktivität, sondern auch die Kälte eines Porzellanpüppchen ausstrahlt, wird dabei zur Triebfeder eines heimtückischen Macht- wie Vexierspiels, unter dem vor allem all diejenigen zu leiden haben, die sich wirklich nach Hilfe und Geborgenheit sehnen.

                            In der Gegenwart, dem Jahre 2020, mag die Thematik von To Die For sicherlich niemanden mehr aufrütteln respektive schockieren, dafür wurde die Kunst von der Realität bereits um mehrere Runden überholt. Das ungemein schwungvolle, von zielsicherer Ironie und ätzendem Zynismus geschwängerte Narrativ aber schafft es, den Zuschauer über eine Laufzeit von 100 Minuten immer noch für sich einzunehmen. Den Rest erledigen darüber hinaus die hervorragenden Schauspieler. Angeführt von einer famosen Nicole Kidman, die als verführerisch-hinterhältiges Miststück glänzen darf, geben sich in To Die For außerdem Joaquin Phoenix (A Beautiful Day), Casey Affleck (Manchester By the Sea), Matt Dillon und auch Meisterregisseur David Cronenberg (A History of Violence) die Ehre. Allein schon wegen diesem Ensemble erweist sich die Mediensatire nach wie vor als sehenswert.

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                            • Vollkommen richtig. Diesen liebevollen, emotional aufreibenden Eskapismus, den Spider-Man 2 (oder die gesamte Raimi-Trilogie) absolut zeitlos entfesselte, konnte daraufhin keine Marvel-Adaption mehr einholen.

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                              • 5

                                [...] Sehenswert ist "Out of Play: Der Weg zurück" vor allem wegen seines grandiosen Hauptdarstellers. Ben Affleck tritt hier mit einem authentischen Understatement auf, das nicht nur ergreift, sondern auch einen mutigen Meta-Blick in das Privatleben des Superstars erlaubt. Ansonsten bedient sich Gavin O'Connor hier leider einer reichlich formelhaften Dramaturgie, geht durchgehend auf Nummer sicher und bedient die klassische Gefühlsklaviatur gleichermaßen routiniert wie risikoscheu. Eigentlich ein austauschbares Charakter-Drama, wäre dort nicht Ben Affleck. [...]

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                                • 6

                                  [...] Kopfplatzen beutet sein gesellschaftliches Tabuthema nicht aus, ihm geht es nicht um reißerische Schockeffekte. Stattdessen bewegt sich der Film nah an der Gefühlswelt seines Protagonisten, der vollends in sich selbst verkapselt ist und extreme Abscheu gegen seine stetig aufbrandendes Verlangen verspürt. Savas Ceviz verwendet innerhalb seiner entsättigten Aufnahmen viel Zeit darauf, verständlich zu machen, dass Markus an einer Krankheit leidet: Für seine Neigungen kann er nichts, aber für seine Handlungen muss er sich rechtfertigen. In der letzten halben Stunde schießt Kopfplatzen dann zwar ein Stück weit über das Ziel hinaus, wenn er sich dann doch noch dazu entschließt, dramatische Höhepunkte zu stilisieren und die antiquierte Einsamer-Wolf-Symbolik etwas überstrapaziert. Unter die Haut geht dieses Charakter-Drama um eine gefangene Seele dank seinem Gespür für subkutane Beklemmung dennoch. [...]

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                                  • 5

                                    [...] Mit "Der Fall Richard Jewell" gelingt es Clint Eastwood zwar, qualitativ ein Stück weit auf Abstand zu den vorherigen Debakeln wie "American Sniper" und "15:17 to Paris" zu gehen, letztlich aber erweist sich auch sein auf wahren Begebenheiten beruhendes Justiz-Drama als sprödes Alterswerk ohne erkennbaren Mehrwert. Gut besetzt und größtenteils überaus solide gespielt, versäumt es Clint Eastwood hier auf ganzer Linie, eine Reflexion über die Mechanismen moderner Berichterstattung respektive der Medienlandschaft in Szene zu setzen. Ihm geht es darum, auf gleichermaßen einseitige wie antiquierte Art und Weise einen publikativen Verschwörungsapparat anzuklagen, der dafür verantwortlich gewesen ist, einem guten, waffenvernarrten Amerikaner die Freiheit zu rauben, nachdem dieser zum Nationalheld erklärt wurde. Eigentlich ein spannendes Thema, aber der olle Eastwood ist endgültig durch. [...]

