Einfach erklärt: ich habe meine endlos vielen CDs durchkramt und die Geister vergangener Weihnacht gefunden. Unter viel Schrott war auch viel Gutes. Merket: dies hier ist krine Liste meiner Lieblingsalben als Teenager, sondern, was ich aus heutiger Sicht als perfekte Musik für Leute zwischen 12 und 16 erachte. Und darüberhinaus, da man ja selten so ganz erwachsen wird. Also dann: go!
10. Demi Lovato - Don't Forget (2008)
Klar, hier kann man gut und gerne argumentieren, dass Titeln wie "La La Land", in dem es darum geht, dass sich Demi Lovato nicht an Hollywood-Ansprüche anpassen will, etwas geheuchelt sind. Aber nichtsdestotrotz bietet "Don't Forget" durchgehendes Vergnügen durch überaus feierliche Poprock-Ohrwürmer, positive Botschaften und charismatische Präsenz der Interpretin, die zu der Zeit gerade den Guilty Pleasure-Film Camp Rock am Start hatte. Dabei zeigt sich Fräulein Lovato durchaus stark und selbstbewusst, selbst wenn sie den Freund oder Ex adressiert und lässt Anflüge einer kleinen Rebellin erkennen. Man kann sich auch schlechtere Vorbilder nehmen. Und das musikalische Output macht 11 Songs lang Spaß, von denen - anders als bei einigen Werken ihrer damaligen Kollegen - ganze 9 aus ihrer eigenen Feder stammen.
9. Britney Spears - Oops!... I Did it Again (2000)
Ich glaube, kaum jemand bringt das Gefühlschaos jugendlicher Liebesbeziehungen so süßlich und unwiderstehlich herüber wie die alte Britney Spears. Also vor der Glatze. Zunächst das unschuldige Mädchen, welches doch nur mal etwas vom Nektar naschen will, dann die Herzensbrecherin durch Zufall, und dann mit "Britney" oder "In the Zone" die Phase, wo man meint, Erwachsenwerden bedeutet viel Sex. Auf "Oops!... I Did it Again" dreht sich alles um das poppige Leben in Phase 2. Dabei ist sie im Vergleich zu ihrem Wahnsinns-Debut schon etwas gereift: "My Loneliness ain't Killing Me No More" heißt es auf "Stronger". Die Persona, die sie hier verkörpert, entwickelt nach dem romantischen Schmetterlinge-in-Bauch-Gefühl des Vorgängers doch etwas Stärke und macht, wie etwa im Titeltrack, auch mal Erfahrungen am anderen Ende des Beziehungsspiels. Muss auch mal sein. Das fragwürdige Stones-Cover übersehe ich mal dezent.
8. Linkin Park - Meteora (2003)
So, Linkin Park waren zu diesem Zeitpunkt wohl kaum Mainstream, das kam erst zu einem späteren Zeitpunkt. Trotzdem sehe ich jetzt mal darüber hinweg, denn wo einige Teens sich in den Plätzen 10 und 9 wohl und heimisch fühlen, geht es anderen wiederum etwas weniger fröhlich. Die teilweise selbstzerfleischenden Texte ("I don't wanna be the one the battles always choose / Cause inside I realise that I'm the one confused") der Nu Metal-Band dürften den Bedürfnissen all jener, die sich im schwarzgrau verwischten Nebel trüber und melancholischer Teen-Angst verloren gegangen glaubten, eher entsprechen. Eine Katharsis zu finden, selbst zum "Zu-Papier-bringen" angeregt zu werden oder einfach zu wissen, dass man nicht alleine ist - die Musik auf "Meteora" kann in besonders schwer zu ertragenden, depressiven Zeiten vor dem Einsatz ein scharfen Schneide bewahren.
