Mohammad Farokhmanesh über sein Reich des Bösen

15.01.2009 - 08:30 Uhr
Reich des Bösen - Fünf Leben im Iran
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Reich des Bösen - Fünf Leben im Iran
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Regisseur Mohammad Farokhmanesh spricht über seine Dokumentation Reich des Bösen.

Der Dokumentarfilm Reich des Bösen – Fünf Leben im Iran von Mohammad Farokhmanesh porträtiert das Leben fünf verschiedener Menschen in der iranischen Hauptstadt Teheran. Er begleitet zwei Frauen, zwei Männer und ein junges Mädchen in ihrem Alltag inmitten der islamisch geprägten Gesellschaft des heutigen Irans und gewährt dabei einen Blick hinter die Kulissen des Gottesstaates.

Wie sind Sie auf die Idee für die Dokumentation gekommen?
Als ich vor 15 Jahren nach Deutschland gekommen bin, haben mir die Leute Fragen gestellt, die mich doch sehr verwunderten. Ob es im Iran eigentlich Telefon gäbe, ob meine Eltern jeden Tag zum Beten in die Moschee gehen und so weiter. Darüber hinaus stellte ich fest, dass Leute, die mich nicht kannten, mich allein aufgrund meines Namens “Mohammad” unterbewusst oder bewusst mit Radikalismus in Verbindung brachten oder sich gar abwertend äußerten.

Auch wenn das teilweise in spaßhafter Form geschah, habe ich doch gemerkt, dass da ein Bild vom Iran entstanden ist, das schief hängt. Also habe ich mir die nicht ganz einfache Aufgabe gestellt, dieses Bild mit Hilfe eines Filmes wieder gerade zu rücken, ohne aber mich rechtfertigen zu müssen. Ich wollte dem westlichen Zuschauer also im Grunde nur ein klares, verständliches Bild von einer anderen, ihm fremden Kultur vermitteln.

Warum ist der Titel des Films “Reich des Bösen”? Was steht dafür?
Der Titel ist inspiriert von einem Begriff, den insbesondere George W. Bush, vor ihm aber auch schon Ronald Reagan, verwendet hat. Darin wird der Iran als Teil einer angeblichen “Achse des Bösen” bezeichnet. Den Titel habe ich bewusst als Kontrast zu dem im Film gezeigten Alltagsleben einfacher Menschen im Iran gewählt. Mir ist wichtig zu zeigen, dass der Iran nicht nur aus seiner Regierung besteht, sondern aus 70 Millionen Menschen, mit ganz normalen Sorgen und Nöten. Diese Menschen sind unglücklicherweise Teil eines politischen Spiels, in dem plakative Begriffe verwendet werden und darunter leiden die Leute. Das schließt auch meine Familie ein, die noch im Iran lebt, als auch viele Iraner, die sich im Ausland aufhalten.

Wie haben Sie die Protagonisten ausgewählt?
Ganz unterschiedlich. Insgesamt habe ich mit über 500 Leuten gesprochen, bis ich mich für die fünf entschieden habe, die im Film zu sehen sind.
Ich wollte vier Protagonisten aus den für mich wichtigsten Bereichen Religion, Kunst und Sport mit dabei haben und zusätzlich ein Kind, das einen unschuldigen Blick auf die Gesellschaft hat und noch nicht von ihr geprägt wurde. Generell war es sehr schwierig überhaupt Leute zu finden, die gewillt waren, vor eine Kamera zu treten und gleichzeitig interessant genug waren. Viele hatten Angst, weil sie sich nicht vorstellen konnten, wie der Film am Ende aussehen würde und auch vor eventuellen Konsequenzen.
Um das kleine Mädchen zu finden, haben wir zahlreiche Kindergärten in Teheran kontaktiert und genau beschrieben, was wir suchen. Fast 50 Eltern und ihre Kinder haben sich dabei gemeldet. Einiges lief auch über persönliche Bekanntschaften. Ich hatte ein Team vor Ort, dass sich in der Vorbereitungsphase nur mit der Suche nach geeigneten Protagonisten befasst
und mir einen randvollen Terminkalender beschert hat.

Im Film sieht man ein “böses” Land. Ein Land, welches in der Weltpolitik immer sehr stark diskutiert wird, aber auch Menschen mit Empfindungen zeigt. Wollten Sie damit eine bestimmte Botschaft transportieren?
Der Film hat mit Sicherheit eine Botschaft, aber das ist nichts, was ich explizit vermitteln wollte. Ich habe lediglich versucht, ein klares realistisches Bild zu zeigen und wollte mich vor allem nicht politisch, sondern auf einer menschlichen Ebene mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Es wäre wünschenswert, wenn der Film den Horizont des westlichen Publikums erweitert.
Niemand sollte kritiklos annehmen, was in den Schlagzeilen steht, sondern genauer hinschauen. Dass es auch viele Probleme im Iran gibt, ist bekannt und wird in meinem Film auch nicht verschwiegen.

Copyright: Mit Material von mitosfilm

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