Ballers - Unser erster Eindruck

23.06.2015 - 08:50 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
The Rock feat. HBOHBO
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Auf der großen Leinwand startet er momentan so richtig durch: Dwayne Johnson ist in Hollywood der Mann der Stunde. Doch was passiert, wenn sich The Rock mit HBO zusammenschließt und eine Comedy-Serie - namentlich Ballers - auf die Beine stellt?

Während die Jungs aus Entourage soeben (zumindest in den USA) den Sprung auf die große Leinwand geschafft haben, fährt HBO im Rahmen seines jüngsten Line-ups, zu dem sich neben der 2. Staffel von True Detective auch der Neustart The Brink gesellt, mit Ballers ein neues Format auf, das aus mehreren Gründen die Football-Version der von 2004 bis 2011 ausgestrahlt Comedy-Drama-Serie zu sein scheint. Auf der einen Seite wäre da Stephen Levinson, seines Zeichens Creator von Ballers und ehemaliger Produzent von Entourage. Darüber hinaus ist auch Mark Wahlberg, von dessen Werdegang sich Entourage ganz rudimentär inspirieren ließ, in produzierender Position beteiligt. Auf der anderen Seite verlagert Ballers die grundlegenden Themen seiner vermeintlichen Vorgängerserie in die nächste Dekade, wechselt dabei allerdings den konkreten Schauplatz. Dieses Mal befinden sich nämlich Football-Stars, die dem amerikanischen Traum hinterherjagen, im Mittelpunkt des Geschehen.

Legends don't retire. They reinvent.

Genau genommen ist ein Gros dieser athletischen Superhelden, die wir im von Peter Berg inszenierten Pilot vorgestellt bekommen, im unfreiwilligen Ruhestand. Oder zumindest befindet sich ihre Karriere an jenem verhängnisvollen Knackpunkt, der das endgültige Aus für ihre Leidenschaft bedeuten könnte. Wenngleich Lil' Waynes Right Above It -Hymne im fetzigen Opening der Serie noch etwas anderes behauptet: Strahlende Superhelden sind die Protagonisten von Ballers längst nicht mehr. Zwar vermag ein ehemaliger NFL-Champion wie Spencer Strassmore (Dwayne Johnson) seinen Tag mit unheimlicher Coolness und Gelassenheit zu beschreiten, gleichzeitig muss er sich im ersten Kapitel der Serie gleich mehrmals eingestehen, dass sich der einstige Höhenflug in einen schweißtreibenden Albtraum verwandelt hat. Einen Albtraum, aus dem Spencer gleich zu Beginn der Episode erwacht und unmittelbar darauf mit einer ordentlichen Medikamentendosis zu verdrängen versucht.

Kurze Zeit später findet sich der ehemalige Footballspieler vor versammelter Trauergemeinde wieder: Ein Freund und Kollege ist durch einen tragisch-komischen (?) Unfall ums Leben gekommen, ohne seiner Familie auch nur den Ansatz einer bodenständigen Existenz zu hinterlassen. Nicht einmal obligatorische Formalien wie ein Testament oder eine Lebensversicherung bleiben den Angehörigen, um ihr Leben nach der Trauer wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Generell sind diese geordneten Bahnen in Ballers aber nur eine Spaßbremse auf der ewigen Partymeile. Niemand denkt hier an Nachhaltigkeit oder Vorsorge, nur der Augenblick im Hier und Jetzt ist von Bedeutung. Und dennoch: Ballers lässt seinen Figuren nicht auf der Couch liegen oder gänzlich in die Untiefen eines Nachtclubs eintauchen. Während Ricky Jerret (John David Washington) eine wilde Partynacht zum Verhängnis wird, sieht Charles Green (Omar Benson Miller) ein, dass sich nach unzähligen Tüten Chips und dem immer gleichen Nachmittagsprogramm im Fernsehen etwas ändern muss.