7. Katy Perry - Teenage Dream (2010)
Von den Grauen eines Nu Metal-Rauschen zu den kunterbunten Klängen einer poppigen, singenden Zuckerwatte. Katy Perry lädt in ihr Tortenwunderland ein, wo jeder der oder die sein kann, die sie/er ist, und sich dessen nicht zu schämen braucht. Dabei besingt die gute Frau Hudson die unschönen Folgen einer ungezügelten Party der Facebook-Generation inkl. Einbeziehung der sozialen Netzwerke ("Pictures of last night ended up online - I'm screwed!"), die Vorbereitung auf das erste Mal (wie süß kann ein Titeltrack zu einem Album mit so einem Namen schon sein? Sehr!) oder das Stark- und Sich-selbst-treu-bleiben ("Baby you're a fiiiiiiiirewoooooooork!"), egal, was die anderen sagen. Und dann ist da noch diese Female Empowerment Attitüde, die zu feierlich ist. Wer die geballte Ladung Selbstbewusstsein und Jugend-Zeitgeist will --> anhören!
6. Conchita Wurst - Conchita (2015)
Okay, ich habe erst kürzlich erfahren, dass dieses Album in Deutschland nicht mal annähernd mit einem so großen Knall aufgenommen wurde wie in Österreich, wo es nicht nur in einer Woche Platin ging, sondern auch furios und euphorisch von den Medien rezipiert wurde. Trotzdem sollte man dieses Album gehört haben. Mehr als einmal. Vom Powertitel "You are Unstoppable" über die den ESC-Siegertitel "Rise Like a Phoenix" bis zum theatralischen "Put that Fire Out" - ein reinstes Plädoyer für Toleranz, Individualismus und Liebe. So ein herzerwärmendes Werk mit wunderbar komponierten Liedern, interpretiert von so einer großen Stimme, das perfekte Album für alle, die es extravagant und ausufernd mögen und ein friedvoller Kampfschrei für alle, die sich mal ungeliebt fühlten. Besser kann man gute Werte nicht vermitteln. Und dazwischen gibt es auch den ein oder anderen persönlichen Moment, ein Liebeslied oder so.
5. Kelly Clarkson - Breakaway (2004)
"Breakaway" ist ein perfektes Break Up-Album, welches alle Einstellungen und Facetten eines frisch getrennten Weges beleuchtet. Auf "Since U Been Gone" besingt Poprockerin Kelly Clarkson, wie gut sie sich nun so frei fühlt, auf "Because of You" sieht sie, dass sie, auch wenn nun alles vorbei ist, trotzdem einiges aus der Beziehung mitnehmen konnte, in "Behind Those Hazel Eyes" trauert sie den vergangenen Zeiten nach, während sie im Titeltrack selbstbewusst den Entschluss fasst, einen Schlussstrich zu ziehen und sich zu lösen. "Gone" handelt davon, dass Clarkson bereits abgeschlossen hat, als ihr Ex sie wieder zurück will. Der fetzige, kraftvolle Poprock-Sound brachte die Sängerin, deren größter Erfolg zuvor in der pathetischen Ballade "A Moment Like This" lag, endgültig vom Image eines Castingsternchens weg - sie ist eine starke Frau, die selbst ordentlich was auf dem Kasten hat.
4. Avril Lavigne - Let Go (2002)
Was Avril Lavigne seinerzeit so erfrischend machte, war, dass die Rockgöre sich weder dem Image der Pop-Prinzessin noch dem der sexy Fantasie. Sie war rotzfrech und burschikos und ermutigte andere, weiblich wie männlich, gleichauf rebellisch zu sein. "Sk8er Boi" ist ein wunderbares Lied über ein oberflächliches Mädchen, welches einen rebellischen Jungen verschmäht und es bitter bereut. Auch wenn sie heute sicher weniger revolutionär wahrgenommen wird - sie hatte ganz schön Eier, dieses Image so konsequent durchzuziehen, im Mainstreampop. Und ja, es geht um Liebe weit über der Gürtellinie, es geht ums Beziehungschaos und es geht um Selbstbewusstsein wie auch -zweifel. Und auch, wenn man das alles schon hatte - so rotzig, aufmüpfig und authentisch wie Avril hat man das im Mainstream selten gehört. "Let Go" ist ein selbst geschriebenes Teenie-Album für diejenigen Teens, die sich so gar nicht ins "Idealbild" einfügen wollen - für Mädchen, die auch mal zuschlagen und Jungs, die Spaß am Vorspiel haben.
