(The) Master of Disguise

Woran erkennt man, dass man es höchstwahrscheinlich mit einem richtig miesen Film zu tun bekommen wird? Daran, dass er sich nicht mal entscheiden kann, wie er denn nun heißt. Offiziell lautet der Titel des Films "Master of Disguise", während der Credits am Anfang erscheint allerdings eindeutig die Wortabfolge "The Master of Disguise". Wie amateurhaft muss man unterwegs sein, um solch einen Fauxpas zu begehen?

Ansonsten ... Dana Carvey spielt einen italoamerikanischen Volldeppen, der in der großen Verwandlungskünstlerfamilie Disguisey (haha ...) aufwächst. Blöd nur, dass er eigentlich für alles zu dumm ist, und als sein Vater, unfassbarerweise von James Brolin gespielt, von Devlin Bowman, unfassbarerweise von Brent Spiner gespielt, entführt wird, muss er sich am Riemen reißen und die große Kunst der Verwandlungen erlernen.

Ja, das ist der ganze Plot. Gut, es gibt noch ein Kind und ein Love Interest, aber die sind eher Window Dressing oder vielmehr Italian Dressing - abgelaufenes Italian Dressing. Der Film sieht unglaublich billig aus. Wohin genau die 16.000.000$ flossen ... in den Kokainkonsum der Beteiligten? Who knows? Who cares? Die gesamte Prämisse dient sowieso nur dazu - you guessed it -, die fabelhaften Stimmenimitations"talente" des Herrn Carvey zu präsentieren. Dabei klingt eigentlich keine seiner Stimmen wie das Original. Eher wie eine Parodie des Originals. Etwas, was ich selbst noch nie witzig fand. Und selbst, wenn ich es witzig fände, fehlt hier leider eine monströs wichtige Ingredienz: der Humor. Der ist nämlich so platt und fade und schmerzhaft unwitzig wie das "italienische" Essen bei Olive Garden (Anm. d. Autors: Ich war nie da, hörte aber, es sei schrecklich).
Tatsächlich nur ein einziger Witz funktioniert, und das ist beschämenderweise ein Running Fart Gag, also ein Running Gag übers Furzen. Da musste ich tatsächlich lachen. Vielleicht war's der Wahnsinn, in den mich der Film getrieben hatte, vielleicht war es Brent Spiners angesichts des Niveaus des Präsentierten viel zu enthusiastische und hingebungsvolle Performance. Aber dieses Furzen amüsierte mich einfach.

Und nebenbei ist dieser Film dann auch noch ... beleidigend. Nicht "so politisch inkorrekt, dass es witzig ist" (wie beispielsweise "Dinner in America"), sondern einfach beleidigend. Carvey fährt den ganzen Film über einen cartoonesken italienischen Akzent, und als er zwischendurch in schönstem Brownface und, you guessed it², cartooneskem indischem Akzent die Worte "I'm Prince Lali Jhamba from the Ringy Dingy Heights near Bombay, Calcutta and New Delhi, India, India, India" zum Besten gibt, stellt sich noch dem anti-wokesten Menschen die Frage: ernsthaft? Im Jahr 2002 dachte man nicht, dass das vielleicht irgendwie ... vielleicht ... öh ... fuckin' problematisch sein könnte?
Aber hey ... scheiß drauf. Wir haben uns um Wichtigeres zu kümmern. Die Turtle-Szene! Die beste Szene, die es jemals in Komödien, jemals im Stand-Up, jemals im Universum gab! Diese Szene ist so witzig, sie zeigt der Divina Commedia, wo der Hammer hängt (während sie gleichzeitig die heutige Definition von Komödie als humoristischem Werk mit der damaligen Definition der Narrativen Poesie verwechselt). Dana Carvey und sein Co-Autor Goldberg (nicht der mit den Spears) haben weltumspannende, Zeitalter überdauernde, das Alpha und das Omega definierende ... drei Minuten aufgewandt, um jeden zweijährigen Kindergartenknirps in vollgekackter Hose sagen zu lassen:"Two poopy thumbs up!". Ein Meisterwerk, diese Szene. In 1000 Jahren werden Archäologen eine DVD aus den Sedimentschichten herauskratzen, dieses filmische Präzisionsfeuer analysieren und sich nach kurzer Zeit dem Alkohol zuwenden, weil sie gemerkt haben werden, dass ihre Zerebralorgane zu unterentwickelt sind, um diesen, nennen wir es beim Namen, Arthouse-Dadaismus je vollends verstehen zu können. Hail Dana Carvey! Hail the Magnificent Turtle of Omniscience!
(die Szene besteht im Übrigen aus Dana Carvey, der in einem Turtle-Kostüm in einen Gentleman's Club namens Turtle Club geht und knapp zwei Minuten und 30 Sekunden lang fast ausschließlich das Wort Turtle sagt. Man möge sich selbst ein Bild davon machen: https://www.youtube.com/watch?v=M3H2nnxQFLs&ab_channel=NOWCOMEDY)

Im Übrigen dauerte der Film knappe 70 Minuten. Richtig gelesen. 70. Obwohl ... nein, ich muss mich korrigieren. Er dauerte 60 Minuten, gefolgt von zehn (!) Minuten an Outtakes. I'm dead fuckin' serious. Und trotzdem fühlte sich der Film länger an als das eine Mal, als ich erst 20 Joints gekifft hatte, dann aus Versehen Andy Warhols "Empire" in Slow-Motion schaute und schlussendlich eine fünf Jahre alte Steuererklärung auf orthographische Fehler überprüfte.

0,5/10

PS: Pfzltht (aka: https://www.youtube.com/watch?v=vAuA4E83ZzE&ab_channel=Jersmoke)

Es folgen morgen noch, so hoffe ich, Reviews zu "Sinners" (ließ mich ratlos zurück, 5/10), "Godzilla Minus One" (tausendmal besser als der amerikanische Schmonz und trotzdem hochgradig mittelmäßig, 4/10) und "Red Rooms" (unglaublich nervenaufwühlend und unangenehm, keine leichte Kost, aber jede Minute wert, 7,5-8/10), eventuell auch noch zu "Small Soldiers" (weniger Satire als höchst amüsante Komödie, 7,5/10), "Dead Men Don't Wear Plaid" (wunderbare und wunderbar witzige Hommage an den Film Noir der 40er-Jahre, 7/10) und "Priscilla - Queen of the Desert" (behäbig angefangen und dann immer stärker geworden, dazu überraschend progressiv für das Erscheinungsjahr, während er sich trotzdem Seitenhiebe auf die LGBTQ-Community erlaubt (zum Glück!), 7/10).

Community-Meinung zu Meister der Verwandlung