Cast Away - Verschollen zählt sicherlich zu den bekanntesten Filmen des neuen Jahrtausends. Nicht zuletzt da er kontinuierlich mehrfach im Jahr seinen festen Sendeplatz zur Primetime im deutschen TV-Programm wiederfindet. Viele schätzen ihn als unterhaltsamen Abenteuerfilm, die Handlung ist jedem klar, ein Reinzappen nahezu zu jedem Zeitpunkt möglich. Immer wieder aufs Neue begeistert Tom Hanks im Alleingang in seiner Rolle als einzig Überlebender eines Flugzeugabsturzes, gestrandet auf einer einsamen Insel und hinterließ damit auch seine Spuren in jedermanns Alltag. Wer von uns hat nicht schon mal am frisch entzündeten Grill gestanden und ein tiefes "Ich habe Feuer gemacht" ausgestoßen oder beim Beachvolleyball kurzzeitig schmunzeln müssen, sobald der kursive Schriftzug der Firma Wilson auf dem Spielgerät zu lesen war? Und dennoch sind es nicht die vielen Episoden des beeindruckenden Überlebenskampfes bis hin zur Rettung des Chuck Noland, die hier die geforderte Lieblingsszene bieten. Vielmehr dienen sie nur als Mittel zum Zweck, denn das zentrale Thema ist die Liebe, die Liebe der Hauptfigur zu seiner zurückgelassenen Freundin Kelly, welche ihn über 4 Jahre hinweg am Leben hält und welche er gleich zweimal verlieren wird...
Über knapp zwei Stunden hinweg begleitet der Zuschauer Chuck Noland in seinem einsamen Dasein fernab jeglicher Zivilisation, seine Kelly stets als kleines zunehmend verbleichendes Innen-Foto einer nicht funktionierenden Taschenuhr bei sich. Die Hoffnung auf ein Wiedersehen ist alles, was ihm noch bleibt und eines Tages schenkt ihm das Schicksal die Möglichkeit eines Auswegs in Form einer zerbrochenen Außenwand einer mobilen Toilettenkabine...
4 Wochen sind vergangen seitdem ihn ein Frachtschiff im Ozean auflesen konnte, ein Flugzeug bringt ihn zurück nach Memphis, die Welt steht Kopf, etliche Pressetermine warten. Kelly ist mittlerweile verheiratet, hat eine Tochter und sei mit dem Umstand seiner Wiederkehr vollends überfordert, wird ihm mitgeteilt - sie brauche Zeit. Dennoch zieht es Chuck mitten in der Nacht bei strömendem Regen zu ihr, er kann nicht anders...
Schon wenn Sie den verunsichert eintretenden Chuck nach all der Zeit erstmals wieder in ihre Arme schließen kann, schießt mir das Wasser in die Augen. Welch unglaubliches Gefühl muss das sein und wie unfassbar authentisch gespielt von Hanks und Hunt. Er ist sich bewusst: er kann nicht bleiben, sie so unendlich erleichtert. Eine Unterhaltung folgt, in welcher durchweg eine tiefe Trauer seinerseits zu vernehmen ist. Sich seiner Verantwortung bewusst, verschweigt er seine wahren Gefühle, belässt es bei oberfächlichen Nettigkeiten. Als er nun letztlich in seinem Auto, welches Kelly nie abgab, widerwillig langsam die Einfahrt hinunter fährt, bricht es aus ihr heraus...
Er hört sie seinen Namen rufen, da kann der Regen noch so laut auf die Scheibe prasseln. Nun endlich kann auch Chuck loslassen, ein Kuss folgt, der für einen kurzen Moment ihr gemeinsames verloren geglaubtes Leben zurückbringt. Eine Umarmung, in der uns nun seine Gefühle dargeboten werden. Wie hat er sich nach diesem Moment gesehnt! Spätestens bei ihrem "You Are The Love Of My Life" packt es mich dann immer wieder aufs Neue. Im Auto sitzend, ihr Puls bei 180 der fragende nahezu flehende Blick: Was nun? Von Emotionen geleitet einfach losfahren und nie zurückschauen!? Nein, unmöglich, "You have to go home". Helen Hunts Blick in diesem Moment der Erkenntnis ist herzzerreißend, ganz großes Kino und meine Lieblingsszene.
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