Es ist ein Phänomen: Der Prozess einer Theaterproduktion. Es ist eine intensive Zusammenarbeit und stetige Auseinandersetzung; mit den Machern und den Schauspielern, der Bühne und dem Stoff. Normalerweise entstehen Theaterstücke nicht auf einer Tafel, selten skizzieren Regisseure Story-Boards oder dergleichen, selten wissen sie genau, was sie wollen, können das Verhalten der Darsteller nur ahnen und nicht vorhersehen. Das macht die Theaterproduktion so spannend, das allein macht sie zu einer eigenen Geschichte, die zu filmen sich lohnen würde.
In der Dokumentation Schöne blonde Augen begleiten Simon Brückner und Anna Reinking eine Gruppe des Theaters Terra est vita aus dem Wendland. Sie arbeiten an einem Stück zum Thema „Geburt“. Ein für die Protagonisten besonders schwieriges Thema, weil sie allesamt geistig behindert sind und teilweise die eigene Geburt auf traumatische Art und Weise erlebt haben. Acht Monate lang werden die Protagonisten bei ihren Probearbeiten begleitet, bis zur Premiere an der Berliner Akademie der Künste. Die Kamera fängt dabei Menschen ein, die auf der Bühne ihre eigenen Realitäten schaffen und den überaus menschlichen Wunsch nach dem Anderssein sich erfüllen. So verschwimmen konkrete Grenzen zwischen normal und behindert, Konturen werden weich gezeichnet.
Die Dokumentation kommt ohne Erzählstimme aus, die Bilder sprechen für sich: „Zu Beginn stand die Entscheidung, den Film aus der direkten Konfrontation mit den Schauspielern zu entwickeln. Ihre Sichtweise, ihr Welterleben war es, was uns vor allem interessiert hat. Das bedeutete unter anderem, ganz bewusst weniger auf sprachliche Erklärung, auf Interviews und Figuren wie z.B. die Regisseurinnen zu setzen“, erzählt Simon Brückner, der sofort das Gefühl hatte, dass „dort ein Film liegt, der geboren werden will“, als er die Theatergruppe vor der Produktion besuchte.
Nichtsdestotrotz haben die Macher zu jeder Zeit ihren Film im Kopf gehabt, auf das Geben und Nehmen einer solchen Produktion aufmerksam gemacht. Schließlich sind es meistens die tragischsten Szenen, die am schönsten sind, die emotional schwierigsten, die beim Zuschauer einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Anna Reinking: „Die Terra ist ein Ort, wenn Du da aus dem Auto steigst, selbst wenn Du noch nie da warst, dann rennen erst mal drei Leute auf Dich zu, nehmen Dich in den Arm und lassen Dich so schnell nicht wieder los. Ich habe wirklich selten eine so offene und herzensgute Gemeinschaft erlebt. Das war natürlich toll, machte eine gewisse Abgrenzung für uns persönlich und unsere Arbeit aber auch nötig.“
Schöne blonde Augen startete am 19. März in ausgewählten Kinos in Berlin. Die Kinotermine könnt Ihr der offiziellen Internetseite des Dokumentarfilms entnehmen. Hier ein Ausschnitt aus dem Film: