Venedig 2009 zeigt Michael Moores Liebesgeschichte an den Kapitalismus

07.09.2009 - 08:55 Uhr
Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte
Concorde
Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte
0
0
Das Filmfestival stiehlt der Berlinale die Show und zeigt politisches Kino, mit einem Michael Moore, der wie immer wenig subtil mit der Faust draufhaut. Gefeiert wurde sein neuer Dokumentarfilm trotzdem.

Michael Moore hat es wieder einmal fertig gebracht, dass sich die Augen der weltweiten Filmgemeinde auf ihn konzentrieren. Als erster Dokumentarfilm überhaupt läuft sein Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte im Internationalen Wettbewerb von Venedig. In Zeiten der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise, von Depression und Regression versteht sich sogar dieses älteste, ehrwürdige und eigentlich auf Glamour festgelegte Filmfest als politisches und stiehlt gewissermaßen der Berlinale, die immer von sich behauptet, das politischste unter den großen Festivals zu sein, die Show. Die Kritiker waren gespannt auf den Film, erwarteten aber zugleich einen typischen Michael Moore und wurden scheinbar nicht enttäuscht.

Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte zeigt vieles: die Zurückgebliebenen in der verlassenen Autostadt Detroit, die völlig am Boden ist; ein Ehepaar aus Illinois, das sein Haus verlor und nun ohne Habe da steht; Arbeitende, die von ihrer Arbeit nicht mehr leben können, weil sie zu wenig verdienen, und, und … Michael Moore zeigt die Symptome der kapitalistischen Gier, die die Menschen vergisst und nur noch den Extra-Mehrwert im Auge hat. Wie Christina Tillmann im Tagesspiegel feststellt, gab es schon in der Pressevorführung “kräftig Applaus, als Michael Moore mit Wucht offene Türen einrennt. Nicht, dass er über die Hintergründe der Bankenkrise Neues zu berichten hätte. In der typischen Moore-Manier aus Holzhammerargumentation und polemischen Gegenschnitten wird die Geschichte des Kapitalismus von den alten Römern bis heute erzählt, unterlegt mit wuchtigem Actionfilm-Soundtrack. Es beginnt mit Sklavenhaltung, Brot und Spielen im alten Rom, die nahtlos mit Fabrikarbeitern, Irakkrieg und Bushs Administration überblendet werden, und mündet bald im großen Showdown, dem Zusammenbruch.”

Daniel Sander im Spiegel würde Michael Moore gerne seine extrem selektive Wahrnehmung vorwerfen, Tatsachenverdrehung und billige Polemik. “Eine echte Lösung hat er auch nicht zu bieten, er deutet höchstens an, dass man es vielleicht wieder mit etwas Sozialismus versuchen könnte. Entscheidend aber ist: Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte ist ein rundherum ehrliches, leidenschaftliches Projekt. Der Film fordert Gerechtigkeit und Veränderung für eine Welt, in der es zu vielen Menschen viel zu schlecht geht.”

Laut Michael Althen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geht es bei Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte “um alles – und dann auch wieder um nichts, weil er die Bilder einsetzt, wie es ihm in den Kram passt, und wo er keine Argumente hat, zeigt er besonders gerne weinende Kinder. Wenn man sich zwischendurch vorstellt, dieselben Methoden würden auf eine weniger gerechte Sache angewandt, kann einem schlecht werden. So vorgetragen, bekommt der Zorn auf die Banken etwas Wohlfeiles, der nur blind statt irgendetwas sichtbar macht. Lichtere Momente hat der Film nur, wenn Moore als Provokateur und Performancekünstler auftritt.”

Macht Euch selbst ein Bild und schaut Euch den Trailer an. Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte kommt bei uns am 12. November in die Kinos.


Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News