Ich fühlte mich krank: 3-Stunden-Albtraum mit Joker-Star Joaquin Phoenix ist der schlimmste und beste Filmmarathon des Jahres

11.05.2023 - 14:00 UhrVor 12 Monaten aktualisiert
Beau is Afraid
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Beau is Afraid von Horror-Meister Ari Aster läuft jetzt im Kino. Ich durfte den neuen Film mit Joker-Star Joaquin Phoenix schon vorab sehen und kann ihn sehr empfehlen – aber nicht ohne Warnung.

Nach den Horror-Krachern Hereditary und Midsommar beschrieb Ari Aster seinen neuen Film als Erfahrung, mit der man sich beim Schauen selbst wie ein Loser fühlen soll. Vor dem Kinostart von Beau is Afraid, der ab jetzt auf der großen Leinwand zu sehen ist, durfte ich den Joaquin Phoenix-Mindfuck schon in einer Preview schauen.

Ich habe mich dabei zwar nicht wie ein Loser gefühlt. Stattdessen löste Beau is Afraid in mir eine körperliche Reaktion aus, die ich nur als Krankheitsgefühl beschreiben kann. Macht euch also auf einen 3-Stunden-Alptraum der beklemmendsten Sorte gefasst!

Beau is Afraid ist ein zermürbender Horror-Trip, der sich kaum in ein Genre pressen lässt

Beau is Afraid - Trailer (Deutsch) HD
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Mit seinem neuen Film wollte Aster nicht nochmal einen reinen Horror-Film drehen. Nur: Der von ihm selbst als Komödie eingestufte Film hat mit klassischer Comedy ebenfalls wenig zu tun. Außer ihr findet es lustig, einen neurotischen, angstgeplagten Menschen drei Stunden lang beim Gang durch seine persönliche Hölle zu begleiten.

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Beau is Afraid landet am Ende irgendwo zwischen Psycho-Mindfuck, Horror-Trip, beklemmender Charakterstudie, schwarzhumorigen Fremdscham-Gags und surrealem Höllen-Inferno. (Zum Weiterlesen: Junger Joaquin Phoenix aus Beau is Afraid wollte beweisen, dass er echt ist und scheitert kläglich)

Wenn der Regisseur die Stadt als Umfeld von Phoenix' Titelcharakter gleich am Anfang in ein anarchisches Schlachtfeld verwandelt, auf dem an jeder Ecke der Tod lauern könnte, steigt der Stressfaktor beim Schauen direkt auf ein Maximum.

Schon nach den ersten 45 Minuten von Beau is Afraid habe ich mich gefühlt, als hätte ich einen kompletten Spielfilm überstanden, der mich zwar ab und zu zum Lachen gebracht, vor allem aber meine Nerven ununterbrochen strapaziert hat. Und das war erst der Auftakt dieser 179-Minuten-Odyssee ...

Meine ungewöhnlich körperliche Erfahrung mit dem Joaquin Phoenix-Alptraum

Je länger Asters neuer Film lief, umso mehr breitete sich in mir ein erschöpftes Unwohlsein aus, das ich sonst nur spüre, wenn sich eine Krankheit wie eine Erkältung oder Grippe ankündigt.

Irgendwann war ich mir nicht mehr sicher, ob es am Film liegt oder ob ich wirklich zufällig in diesem Moment krank werde. Gleichzeitig spielten sich auf der Leinwand Bilder von Phoenix als Beau ab, der als Patient/Geisel im Haus einer bizarr gut gelaunten Familie landet, während ein traumatisierter Kriegsveteran-Nachbar wie ein wildes Tier auf den Angriffsbefehl wartet.

Beau is Afraid

Einen kompletten Artikel könnte ich alleine über die Passage schreiben, die Beau nachts im Wald zu einer seltsamen Theatergruppe führt, wo er in einer gefühlt endlosen Animationssequenz plötzlich selbst Teil der folgenden Aufführung wird.

Irgendwann ab der Hälfte von Asters Film hatte ich dann vor der niederwalzenden Wirkung dieses ebenso grausamen wie merkwürdig hypnotischen Filmmarathons kapituliert. Beaus Martyrium wurde zu meinem eigenen – wobei ich mich nicht erinnern kann, wann ich mich zuletzt im Kino so körperlich überlastet fühlte.

In Joker spielte Phoenix einen Mann, der durch die Hölle geht, ganz unten ankommt und als Resultat der grausamen Welt um ihn herum zum psychopathischen Verbrecher (und legendären Batman-Bösewicht) wird. In den drei Stunden von Beau is Afraid habe ich mich hingegen endgültig von der Aussicht auf eine Art moralisch fragwürdiger Katharsis verabschiedet.

Dieses 3-Stunden-Inferno bietet kaum Logik oder eine greifbare Begründung für die surrealen Episoden in Beaus Leben. Selbst Bruchstücke aus Rückblenden, die das kaputte Verhältnis zwischen der Hauptfigur und seiner Mutter vertiefen sollen, passen kaum noch mit der finalen Auflösung zusammen, bei der ich dachte, endgültig den Verstand verloren zu haben.

Wahrscheinlich war es das quälende Martyrium von Beau, die oftmals unerträglich in die Länge gezogenen Szenen und die für einen Film dieser Art kolossale 3-Stunden-Laufzeit, die meinen Körper letztendlich bezwungen haben.

Mit Beau is Afraid hat Ari Aster jedenfalls den ungewöhnlichsten, herausforderndsten und (auf positive Art) anstrengendsten Film des bisherigen Kinojahres abgeliefert. Meine Meinung zu dem Werk ist also eine große Empfehlung – und gleichzeitig eine deutliche Warnung. Am nächsten Morgen ging es mir übrigens wieder gut.

"Beau Is Afraid": Dieses Paranoia-Epos sprengt alles!

In der neuen Ausgabe des FILMSTARTS-Podcast Leinwandliebe spricht Moderator Sebastian und sein Gast Christoph über "Beau Is Afraid", den neuen Film von "Midsommar"-Macher Ari Aster. Ob der Film den hohen Erwartungen gerecht wird und mit welchen Wassern man gewaschen sein muss, um dieses Epos durchzustehen, erfahrt ihr im Podcast.

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