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                                    • 5
                                      über Primal

                                      [...] Dauerhaft verschwitzt, leicht ranzig mit Zigarre im Mundwinkel und inzwischen stattlicher Wampe ausgestattet, bekommt es Nicolas Cage hier nicht nur mit einer seltenen Wildkatze (einem weißen Jaguar) zu tun. Auch ein Auftragskiller und Ex-Attentäter (Kevin Durand, Cosmopolis) gerät außer Rand und Band. Was bleibt dem Jäger also übrig? Genau, es tut das, was er am besten kann: Jagen. Und das auch noch in den Eingeweiden eines mexikanischen Klapperfrachters, der sich gerade auf dem Weg nach Puerto Rico befindet. Nick Powell inszeniert das als klassische Kolportrage auf beengtem Raum. Das ist alles zwar recht schmuck- wie ausdruckslos und bisweilen mies getrickst, aber die Prämisse ist tatsächlich vergnüglich genug, um den altmodisch Spannungsaufbau und -Verlauf halbwegs aufgehen zu lassen. [...]

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                                      • 7 .5

                                        [...] Die fulminante Qualität, die Berlin Alexanderplatz auf der Leinwand entfesselt, liegt nicht nur in seiner konsequenten Ambivalenz begraben, im Zuge derer er seine Charaktere zum Leben erweckt. Es ist vielmehr der Mut seitens Burhan Qurbani, wirklich großes, erhabenes Kino aus Deutschland auf die Beine stellen zu wollen. Diese nicht nur in die Breite, sondern ebenso gekonnt in Tiefe erzählte Großstadtballade ist sowohl sozialrealistische Spiegelung als auch klassisches Genrewerk. Die Flüchtlingskrise gerinnt in den Händen Qurbanis nicht zum rührseligen Melodrama. Vielmehr beweist sich dieses dreistündige Epos als versiert arrangierte Rise-and-Fall-Sinfonie, deren poetische Alltäglichkeit den Puls der Zeit in beachtlicher Präzision durchleuchtet. Schauspielerisch ist es vor allem Albrecht Schuchs Sensationsperformance als gebückt-durchtriebenes Frettchen, die sich definitiv im Gedächtnis des Zuschauers festsetzen wird. [...]

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                                        • 8

                                          [...] Damit erschafft James Bond 007 – Casino Royale nicht nur eine zeitgemäße, vielschichtigen Doppelnull, sondern berichtet über die Kollision zweier (Über-)Egos auch von lächerlichen Männlichkeitsidealen, die seit jeher in die DNA der seit den frühen 1960er Jahre bestehenden Reihe eingemeißelt sind. Martin Campbell aber hat die legendäre Doppelnull zurück ins Leben geholt, um ihn mit dem Tod zu konfrontieren: Einmal durch das Gift im Drink, einmal durch den Verrat der Liebe. Allerdings nur deswegen, um ihn durch sein Scheitern wachsen zu lassen. Die Action selbst brilliert dabei nicht nur durch eine eindrucksvolle Körperlichkeit. Sie wird in ihrer handwerklichen Ausgereiftheit auch genutzt, um den Charakter des James Bond weitergehend zu definieren, zu schleifen und die Weichen für einen Weg zu stellen, der ihn in seinem Schmerz lebendiger denn je erscheinen lässt. Ein Triumph. [...]

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                                          • 7

                                            [...] Man wähnt sich als Zuschauer vorerst noch in Sicherheit, wenn man Charles und Lulu in die augenscheinlich vorgegebenen Charakter-Schubladen einordnen kann: Der spießige Westentaschenrebell auf der einen Seite und die aufregende Femme Fatale auf der anderen. Wie Gefährliche Freundin schnell deutlich machen wird, sind derartig oberflächliche Zuschreibung in diesem Fall jedoch vollkommen wirkungslos, spannt Jonathan Demme doch ein unwägbares Netz der Versuchung, in dessen Fängen sich nicht nur die Protagonisten immer wieder aufs Neue orientieren müssen. Auch die (im positiven Sinne) brüchige Tonart des Films zeichnet sich durch mutige Sprünge aus und führt das Road Movie mit Screwball-Elementen zur Satire auf die konservativen Ideale der Ronald-Reagan-Ära, bis sich das Szenario schließlich unaufhaltsam verfinstert, um von Ray Liotta (GoodFellas) endgültig in Richtung Psycho-Thriller gestoßen zu werden. Was für ein dunkelbuntes Treiben! [...]