Schnell ist klar, wie sich die Schicksale der beiden im weiteren Verlauf der Episode gestalten. Ricky erhält eine zweite Chance von seinem Coach, Charles findet einen Job als Verkäufer bei Chevrolet. So weit, so einfach. Interessant wird Ballers erst, wenn Spencer als verbindendes Glied das moralische Dilemma seiner Zunft offenlegt. Nachdem die einstigen Spieler das Feld verlassen haben, gilt es, sich neu zu erfinden - immerhin besitzen sie noch Namen, der sich verkaufen lassen. Und Spencer begibt sich direkt in die Höhle des Löwen, in der Verkauf ganz groß geschrieben wird. Als Finanzmanager arbeitet er seit einem Jahr für Joe (Rob Coddry), der ihn in erster Linie nur aufgrund seiner Kontakte eingestellt hat. "Monetize your friendships" ist das Credo der skrupellosen Beziehung, die sich ihren wahren Zweck (noch) nicht eingestehen will. Fortan mischt sich Spencer hilfsbereit unter seine Freunde, jedoch mit dem ambivalenten Hintergedanken, sich am Ende per Handschlag von einem neuen/potentiellen Klienten zu verabschieden.

Durchaus ambitioniert in seinen Grundzügen vermag der Pilot den Spagat zwischen Comedy und Drama allerdings kaum auszuführen. Sehr unsicher balanciert Ballers auf dem schmalen Grat, der sich ihm im Streben nach ausufernder Unterhaltung und bissiger Satire offenbart. Die tragisch-düsteren Augenblicke treten zwar immer wieder zum Vorschein, doch vorzugsweise zieht sich Stephen Levinsons in die Ecke seines sonnigen Miamis zurück, in der es völlig legitim ist, am Ende der Trauerfeier die "funeral hoes" auszuchecken, anstelle dem Verstorbenen zu gedenken. Natürlich will Ballers auch ein Teil dieser Welt sein, bemüht sich aber kaum, eine brillant-selbstreflexive Ebene zu erreichen, wie es beispielsweise Michael Bay mit seiner pulsierenden Dekonstruktion des amerikanischen Traums, namentlich Pain & Gain, geschafft hat. Im Auftakt von Ballers existiert zu viel Konstrukt, zu viel Kalkulation.

Bisher wühlt sich die HBO-Serie ausschließlich durch die üblichen Versatzstücke ihrer Version des American Way of Life, die einer unbeholfenen Musikvideofantasie gleicht. Zusammengehalten wird Ballers ausschließlich von seinem ausgezeichnete Cast - allen voran Dwayne Johnson, dessen alleinige Präsenz wohl als legitimer Grund ausreichen würde, um sich auch die kommenden sieben Episoden anzuschauen. So toll The Rock im Zusammenspiel mit seiner prächtig gelaunten Herrenrunde jedoch funktionieren mag: Nach 30 Minuten stellt sich trotzdem die Frage, ob diese wirklich Spaß macht, wenn Frauen ununterbrochen als sexualisierte Objekte in der Ecke des Raums abgestellt werden und nur der Erfolg, das Geschäft die Männer definiert. Ballers ist folglich ein zweischneidiges Schwert, das definitiv Potential besitzt, beim Startschuss selbiges aber fast komplett auf der Strecke liegen lässt und stattdessen nur Behauptungen aufstellt, ohne eine eigene Stimme zu finden.

Gerade letztgenannter Punkt ist dabei die größte Enttäuschung. Selbst wenn Ballers nicht wirklich schlecht ist, gibt sich das Format keinerlei Mühe, die bisher etablierten Konstanten seiner Gattung zu überholen, geschweige denn in Frage zu stellen. Das ist wirklich schade, nicht zuletzt hat HBO erst im vergangenen Jahr mit der zweiten Staffel von The Comeback bewiesen, dass Legenden nicht zwangsläufig in den Ruhestand gehen müssen, sondern sich tatsächlich neu erfinden (in diesem Fall sogar vollständig wiederbeleben) können. Hoffentlich schwappt dieser frische Esprit im Lauf der nächsten Wochen ebenso auf Ballers über, ansonsten ließe sich das Fazit mit Dwayne Johnsons Worten beschließen: "Trending in the wrong direction."


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