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Spiele-Empfehlung: MOGEKO CASTLE

13.09.2014 - 16:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
MOGEKO CASTLE Screenshot
Deep-Sea Prisoner
MOGEKO CASTLE Screenshot
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Gedanken zum abstoßenden und doch herzlichen Einblick in das Psychogramm einer ungewissen Jugend

Jenseits der gängigen Videospielerfahrungen unserer modernen Zeit, zwischen dem Überangebot an Blockbuster-Titeln auf den markigsten High-End-Konsolen, gibt es immer wieder einige unerforschte Abenteuer zu entdecken, die ganz unscheinbar in den zahlreichen Portalen des Internets schlummern, aber einen ganz markanten, bizarren Impact in sich tragen. Eines dieser wilden Exemplare stellt das mit dem Programm RPG Maker, vom japanischen User Deep-Sea Prisoner, entwickelte Spiel MOGEKO CASTLE aus dem Jahre 2012 dar, in welchem man die junge, aber zurückgenommene Gymnasiastin Yonaka Kurai durch eine surreale, feindselige Welt steuert. Jene wird bevölkert von niedlich ausschauenden, aber tödlich-perversen Wesen, Mogekos genannt, die Yonaka meistens in Gruppen jagen, um mit ihr furchterregende Dinge zu veranstalten, mit klarer Tendenz zur Vergewaltigung und zum Mord.

Dieser Kontrast allein erscheint schon provokant und krass, aber das Spiel hält sich auch vom Gesamtdesign her nicht zurück, eine komplett irre Welt zur Erkundung zu schaffen, in der blutrote Gewalt und siffiger Sleaze die Aura beherrschen, zudem immer wieder in verzerrten Dimensionen aufgelöst wird und ein Ensemble an durchweg unbegreifbaren, jovial-perfiden Kreaturen beherbergt. Darin kommt auch der schwarze Humor nicht zu kurz, denn so liebevoll Manga-artig wie alle Charaktere in Sprites und einzelnen Detailzeichnungen dargestellt werden, so absurd-niedlich eröffnen sich dem Spieler ebenso die bestimmten Details und Umgangsformen dieser Welt, allen voran die religiöse Anbetung der omnipräsenten Prosciutto-Fleischsorte, um mal ein Beispiel zu nennen.

Über allem liegt zudem eine markante, psychologische Note hinsichtlich einer möglichen, verdrängten Verarbeitung von Vergangenem, von (körperlichen, adoleszenten) Ängsten, von einer ewigen Liebe Yonakas zum eigenen, scheinbar geistig-entzweiten Bruder und vorallem von der Suche und Anerkennung des individuellen Glücks, welche auf der metaphysischen Ebene des in Kapiteln eingeteilten Prozederes des Spiels parallelisiert und letzten Endes empathisch-behutsam und doch bitter konfrontiert wird. Nicht umsonst werden in der Welt der Mogekos sogenannte Defekte vom Rest der Gemeinschaft in Gefangenschaft ausgeschlossen und exekutiert, während sich jedoch auch unter ihnen Fieberwellen und sonstige psychotische Verhaltensweisen ausbreiten.

Yonaka findet in all dem Wahn dann auch einen Freund unter den Defekten und kämpft sich mit ihm durch das eigentlich sehr direkte und in nur etwa drei Stunden einfach zu meisternde (aber nicht einfach zu verarbeitende) Psycho-Game, welches in seinen Mechanismen zwar recht archaisch bleibt, aber immer wieder effektiv-hetzende Schreckens-Szenarien und brutal-komische Absonderlichkeiten inszeniert - wobei die mit reichlich Text und einigen drollig-gruseligen Bildern unterlegte Vermittlung der Geschichte und deren Charaktere im dringlichen Hauptfokus des Gameplays bleibt. Emotional erlebt man dabei so ziemlich jede erdenkliche, meistens ungemütliche und ungewisse Stimmung, bis hin zur melodramatischen Tragik und urigen Verwirrung.

Schließlich birgt der ganze Schrecken aber auch einen sympathischen Witz und eine freche, sogar irgendwo-unbedarfte Eigensinnigkeit, die einem unweigerlich ans Herz wachsen wird, selbst in solch einem abgefuckten Setting kuriosester und aggressivster Fantasien. MOGEKO CASTLE schrammt bewusst kritisch an moralischen Grenzen und gibt sich teils recht explizit, doch inmitten der ungebändtigten Krudität steckt eine ehrliche, intime und ausschöpfend-originelle Arbeit einer komplexen und doch nachvollziehbaren Seele. Oder einfacher gesagt: die japanische Kultur und ihre medialen Produkte bleiben weiterhin unendlich-facettenreich. MOGEKO CASTLE ist online kostenlos zum Download für PC und MAC erhältlich.

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