Tonnenweise Kunstblut und Nicolas Cage: Renfield hätte die perfekte Horror-Komödie sein können, ist aber zu 80 Prozent eine Vollkatastrophe

26.05.2023 - 09:33 UhrVor 11 Monaten aktualisiert
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Nicolas Cage als Dracula, dessen Angestellter über eine Selbsthilfegruppe versucht, seinem Meister zu entkommen? Klingt zu gut, um wahr zu sein! Und tatsächlich macht der Kino-Horror wenig aus seiner Prämisse.

Der Protagonist von Renfield steht vor einem scheinbar unlösbaren Problem: Er will seinen Job kündigen, weil das Arbeitsumfeld immer toxischer geworden ist. Ganz so einfach ist das aber nicht, schließlich arbeitet er seit Jahrhunderten für Graf Dracula ist hauptverantwortlich dafür, dass der regelmäßig frisches Blut zwischen die langen Beißer bekommt? Als Renfield (Nicholas Hoult) eine chaotische Polizistin kennenlernt, die gegen die mächtigste Gang der Stadt ermittelt, wird alles noch komplizierter – doch im Chaos steckt auch eine einmalige Chance für den verzweifelten Angestellten. Sein blutsaugender Chef darf nur nicht mitkriegen, was er plant.

Nicolas Cage spielt 35 Jahre nach Vampire's Kiss wieder eine potenziell legendäre Vampirrolle: Dracula. Einen besseren Grund, ab dem 25. Mai 2023 ins nächstgelegene Kino zu stürmen, kann es doch eigentlich gar nicht geben – oder? Nun, das dachte ich auch. Bevor ich die Horror-Komödie von Chris McKay dann gesehen habe.

Die toxische Beziehung zwischen Nicolas Cage als Dracula und Nicholas Hoult als Renfield ist unfassbar witzig – für 15 Minuten

Was nützt Unsterblichkeit, wenn man sie nur in blutverkrusteten Schatten fristen kann? Wie passen ein mystisches Monster wie Graf Dracula und sein käferfressender Untergebener ins 21. Jahrhundert? Welchen Platz nehmen Vampire in einer Welt ein, in der es nicht mehr viele Fledermaus-infizierte Burgen gibt, aber jeder einen Instagram-Account hat? Die Serie What We Do in the Shadows (basierend auf dem unglaublich guten Film 5 Zimmer Küche Sarg) findet darauf ebenso unterhaltsame wie rührende Antworten.

Renfield, der Film, startet mit einem Bild, das sich ebenfalls frisch anfühlt: Renfield, der Diener, besucht eine Selbsthilfegruppe für Opfer missbräuchlicher Beziehungen. Vordergründig, um neue unfreiwillige Blutspender für seinen Meister zu finden (die missbräuchlichen Täter). Eigentlich befindet aber auch er sich in einer toxischen Beziehung – nur eben mit Dracula. Und nach mehreren Jahrhunderten Zusammenleben versteht auch er langsam, aber sicher, dass ihm das Ganze nicht mehr guttut.

Seht hier den finalen Trailer von Renfield:

Renfield - Final Trailer (English) HD
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Die Dynamik zwischen Nicolas Cage und Nicholas Hoult ist die pulsierende Aorta der Horror-Komödie. Cages Dracula zieht alle Register, um seinen Renfield zu manipulieren. Der wiederum mietet sich heimlich in ein kunterbuntes Apartment ein und versucht, sich als positiver, lebensbejahender Dulli neu zu erfinden. Da steckt Spannung drin, da gibt es Konflikt, das ist wirklich, wirklich witzig und tut – in seiner absurden Überzeichnung realer Beziehungsmuster – auch ein bisschen weh.

Leider machen diese Szenen gefühlt 15 Minuten des Films aus. Da Renfield aber eine Laufzeit von 93 Minuten hat, bedeutet das: 78 Minuten, die mit irgendetwas anderem gefüllt werden müssen. Und bei diesem "irgendetwas" haben sich die Filmschaffenden allem Anschein nach ähnlich viel Mühe gegeben wie Renfield beim Versuch, für seinen vampirischen Boss eine ganze Cheerleader-Mannschaft aufzutreiben. (Spoiler: wenig.)

Die Horror-Komödie vereint Vampire mit Drogen-Gangs und wird von Sekunde zu Sekunde bescheuerter

Die Nebenhandlung, die zunehmend mehr Raum einnimmt, geht nämlich ungefähr so: New Orleans befindet sich fest in den Händen der Lobo Gang, deren komplettes Schaffen sich auf die Punkte Kokainhandel, Folter und verprügelt werden in albernen Tiermasken reduzieren lässt. Die Polizistin Rebecca (Awkwafina) hat sich geschworen, die Lobos zu Fall zu bringen. Schließlich sind die für den Tod ihres Vaters verantwortlich. Durch Zufall lernt sie Renfield kennen, der sie bei einem Bar-Kampf gegen die Lobos unterstützt. Sie werden Freunde und beschließen, sich gegenseitig zu helfen.

Doch korrupte Kolleg:innen stehen ihnen dabei ebenso im Weg, wie ein komplett stupides Drehbuch, das seine Charaktere von einer kunstblutschwangeren Action-Sequenz in die nächste stolpern lässt, die nur unwesentlich von hölzernen Quatsch-Dialogen auf Studierendenfilm-Niveau unterbrochen werden.

Polizistin Rebecca (Awkwafina, Mitte) will die Stadt aus den Fängen der Lobo-Gang befreien

Die Motivation der Figuren, die eine haben, bleibt größtenteils eine Behauptung. Tedward Lobo (Ben Schwartz) will sich durch die Zusammenarbeit mit Dracula als zukünftiger Gang-Boss positionieren. Warum genau und was hier der konkrete Plan ist, scheint Drehbuchautor Ryan Ridley allerdings nicht zu interessieren. Bei Polizistin Rebecca wird gegen Ende des Films mehrfach von Angeboten gesprochen, die sie ausgeschlagen hätte, weil sie sich zu sehr auf ihren Rachefeldzug gegen die Lobos eingeschossen habe. Das müssen wir dann mal so glauben, denn der Film zeigt uns nichts davon.

Renfield ist eine verpasste Chance – und funktioniert für mich nicht mal als Trash-Fest

Kein moralischer Zwiespalt, keine wahrhaftige Verzweiflung, keine Möglichkeit für Schauspielende oder Publikum, irgendetwas zu fühlen. Stattdessen muss alles gleich albern sein – egal ob unterhaltsame Splatter-Prügelei, emotionale Aussprache oder Momente, in denen Opfer über ihre Erfahrungen mit einem missbräuchlichen Partner sprechen.

Trash ist gut, wenn er weiß und zelebriert, dass er Trash ist. Renfied hingegen ist so überzeugt von der eigenen Witzigkeit, so berauscht davon, eine moderne Vampirgeschichte mit Aufklebetattoos tragenden Scarface-Cosplayern zu erzählen, dass der Film sich am Ende anfühlt wie die Pausen, die er jedem offensichtlich konstruierten Joke nachschiebt: trotz der Kürze quälend lang und niemand lacht.

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