Beginner's Guide & Stanley Parable — gebt uns mehr davon!

14.10.2015 - 17:00 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
The Stanley Parable
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The Beginner's Guide wühlt mich auch nach Wochen noch auf und beschäftigt mich, wie es ein Skyrim oder Fallout nie geschafft haben. Nur woran liegt das? Und warum bleiben diese Spiele Exoten, wenn die Nachfrage offensichtlich besteht?

Wie so viele meiner Kollegen und Freunde habe auch ich The Beginner's Guide gespielt, den neusten Eintrag in der Spielographie des Stanley Parable-Machers Davey Wreden. Und ab hier fällt es mir bereits schwer, weiter über diese Erfahrung zu sprechen. Auch nach rund zwei Wochen geht mir dieses Spiel nicht aus dem Kopf — und langsam, nur ganz langsam, beginne ich zu verstehen, was ich aus den rund zwei Stunden Spielzeit mitnehmen möchte: Ich will über eingerissene Mauern spazieren, ich will vierte Wände durchbrechen, ich will in einen Dialog mit Videospielen treten. Das hat mir The Beginner's Guide klar gemacht.

Unsichtbare Anspannung

Es war nicht das Ende des Spiels, das mir, wie vom Entwickler beabsichtigt, schließlich die Augen am weitesten öffnete.

Die Off-Stimme von Entwickler Davey Wreden  führt mich gerade noch durch verschiedene, teilweise unfertige Level, die sein Freund Coda in den letzten Jahren programmiert hat, bis der Kontakt zwischen den Beiden schließlich abbrach. Gemeinsam mit Wredens Stimme rekapitulieren wir Codas Arbeit — und irgendwo während dieser recht unspektakulären Erkundungsreise, lange bevor ich die Moral der Geschichte erreicht hatte, stürzte das Spiel plötzlich ab.

The Beginner's Guide ist keine leichte Kost.

Ich landete auf dem Desktop-Bildschirm und wusste nicht einmal, ob das Spiel Speicherpunkte oder ähnliches besaß. Und obwohl ich weder eine spannende Zwischensequenz noch einen besonders schönen Moment durch den Rauswurf verpasst hatte, spürte ich Frustration und Wut in mir brodeln. Lange war ich nicht mehr so wütend gewesen.

Den Tod von Lee am Ende der erste Staffel The Walking Dead hatte ich nach einigen Tagen verdaut, das knapp verlorene League of Legends-Match ist normalerweise nach wenigen Minuten vergessen und auch den Permadeath meines Diablo-Charakters überwinde ich schließlich nach einem verheulten Wochenende — doch die Wut und Frustration, die mir die unsanfte Trennung von The Beginner's Guide bereitete, habe ich noch immer nicht komplett verarbeitet.

Aber — wieso eigentlich?

Der unterbrochene Dialog

Der ungewollte Zwischenfall hatte eine Verbindung gestört, die ich bis zu diesem Moment Klick um Klick mit dem Spiel aufgebaut hatte. Erst die plötzliche Unterbrechung zeigte mir, wie tief und intensiv der Dialog eigentlich gewesen war, den ich mit The Beginner's Guide bereits eingegangen war. Durch die direkte Ansprache des Sprechers aus dem Off, der sich in meine Gehörgänge bohrte, als würden wir uns in diesem Moment am Telefon sprechen, fühlte ich mich involviert, als Teil — vielleicht sogar Protagonist — des Spiels.

Everybody's Gone To The Rapture macht euch zum Protagonisten seiner Geschichte.

Die meisten Spiele wagen es nicht, diese vierte Wand zu uns zu durchbrechen, sondern öffnen lieber eine Tür, durch die stattdessen wir selbst ihre Welt betreten können: In Charakter-Editoren basteln wir unseren Stellvertreter in den virtuellen Weiten und erleben durch ihn oder sie die Abenteuer und Geschichten, die die Entwickler für uns vorbereitet haben. Das ist die Regel, das ist die Tradition, die moderne und klassische Definition eines Videospiels.

Es ist nicht verwunderlich, dass aus dieser eintönigen Landschaft Spiele wie The Stanley Parable, The Beginner's Guide oder auch Everybody's Gone to the Rapture deutlich herausstechen: Diese oftmals als Walking Simulatoren bezeichneten Spiele nehmen euch Inventar, Nebenmissionen, Minikarte und Ultra-Brutal-Heavy-Exekutionen weg und schenken euch dafür einen kommentierten Spaziergang. Dass dieser Rundgang durch den digitalen Code auch extrem aufwühlen kann, zeigt The Beginner's Guide eindrücklich.

Diese Eindrücke lassen mich mit einem Wunsch an die Entwickler zurück: Statt dass wir, die Spieler, immer die Vordertür in eure Welten nehmen müssen, will ich zukünftig viel häufiger sehen, wie Teams mit Vorschlaghämmern die Barrikade zwischen Spiel und Spieler niederreißen, die vierte Wand entfernen und in den direkten Dialog mit uns treten. Die Erfolge der Spiele, die dies in der jüngsten Vergangenheit zaghaft und mit voller Wucht versucht haben, zeigen deutlich: Wir, die Spieler, sind bereit für diese Art von Spiel und die Gleichförmigkeit der modernen Spielelandschaft bietet ihnen den perfekten Nährboden.

Und bitte, bitte hört auf, "Walking Simulatoren" zu sagen.

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