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                                            • 7

                                              [...] Steven Soderbergh appelliert an die überzeitliche Kraft von Bildern. Immer wieder streut er Sequenzen aus Ken Loachs Poor Cow ein, in denen sich ein blutjunger, lachender, liebender Terence Stamp (Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung) vor der Kamera zeigt. Eine Reminiszenz, quasi eine Art Erinnerungsprothese, nicht aus filmischer Perspektive. Dem gegenüber steht nicht nur der eigentliche Film, The Limey, sondern damit auch ein weißhaariger, in die Jahre gekommener Terence Stamp, der sich als Vater auf die Suche nach dem Mörder seiner Tochter macht. Sein halbes Leben hat er hinter Gittern verbracht. Gerade erst ist er wieder auf freiem Fuß und sieht sich schon wieder dazu gezwungen, zur Waffe zu greifen. Das klingt nach Stangenware, oder? Nach obligatorischer, niedertriebiger Vergeltung, besetzt mit Charles Bronson (Der Liquidator).

                                              Mit The Limey allerdings dekonstruiert Steven Soderbergh das Sujet des Revenge-Thrillers und baut auf eine unorthodoxe, geradezu avantgardistische Montagetechnik, die sich der Regisseur bei einem seiner großen Vorbilder, Jean-Luc Godard(Elf Uhr nachts), abgeschaut hat. Dialoge werden vom eigentlichen Geschehen abgespalten, auf verschiedene Zeit- und Handlungsebenen verteilt, was die Wahrnehmung des Zuschauers nicht nur hinterfragt, sondern auch neu konfiguriert. Die Worte, die bisweilen auf gespenstische Art und Weise aus dem Nichts kommen, entstammen nicht zwangsläufig dem gegenwärtigen Moment, sondern gleichermaßen dem Gestern und dem Morgen. Dadurch stimmt Steven Soderbergh einen konzentrierten und experimentellen Diskurs über die Bedeutung von Zeit an. Vor allem darüber, wie schwer man dieser zu leiden hat, wenn man sie verschwendet. Das ist melancholisch, grimmig und – nicht nur technisch - unheimlich interessant. [...]

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                                              • 7

                                                [...] Und so begleiten und beobachten wir diesen Charakter, der natürlich ein Alter Ego Abel Ferraras ist (nicht umsonst spielen seine Frau und seine Tochter hier Stellvertreter-Rollen ihrer selbst), und erkennen in ihm einen Mann, der sich den Gesetzen des Vaterseins nicht beugen möchte oder schlichtweg nicht beugen kann. Seine düstere Vergangenheit, ein fragmentarischer Rauschzustand zwischen Alkoholismus und Heroinsucht, arbeitet Tommaso in Selbsthilfegruppen auf. Unterstützung dahingehend, wie er sein Leben als Vater und Ehemann rechtmäßig gestalten soll, erhält er keine. Vielmehr brodelt in ihm ein von Wut geschwängerter Gefühlscocktail hoch, der sich aus Schuldgefühlen, Besitzansprüchen und Fluchtgedanken ergibt. Immerzu umkreisen Tommaso die Dämonen von Gestern – und gleichzeitig gewährt uns Abel Ferrara damit einen unverstellt-intimen Blick in die eigenen Ängste und Sehnsüchte.

                                                Die wilden, brachialen Zeiten, in denen Abel Ferrara noch als unangepasster Bad Boy Aufmerksamkeit auf sich lenken konnte, haben mit Tommaso und der Tanz der Geister endgültig ihr Ende zu gefunden. Ferrara, dessen Karriere – wie auch jene von Tommaso - seit Jahren stagniert, zeichnet sich hier für ein entschleunigtes, introspektives Alterswerk aus, in dem die Reflexion durchweg Überhand vor der Geste gewinnt. Man kann in dem nabelschaulichen Gestus, den der Film über eine Laufzeit von knapp zwei Stunden aufleben lässt, natürlich auch einen gekünstelten Hang zur Selbstgeißelung erkennen. Damit würde man aber außer Acht lassen, mit welcher Reife und welchem Freimut der inzwischen 67-jährige Ferrara seine Vita, seine Persönlichkeit und seine Gegenwart erforscht. Stimulierend nämlich ist diese selbsttherapeutische Versuchsanordnung, deren Trennlinien zwischen Realität und Fiktion zusehends verlaufen, allemal. [...]

