Ihre Haare und ihr Make-Up sitzen immer noch so perfekt, wie schon vor 50 Jahren. Ich kann es kaum glauben, dass die französische Diva Catherine Deneuve ihren 70. Geburtstag feiert, denn anzusehen ist es der agilen und attraktiven Frau gewiss nicht. Die meisten kennen, oder glauben Catherine Deneuve als kühle Blondine zu kennen, die sich gerne in anzüglichen Rollen und als distanzierte Frau zeigt. Catherine Deneuve ist eine abgeklärte Diva und eine der interessantesten Persönlichkeiten im (französischen) Filmgeschäft. Ich gratuliere der Grand Dame des cinema français und versuche ihr nicht über ihre filmischen Erfolge, sondern auf einer persönlichen Ebene zu begegnen.
Aus einer Schauspieler-Familie stammend legten ihre Eltern Catherine das sichere Auftreten in der Öffentlichkeit bereits in die Wiege. Das Mädchen aus Paris hatte dennoch nie vorgehabt Schauspielerin zu werden. Als sie noch zur Schule ging, drehte ihre ein Jahr ältere Schwester, die wunderbare Françoise Dorléac (Deneuve benannte sich nach der Mutter) Die kleinen Sünderinnen und die Produzenten suchten jemanden, der ihr ähnlich sieht, um ihre Filmschwester zu spielen. „Meine Schwester sieht mir sehr ähnlich“, meinte das Mädchen zu den Produzenten und weil gerade Sommerferien waren, nahm die Schülerin Catherine Deneuve auch an den Dreharbeiten teil.
Sehr nah brachte die beiden unterschiedlichen Schwestern ihre gemeinsame Hauptrolle in Jaques Demys komödiantischem Musikfilm Die Mädchen von Rochefort, der zu einem großen Erfolg wurde. Wenige Monate nach den lustigen Dreharbeiten jedoch verstarb Catherines Schwester Françoise bei einem Autounfall. Es sollte Jahre dauern, bis die schöne Französin über den Tod ihres Familienmitglieds öffentlich sprechen kann. Rückblickend ist die Schauspielerin sehr froh diesen Film gedreht zu haben, der ihre Bindung zu ihrer Schwester stärkte. Catherine hatte damals bereits ein Kind und ihre Schwester war stets unterwegs, da hatten die beiden kaum Zeit füreinander. 2007 drehte sie mit Regisseur Gael Morel Der Tag, der alles veränderte, in welchem sie die Rolle einer trauernden Mutter übernimmt, die bei einem Autounfall ihren Sohn verlor. Anfangs fürchtete sie, diese Rolle würde ihr zu nahe gehen, doch es trat etwas Unerwartetes ein. Die Dreharbeiten waren sehr witzig und Catherine Deneuve verlor spät in ihrer Karriere erst die Angst sich in einer Rolle diesem Jugendtrauma zu stellen.
Ihre Schönheit hat Catherine Deneuve seit jeher bloß als Privileg wahrgenommen und pflegt ein ambivalentes Verhältnis zu ihrem Aussehen. Schönheit sei etwas Ungerechtes, meint sie. Die Filmdiva zog sich 1965 für den Playboy aus und dennoch hat sie dies keinwegs von ihrem Sockel der Unantastbarkeit geholt. Eher hat es ihr Image als distanzierte Schönheit noch verstärkt. Dieses Image brachten ihr nicht nur die viel besungenen Rollen der psychisch gestörten Maniküristin in Roman Polanskis Ekel und der Hausfrau, die sich im Bordell anbietet, in Luis Buñuels Belle de jour – Schöne des Tages ein. In letzterem führte sie doch tatsächlich mehrere Streitgespräche am Set mit dem Regisseur, der ohne sie wohl einen weit freizügigeren Film gedreht hätte. Auf ihre Meinung hat die sture Frau stets beharrt. Auch mit dem guten Freund Francois Truffaut ließ sie sich des öfteren auf hitzige Diskussionen ein. Er fand (zumindest in den 1960ern und 1970ern) das Kino wichtiger als das Leben. Bei Catherine war dies stets umgekehrt. Nichts wäre spannendere als das Leben, meint die Französin auch heute noch.
Die begehrte Schauspielerin war und ist eine große Bewunderin von Divenkollegin Marilyn Monroe. Die beiden Frauen könnten aber nicht unterschiedlicher sein. Während Monroe für ihre liebenswerten Komödien und ihre Verletzlichkeit bekannt ist, bevorzugte Catherine Deneuve immer schweren und auch verstörenden Filmstoff. Sie hätte sich nie etwas vorgemacht, meint sie. Eine selbstkritische Betrachtungsweise wäre schlichtweg ihr Naturell. Um sich etwas vorzugaukeln, müsse man zärtlich mit sich selbst umgehen, doch das wäre nicht ihre Art. Da ist es kaum zu glauben, wie angreifbar die Dame plötzlich wirkt, wenn sie in Anne Andreus berührenden Dokumentarfilm Catherine Deneuve – Schön und geheimnisvoll vom einmaligen Filmeschauen mit ihrer Enkeltochter erzählt.
Von einem sogenannten Gesamtwerk der Catherine Deneuve hätte sie selbst keine Vision, denn sie lebt im Hier und Jetzt. Dies Frau hat so viel interessante und spannende (Kino-)Zeitgeschichte miterlebt und auch mitgeprägt, dass ich meinen Ohren kaum trauen kann, als ich sie sagen höre, dass sie sich nicht sicher ist eine Spur hinterlassen zu wollen. Sie fühle sich als Durchreisende. Preise entgegen zu nehmen fiele ihr aus diesem Grund ebenso schwer, wie dem Stillstand zu unterliegen. Sie will nicht das Sahnehäubchen sein und zu einer Institution werden, sondern stets in Bewegung bleiben und Neues versuchen. Doch Catherine Deneuve wäre nicht Catherine Deneuve, wüsste sie nicht, dass das alles nicht so einfach ist: „Hommagen muss ich jetzt annehmen, weil es nachher zu spät sein wird.“ Ein kurzes Lächeln huscht über ihre Lippen in Anbetracht der eigenen makaberen Abgeklärtheit, die hier zutage tritt.
Eine Spur wird diese zeitlose Diva mit Sicherheit hinterlassen und ich gratuliere ihr anlässlich dieses runden Geburtstages zu einer wundervollen Karriere, die hoffentlich noch ein paar Highlights bringt.