Interview mit Autorin und Regisseurin Monika Treut

05.05.2009 - 12:00 Uhr
Ghosted
Edition Salzgeber
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Drei Fragen an die Autorin, Regisseurin und Produzentin von Ghosted.

Monika Treut spricht über die Struktur und das visuelle Konzept ihres neuen Films Ghosted.

Wie entstand die Idee zu Ghosted?

Die Idee zu Ghosted ist durch eine der Protagonistinnen meines Dokumentarfilms Den Tigerfrauen wachsen Flügel – die Schriftstellerin Li Ang aus Taiwan – an mich herangetragen worden. Li Ang hatte mich mit taiwanesischen Geistergeschichten bekannt gemacht und regte an, dass ich einen Roman von ihr verfilme. Das Projekt hat sich dann zerschlagen. Zurück in Hamburg ergab es sich durch eine glückliche Fügung, dass die junge Autorin Astrid Ströher mir eine Idee für eine Doppelgänger-Geschichte gab. Daraus hat sich etwas sehr Spannendes entwickelt: eine Vermischung des asiatischen Geistermotivs mit dem Motiv des Doppelgängers, das aus der deutschen Romantik stammt.

Die Geschichte von Ghosted spielt auf verschiedenen Zeitebenen, die in ineinander geschoben werden. Warum hast Du Dich für diese Struktur entschieden?

Es geht es um den Tod einer Figur und es geht darum, wie die anderen damit umgehen. Wir beginnen mit der Vergangenheit der jungen Taiwanesin Ai-ling und springen dann mit Sophie in die Gegenwart, nachdem der Todesfall geschehen ist. Die Erinnerungen an die Tote kehren wie ein Trauma zurück und unterbrechen die Struktur der linearen Erzählung. Die Grenzen von Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft werden dadurch aufgehoben und in einen Schwebezustand versetzt. Durch die Figur der geheimnisvollen Journalistin Mei-li entsteht zusätzlich etwas Mehrdeutiges und Geheimnisvolles, was sich nicht restlos aufklären lässt. Die Geschichte dreht sich aber auch um die Liebe. Aus Sophies westlicher Sicht geht es um den Verlust der Geliebten und dass ihr erst dadurch bewusst wird, was sie ihr bedeutet hat. Es geht um Versäumnisse und die Trauer, die aus der Erkenntnis entsteht, etwas nicht gelebt zu haben. Die asiatische Perspektive hat eher mit dem Tod zu tun: Ai-ling ist jung gestorben, sie hat in ihrem Leben noch nichts hinterlassen. Der „Geist“, der sich auf die Spur von Sophie heftet, möchte herausfinden, ob diese junge Frau geliebt wurde. Am Ende des Films werden dann beide Aspekte zusammengeführt, sodass der „Geist“ wieder entschwinden kann: Sophie hat den Prüfungen des Geistes standgehalten – sie hat sich nicht verführen lassen – und der biologische Vater bekennt sich endlich zu seinem Kind. Nun kann die Tote in Frieden ruhen und der „Geist“ hat seine Aufgabe erfüllt. Und die deutsche Sophie kann von ihrer Geliebten Abschied nehmen und hat etwas von der fremden Kultur in sich aufgenommen.

Du hast mit dem Kameramann Bernd Meiners zusammen ein besonderes visuelles Konzept entwickelt.

Wir haben in der Vorbereitung viele Filme zusammen angeschaut. Für die Geister-Elemente haben wir eine Bildsprache entwickelt, die eine zweite Ebene hinter den Bildern erzeugt, um eine Zwischenwelt anzudeuten, in der man nicht mehr weiß, ob es Sophies Projektion ist oder ob wirklich eine andere Realität zum Vorschein kommt: Blicke in den Spiegel, die hinter den Spiegel zielen, auch die Verwendung von anderen Medien, wie den Fotos und den dokumentarischen Videobildern von Sophie, die ebenfalls eine zweite Ebene zur Filmerzählung bilden und in die realistische Seite der Story hineinbrechen.

Mit Materialien der Edition Salzgeber. Ghosted läuft in ausgewählten Kinos. Hier findet Ihr eine Übersicht der Spielorte.

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