Die wahre Geschichte hinter Wonder Woman

23.03.2019 - 08:50 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
What one does with the truth is more difficult than you think ...
Warner Bros./moviepilot
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Als wäre die Geschichte hinter der Comic- und Popkulturikone Wonder Woman nicht schon faszinierend (und unglaublich) genug, so steht die Wahrheit über Diana und die Amazonen dem in nichts nach, und ist gänzlich anders, als im Film dargestellt.

Eins vorweg: Die Schöpferinnen und Schöpfer Wonder Womans haben nie historische Genauigkeit für sich in Anspruch genommen. Dies gilt für die Comics ebenso wie für Wonder Woman und auch den kommenden Wonder Woman 1984. Elemente aus diversen Quellen wurden eingebaut, zitiert, andere weggelassen, um aus und um Diana und den Amazonen ein dramaturgisch stimmiges Narrativ zu schaffen. Dies geschieht immer und überall, und deswegen zeigt Wonder Woman so wenig eine Darstellung der Antike, wie Game of Thrones ein Blick ins Mittelalter, nur mit mehr Drachen, ist.

Eben weil die Antike ganz anders war, ist ein Blick zurück, weit hinter die Filme, die Serie, die Comics, in die Quellen, derer sie alle sich bedienen, umso lohnender. Legt eure Schwerter beiseite, lasst das Schlachtfeld ruhen, denn LilQ erzählt euch, was Wonder Woman euch verschweigt ...

Der Kommentar der Woche von LilQ zu "Wonder Woman - Amazone, Feministin, Fesselfreundin"

Dieser kleine Kommentar handelt nur indirekt von Wonder Woman, denn primär präsentiere ich etwas Background zur der Originstory und geh richtig tief in die Vergangenheit: ins antike Griechenland.

Ich beginne mit ihrem Namen, Diana, der in Zusammenhang ihres Status als Amazone einerseits recht klug gewählt ist, anderseits kann es auch für Verwirrung sorgen. Diese Verwirrung wird durch einige Attribute, wie die Tiara (Götterattribut), welche sie trägt, gesteigert. Diana, andere kennen sie sicher unter ihren anderen (griechischen) göttlichen Namen Artemis, ist nämlich erstmal keine Amazone, sondern Göttin der Jagd. Bevor sie in dem homerischen Epos als junges, verspieltes Mädchen mit Bogen und Tieren an der Seite auftauchte, kannte man sie sicher auch zu den Zeiten der „skythischen“ Amazonen (zu denen komme ich später) als Hekate und Potnia Theron.

Artemis/Diana war und ist nicht das süße, naturverbundene Wesen, was man sich in romantischer Literatur ausmalt, sondern ein blutrünstiges Biest. Ihr häufigster Beiname war „Schlächterin“, weil sie Menschen wie Tiere artgerecht zum Opfer schlachtete. Trat sie als Hekate auf, in dreifacher Gestalt mit Fackeln, dann waren Menschenopfer nicht weit. Grundsätzlich gilt: Die häufigsten Menschenopfer der Antike widmete man Artemis/Diana.

Zwei antike Kulte sind im Zusammenhang mit dieser Gottheit bekannt. Der Artemiskult auf der Krim, von dem man sagt, dass jeder gestrandete und überlebende Seemann der Gottheit geopfert wird und der Dianakult in Nemi (einem Hain nahe Rom), deren Priester, rex nemorensis genannt, ein entflohener Sklave war, der seinen Vorgänger, ebenfalls einen entflohen Sklaven, mit dem heiligen goldenen Ast jenes Hains erschlug.

Nun heißt Wonder Woman ebenfalls Diana, allerdings trägt sie kaum Züge jener Schlächterin, nach der sie benannt wurde. Warum man sie trotzdem so nannte, könnte einen anderen Grund haben: Die Amazonen standen unter dem besonderen Schutz der Göttin Artemis/Diana. Sie war ihre Patronin. Aus diesem Grund fanden die fünf bekanntesten Kunstwerke der Antike, die das Amazonenthema innehaben, Unterschlupf in dem Artemistempel von Ephesos.

Phänotypisch sind sie leicht auszumachen: Sie tragen einen kurzen Chiton, sind bewaffnet mit Bogen, Doppelaxt, Speer oder Schwert und haben eine Brust entblößt. Diese Entblößung macht es einem möglich, sie von den anderen bewaffneten Göttinnen (Artemis/Diana, Athene oder auch Nemesis, die ein Schwert in der Hand trägt) zu unterscheiden. Sie stehen nicht nur unter dem Schutz der Göttin der Jagd, sondern auch unter dem Schutz ihres „Vaters“ Ares, dem Gott des Krieges. Denn die Amazonen werden auch als die Töchter des Ares bezeichnet.

Umso verwunderlicher ist es, wenn man die konstruierte Beziehung zu jenem Gott im Comic verfolgt, denn in den 90igern war er einer ihrer Erzfeinde. Ein Jahrzehnt später ändert sich die Erziehung zu Ares wieder ins Positive, und Wonder Woman beginnt eine Beziehung mit dem Gott der Gerechten Rache, Nemesis.
Auch an dieser Konstellation muss man etwas hadern, denn erstens ist Nemesis eine Frau und zwar eine, mit der man doch mal lieber kein Tête-à-tête eingehen sollte - es sei denn man hat Freude an langjährigen Kriegen und Zvilisationsuntergangsszenarien - und zweitens sind Amazonen Jungfrauen. Wenn Diana Prince also eine Amazone ist und man die Ursprünge jener Narrative, der man sich bediente, ernst nimmt, dann hat sie keinen Sex. Mit Niemandem.

Und somit kommen wir zu dem witzigen Teil der griechischen Mythologie: Jungfrauen mit Waffen.

Alle bewaffneten Frauen der Antike sind Jungfrauen (Athena/Artemis/Amazonen) oder hatten einmal Sex, wie Nemesis (mit Zeus, da kam Helena heraus), und wollen keinen mehr. Der Mythos (Jungfrau mit Waffe) erinnert einen an Jeanne d’Arc und funktioniert nach dem gleichen Prinzip. Junge Frau + Waffe = Jungfrau. Man kann auch auf die albanische Sitte der Eingeschworenen Jungfrauen (burrnesha) verweisen, die bei Sexverzicht, Hosen und Waffen tragen dürfen. Ein No-Go in der albanischen Gesellschaft für Frauen. Aber als Jungfrau... (Walküren sind übrigens auch bewaffnete Jungfrauen).

Frauen mit Waffen können sexy sein. Wie Wonder Woman. Aber Amazonen (Skythenfrauen) waren das sicher nicht. Abgesehen von den O-Beinen durch das viele Reiten, waren sie für ihre Grausamkeit sehr berüchtigt. Die Griechen erzählten sich, dass Amzonenmütter ihren männlichen Kindern Beine und Arme verstümmelten, damit sie nicht kämpfen konnten. Heiraten durfte eine Amazone nur, wenn sie einen Mann im Kampf erschlagen konnte, davor lief nichts im Bett und dann wurde auch nicht mehr gekämpft.
Der Aspekt des Friedens im Film, der mit Amazonen in Verbindung gebracht wurde, wundert mich etwas, denn an diesen halbmythischen, halb an die Skythen angelehnten, längst vergessene Kriegerinnen, war nichts Friedfertiges dran.
So gar nichts.
Wirklich nicht.

Einmal haben die (in der Mythologie) ganz Athen zertrümmert.
Nur so als Info.

Die Ausgrabungsstätte des Originalkommentars findet ihr hier.

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