3. Tokio Hotel - Scream / Room 483 (2007)
Dass es auf dieser Liste ist, war doch zu erwarten, oder? Gut. Jetzt da ihr schon mal hier seid, nutze ich die Gelegenheit mal, euch zu konvertieren. "Scream", mit welchem Tokio Hotel in den USA eine überraschende Karriere starteten (und dort wesentlich ernster genommen wurden), enthält englischsprachige Versionen von 8 Songs ihres 2. Studioalbums "Zimmer 483", sowie überarbeite und weniger kindlich klingende Neuninterpretationen der Singles ihres nicht sehr wohlklingenden Debuts. Mittlerweile zeichneten sich die Magdeburger selbst für ihre Texte verantwortlich und haben die volle Palette an Teen-Angst aufgetischt, die missverstandenen, leidenden und depressiven Jugendlichen Hoffnung und Verständnis schenkten. Jugendlichen mit Suizidgedanken ("Don't Jump"), Jugendliche, die sich in Drogen flüchten ("On the Edge"), Jugendlichen im Liebeskummer ("Love is Dead"), Jugendlichen, die meinen, den Boden unter den Füßen zu verlieren ("Rescue Me"). Dabei verwendet Bill oft eine sehr selbstgeißelnde, gequälte Sprachgestaltung, die durch seine schluchzende Stimme eine neue Tiefe gewinnt. Der Klang der Stimme ist im Englischen übrigens nochmal eine Stufe intensiver.
2. Evanescence - Fallen (2003)
Wie bei Linkin Park lässt sich auch bei Evanescence darüber spekulieren, inwiefern ihr Stil im Mainstream anzusiedeln ist. Sicher ist jedoch, der Megaerfolg ihres Debutalbums machte ihn zum Mainstream. Und kein Wunder, dass die... naja, laut diversen Quellen Nu Metal, Emo, Alternative, oder Poprock-Band, bei Jugendlichen so großen Erfolg hatte: in ihren poetischen Texten machte sich eine Mixtur aus allen negativen Emotionen, die im Tohuwabohu vieler Lebenslagen, aber auch im Teenageralter nunmal so anhäufen. Die Lieder handeln von Maskeraden, Weltschmerz und Undankbarkeit, verpackt in künstlerische Formulierungen, starke Melodien und brillante Arrangements, die sich aus harten Riffs, sanfter restlicher Instrumentalisierung und elektronischen Einlagen zusammensetzen - die Musik vermittelt Stärke trotz Verletzlichkeit.
1. M2M - Shades of Purple (2000)
"Shades of Purple" ist ein vergessenes Monument am Pophinmel. M2M war ein kurzlebiges europäisches Singer-Songwriter-Duo bestehend aus Marit Larsen und Marion Raven, die später beide mehr oder minder erfolgreich solo unterwegs waren. Die beiden galten damals als große Hoffnung im Genre, trennten sich aber bereits nach 2 Alben wieder; auch ihre Hits "Don't Say You Love Me" und "Mirror Mirror" konnten sich leider (zu Unrecht) nicht als Evergreens durchsetzen. Dieses Album ist so wunderbar authentisch fröhlich und voller Lebensfreude, ohne jemals ins Nervige abzudriften, dafür ist es zu sanft. Es fängt die Lebenslagen verliebter Teenager grandios ein und zehrt von einer Natürlichkeit, die man nur selten findet. Dabei sehen sich die beiden Mädels nicht mal so perfekt an, trotzdem stellen sie klar, dass sie dennoch Respekt verdienen ("The Girl in Your Dreams"), wollen sich noch Zeit lassen und die Dinge langsam angehen ("Don't Say You Love Me") oder zweifeln ganz an sich ("Mirror Mirror"). Aber egal - wenn die Liebe einschlägt, dann so richtig, wie in "Pretty Boy". Und die Schmetterlinge tanzen Samba im Bauch. Und selbst, wenn ihnen mal wehgetan wird, sie wirken nie böse oder drücken auf eine überstarke Tränendrüse - aber trotzdem sind für den Zuhörer Mistkerle, wer es schafft, so knuddeligen Geschöpfen das Herz zu brechen. "Maybe I don't have the blond hair you like / and maybe I don't have eyes like the sky / and I'm not sure if I'm the girl in your dreams / but I can show you what love means"