Die Zukunft der 3D-Technik ist eine der spannendsten Fragen, die die Branche derzeit beschäftigen. Für eine Weile lockte das stereoskopische Verfahren die Zuschauer in überwältigenden Massen in die Kinos. Auch die drei bisher erfolgreichsten Filme des Jahres, die weltweit die Milliardengrenze an eingespielten Dollars überschritten haben, wurden in 3D gezeigt. Ein Blick auf die Zahlen dürfte die Freude dämpfen. Zumindest die von all jenen Orakeln, die der 3D-Technik einen glorreichen Siegeszug prognostiziert haben. Doch wenn der Hype wirklich vorbei ist, wohin wird die 3D-Reise führen?
Die Zahlen sagen: Meh!
Mit dem Kinostart von Planet der Affen: Prevolution wurde das Ende der sommerlichen Blockbuster-Saison in den USA eingeläutet. Deswegen ist es an der Zeit, zurück zu blicken und Bilanz zu ziehen. Drei Filme haben dieses Jahr weltweit über eine Milliarde Dollar eingenommen. Wenig überraschend heißen diese Pirates of the Caribbean – Fremde Gezeiten, Transformers 3 und Harry Potter und die Heiligtümer des Todes 2. Sie alle gab es dreidimensional zu bestaunen, aber nur einer dieser Blockbuster konnte mit befriedigenden 3D-Ergebnissen auftrumpfen.
Transformers 3 verdankte am Startwochenende immerhin 60 Prozent seines Einspielergebnisses den 3D-Vorführungen. Das ist nicht so gut wie bei Avatar – Aufbruch nach Pandora (ca. 70%), aber wesentlich überzeugender als die Zahlen der beiden Konkurrenten im Milliardenclub. Der achte Harry Potter-Film kam auf magere 43 Prozent, das vierte Piratenabenteuer schnitt mit 38 Prozent kümmerlicher ab. Da heutzutage für gewöhnlich die Hälfte aller Leinwände eines solchen Blockbusters für 3D-Vorführungen reserviert ist, lassen sich die Ergebnisse nicht mehr mit der Verbreitung der Technik schönreden. Schlimmer noch: Die Blockbuster dieser Sommersaison haben gar einen Durchschnittswert von rund 40 Prozent beim 3D-Anteil.
Im August letzten Jahres veröffentlichte TheWrap ein paar eindrückliche Diagramme, welche den Niedergang der 3D-Zahlen seit dem Kinostart von Avatar – Aufbruch nach Pandora verfolgen. Einen Sommer später steht fest, dass sich die meisten neuen Blockbuster wie Captain America – The First Avenger und Green Lantern mit einem 3D-Anteil von rund 40 Prozent zufrieden geben müssen.
Die Zuschauer sagen: Nö!
Die Zeichen deuten auf eine Ermüdung des Zuschauerinteresses hin, wenn es um die 3D-Technik geht. Dabei sind die Studios auf den Ticketaufschlag stereoskopischer Vorstellungen angewiesen. Ein nicht von 3D-Aufschlägen getrübter Blick auf den Sommer zeigt, dass der zweidimensionale Fast & Furious Five, Eröffnungsfilm der Saison, mehr US-Zuschauer für sich gewinnen konnte als Thor, Captain America – The First Avenger, die grüne Floplaterne und der vierte Fluch der Karibik. Der Schein der hohen Einspielergebnisse trügt gewaltig.
Bisher boomt vor allem der internationale Markt in Sachen 3D-Einspiel, doch auch hier kann in den nächsten Jahren mit einem Sättigungseffekt gerechnet werden. Doch womit ist dieser zu erklären? Dreamworks Animation-Chef Jeffrey Katzenberg gab kürzlich den Konkurrenten die Schuld, in dem er den hastig postkonvertierten Filmen die Verantwortung für den Imageschaden der wiederbelebten Technik zuschob. Filme wie Kampf der Titanen und Thor hätten die Zuschauererwartungen hinsichtlich der 3D-Effekte enttäuscht. So meinte er, dass Hollywood selbst Die Dämpfung des Trends herbeigeführt habe: “Die Zuschauer haben gesprochen und sie haben sehr deutlich gesprochen.”