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                                                  über Intrige

                                                  Auch seine letzten Filmen waren alles andere als schlecht, mit Intrige aber landet Roman Polanski endlich wieder einen wahrhaft relevanten Eintrag in die gegenwärtige Kinolandschaft. Ein nicht nur bildsprachlich, sondern auch erzählerisch beeindruckend klarer Polit-Thriller, der sich stimmungsmäßig irgendwo zwischen Der Ghostwriter, Dame, König, As, Spion, Spotlight und Alfred Hitchcock einordnet. Polanski geht es hier nicht darum, seine eigene Person durch das tragische Schicksal einer historischen Persönlichkeit, die zum Angelpunkt eines der größten Skandale der französischen Geschichte wurde, moralisch zu rehabilitieren. Nicht im Ansatz. Stattdessen geht es ihm darum, den gesellschaftlich sanktionierten Antisemitismus des späten 19. Jahrhundert mit der heutigen Zeit zu spiegeln und dabei die Fallstricke einer angeblich intakten Massendemokratie zu untersuchen. Die Parallelen sind so frappierend wie schockierend. Intrige fesselt als hochgradig konzentrierte Reflexion über den blinden Gehorsam von Militärmaschinerien, die fragwürdigen Arbeitsprozesse der Inlandsgeheimdienste und die Allgegenwart institutionell geförderter Unterdrückung. Intrige entwickelt sich dabei entschleunigt, aber niemals langsam. Die nüchtern-beherrschte Inszenierung überträgt die Beklemmungen, in die Mühlen eines rücksichtslosen Verfolgungsapparats gelangt zu sein, umso intensiver auf den Zuschauer. Großartig.

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                                                    [...] Der schwarze Diamant versteht sich als stetig vibrierender Abstieg in eine vollends verzockte Welt, deren inhärente Spielregeln wohl niemand wirklich versteht, sollte es überhaupt welche geben. Genau dieser nebulöse Umstand aber definiert ihren grenzenlosen Reiz und befeuert Howards existenzialistische Hezjagd nach dem großen Coup unaufhörlich. Howard indes liebt diese explosive Atmosphäre zwischen Leben und Tod; diese von Triumph und Verlust geschwängerte Luft, die ihn jeden Tag aufs Neue zum großen Macker oder zur ärmsten Sau im Diamond District von Manhattan erklären kann. Deswegen feilscht er, allein des Feilschen wegen. Deswegen schachert er, allein um des Schachern willen. Deswegen kennen ihn die Leute nicht nur aus durchtriebenes Wiesel, sondern auch als bemitleidenswertes, bisweilen lächerliches Zocker-Würstchen. Er möchte nicht nur mit einem Punkt, sondern mit dreißig Punkten Unterschied gewinnen.

                                                    Adam Sandler nutzt diese Bühne, die ihm die Safdie Brothers hier geboten haben und belohnt nicht nur sich, sondern auch die Zuschauerschaft mit seiner bisher wohl eindrucksvollsten Karriereleistung. Sein Howard Ratner ist ein semi-sympathisches Arschloch im Wett-Wahn, dem das Suchtfieber förmlich aus den Augen wütet. Verzweiflung und Euphorie standen sie selten näher als in der hiesigen Performance von Sandler. Darüber hinaus erweist sich Der schwarze Diamant natürlich als weitere Machtdemonstration der inszenatorischen Brillanz der Safdies. Wie organisch Schnitt, Kamera und der grandiose, teilweise an Tangerine Dream gemahnende Synthesizer-Soundtrack hier ineinander greifen, ist (natürlich ausschließlich positiv gemeint) beängstigend. Spätestens jetzt muss man die Gebrüder für die Zukunft auf dem Zettel haben, uns werden noch einige herausragende Parforceritte erwarten. Im besten Fall auch hierzulande auf der Leinwand. [...]

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