ACTA lebt in Spanien weiter

14.07.2012 - 08:50 UhrVor 13 Jahren aktualisiert
Andere Länder, andere Abkommen
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Andere Länder, andere Abkommen
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Die Zeit vergeht, der Ärger bleibt. Auch diese Woche gab es reichlich Anlass, um aus der Haut zu fahren. Vor allen Dingen ein Thema lässt viele Menschen nicht zur Ruhe kommen.

Es ist noch gar nicht so lange her, da war eine Raubkopie der qualitativ minderwertige Mitschnitt aus dem Radio. Keiner störte sich daran, wenn der Kassettenrekorder gegen den Lautsprecher gehalten wurde. Auch das Aufnehmen eines Films auf VHS war vollkommen in Ordnung, sofern nicht Dutzende Kopien gemacht und verkauft wurden. Da ein solcher Aufwand heutzutage aber gar nicht mehr notwendig ist und sich eine ganze Industrie am geistigen Eigentum anderer bereichert, müssen neue Richtlinien her. Dabei schießt manch einer jedoch gewaltig über das Ziel hinaus.

Im Aufreger der Woche wird das illegale Downloaden thematisiert, gegen das Spanien mit aller Härte vorgeht.

ACTA nicht das Ende
Aufatmen war vor nicht langer Zeit angesagt, denn das umstrittene Anti-Counterfeiting Trade Agreement, kurz ACTA, wurde zumindest vorläufig vom Tisch gefegt (will sich als CETA jedoch von hinten einschleichen). Um den Schutz von Urheberrechten zu gewährleisten, sollte die Vereinbarung am öffentlichen Diskurs vorbei beschlossen werden. Schon das demokratischen Grundsätzen widersprechende Verhalten wäre ein Anlass zum Aufschrei gewesen, noch schwerer wog allerdings der Inhalt des Abkommens. Die mehr als schwammige Formulierung hätte Rechtsverletzungen noch und nöcher nach sich gezogen. Von Datenüberwachung bis hin zur von Regeln entbundenen Internetpolizei wäre alles drin gewesen. Proteste brachten diesen Unfug letztlich zum Scheitern. Ende gut, alles gut. Oder etwa doch nicht? Dass weiterhin mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird, zeigte sich erst vor kurzem wieder.

In Spanien wird gesperrt
In Spanien ist es der Unterhaltungsindustrie gelungen, unliebsame Internetseiten, so klein sie auch sein mögen, abzuschießen. Dienlich ist ihnen dabei ein erst am 1. März verabschiedetes Anti-Piraterie-Gesetz, das nach der ehemaligen Kulturministerin Ángeles Gonzáles-Sinde benannte “Ley Sinde”. Getroffen hat es Vagos.es, eine Seite, auf der sich die Nutzer über Gott und die Welt austauschen können. Natürlich wurden auch dann und wann Links gepostet, die zu Rapidshare oder Megaupload weiterleiteten. Für die “Kommission des geistigen Eigentums” (ein Name, den sich George Orwell nicht besser hätte ausdenken können) Grund genug, die Seite sperren zu lassen. Das “Ley Sinde” sieht nämlich vor, dass dieser Rat der ach so Weisen entscheiden darf, ob eine Website als Vermittler der Verbreitung illegaler Downloads gilt. Angeschwärzt werden die “Täter-Plattformen” natürlich von der Unterhaltungsindustrie. Gnädigerweise wurde Vagos.es noch die Möglichkeit eingeräumt, sämtliche Posts mit nicht zulässigen Links zu löschen. Bei über fünf Millionen Usern und unzähligen Beiträgen war dies jedoch unmöglich.

Ein Plan für China
Spanien ist nicht Deutschland, aber wenn in einem europäischen Land solche Gesetze durchkommen, dann ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis auch hier der Wahnsinn Einzug hält. Dass es auch anders geht, hat die Filmbranche der USA gezeigt. Nur war deren Sinneswandel purer Pragmatismus und nicht etwa Einsicht. Um in China, einem Mekka der Filmpiraterie, doch noch den ein oder anderen Dollar zu verdienen, haben die großen Hollywood-Studios mit den chinesischen Video-Portalen Lizenzabkommen unterzeichnet. Gegen eine bestimmte, von den Portalen entrichtete Gebühr können sich die Bewohner der Volksrepublik ganz legal Tausende Filme und Serien angucken – aktuelle, wohlgemerkt. Um sich die neuesten Blockbuster ansehen zu können, muss der User nur läppische 62 Cent berappen. Zusätzlich wird auch noch über Werbung Gewinn generiert.

Was in China aus der Not heraus vorangetrieben wird, steckt im demokratischen Westen noch in den Kinderschuhen. Anstatt attraktive Angebote zu entwickeln, die illegales Downloaden überflüssig machen würden, wird lieber die Gesetzes-Keule ausgepackt und draufgekloppt. Fraglos sollen diejenigen, die ihr Geld mit Filmen oder ähnlichem verdienen, nicht übers Öhr gehauen werden. Aber es kann und wird auf Dauer keine Lösung sein, Website-Betreiber zu drangsalieren oder Internetnutzer pauschal Verdächtigungen auszusetzen. Das Ziel muss sein, Regeln zu finden, die für alle Parteien akzeptabel sind.

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