Während James Cameron in 3D weiter die Zukunft zu sehen glaubt, verweisen viele Kritiker auf die unausgereifte Technik. Für mich war der 3D-Effekt nicht der einzige Grund, bei Avatar wachzubleiben. Die Kopfschmerzen halfen ebenfalls. Eine aktuelle Studie will nachgewiesen haben, dass 3D die Zuschauerfahrung im Kino nicht verbessert. Hinzu kommen dunklere Bilder mit einer reduzierten Sättigung und natürlich die bescheuerten Brillen. In Zeiten ökonomischer Krisen dürfte der 3D-Aufschlag sein übriges tun, um die Zuschauer davon abzuhalten, die teuren Vorstellungen zu besuchen.
Das Ende des Hypes und der Anfang der Etablierung
So lange die Brillen nicht abgeschafft werden, können sich die Träume von James Cameron bzgl. der Herrschaft der 3D-Technik nicht erfüllen. Das scheint klar. Abseits der rein technischen Stolpersteine steht immer noch ein großer Elefant im Kinosaal. Der eigentliche Nutzen des 3D-Effekts ist nicht gänzlich erschlossen. In den meisten Filmen wird er auf die Tiefe des filmischen Raumes heruntergebrochen. Das bringt zwei Probleme mit sich. Erstens: Warum soll ich dafür Geld bezahlen, dass mir ein paar Gegenstände ins Gesicht geworfen werden? Zweitens: Das zweidimensionale Filmbild ist dazu fähig, eine räumliche Tiefe zu erzeugen und will keinen Aufschlag dafür. Anders gesagt: Wären die Steadycam-Fahrten in Shining in 3D wirklich gruseliger?
Jeden Montag versuche ich hier, ein paar vorsichtige Spekulationen über den künftigen Werdegang meiner Lieblingskunst anzustellen. Zum Thema 3D werde ich mich mal weiter aus dem Fenster lehnen.
Meine Prognosen:
Eine Analyse der Zahlen zeigt, dass die 3D-Technik höchstens bei Megaproduktionen wie Avatar eine Sogwirkung auf die Mehrzahl der Kinobesucher haben kann. Das nächste Projekt dieser Größe könnte Der Hobbit: Eine unerwartete Reise von Peter Jackson werden, doch selbst hier ist es eher unwahrscheinlich, dass die Herr der Ringe-Fans die 3D-Technik umarmen. Avatar war meiner Meinung nach eine Ausnahmeerscheinung, ein Phänomen, wie es nur alle zehn Jahre vorkommt und dasselbe gilt für die damalige Popularität der 3D-Technik.
Ist 3D dem Tode geweiht? Ich glaube kaum. Anders als in den 50er und 80er Jahren sind die Kinoketten nun gezwungen, 3D-Filme in großem Umfang zu zeigen. Wenn die Zuschauerzahlen in den nächsten Jahren nicht wundersamer Weise in die Höhe springen, wird sich daran wenig ändern. Auf Dauer werden die hohen Preise kaum zu rechtfertigen sein, schließlich ist der Aufschlag nur mit der Refinanzierung der 3D-Projektoren zu begründen. Im Idealfall werden sich die Preise von 3D- und 2D-Vorstellungen wieder annähern, das alles unter der Voraussetzung, dass die Technik nicht nochmal eine umwälzende innovative Neuerung erfährt.
Was wird aus 3D? Ich betrachte 3D als einen Effekt, so wie C.G.I. Effekte sind oder aber maßloser Gore. Deswegen wird 3D auf Genrefilme beschränkt bleiben, die besonders stark auf Effekte bauen. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, was Filme wie Brautalarm oder meinetwegen The King’s Speech – Die Rede des Königs, Filme, die von der schauspielerischen Interaktion leben, durch 3D gewinnen könnten. 3D wird nicht verschwinden, aber auf Blockbuster und billigere Genre-Ware beschränkt bleiben. Dabei wird sich die Zahl der 3D-Vorstellungen deutlich verringern.
Natürlich ist es sehr früh für solche Spekulationen. Viel hängt davon ab, was Regisseure wie Steven Spielberg (Die Abenteuer von Tim und Struppi – Das Geheimnis der ‘Einhorn’) und Martin Scorsese (Hugo Cabret) aus der 3D-Technik machen. In vielerlei Hinsicht befinden wir uns gerade an einem Scheideweg der Filmgeschichte und das ist wirklich spannend.
Ich habe meine Prognosen vorgetragen. Jetzt seid ihr dran: Hat 3D eine Zukunft und wenn ja, wie sieht die aus?