Nach dem großen Erfolg der ersten James-Bond-Filme wurden in vielen Ländern (vor allem in Italien) Spionagefilme gedreht, die man unter dem Begriff EuroSPY oder EuroSPIONAGGIO zusammenfasst. In Deutschland ist in dieser Zeit die Reihe der Kommissar-X-Filme entstanden, in denen Brad HARRIS (1933-2017) als muskelbepackter und brav-biederer Polizeichef mit einem von Tony KENDALL (1936-2009) gespielten charmant-durchtriebenen Privatdetektiv, der nichts anbrennen lässt, oftmals widerwillig zusammenarbeitet, um gefährlichen Verbrechern an exotischen Schauplätzen das Handwerk zu legen.
Da liegt es doch nahe, dieses damals so erfolgreiche Genre mit einer eingefleischten Komödiantin zu parodieren. Die famose Doris DAY (1922-2019) glänzt in diesem Sixties-Klassiker als Industriespionin auf der Jagd nach einem bahnbrechenden Kosmetikprodukt, das verhindert, dass Haare nass werden. Aber eigentlich geht es um etwas viel Geheimnisvolleres, was auch mit der tragischen Vergangenheit der blonden Heldin zu tun hat...
An der Seite von Doris DAY (OSCAR-Nominierung 1960 für BETTGEFLÜSTER) agiert Richard HARRIS (1930-2002) als etwas blasser James-Bond-Verschnitt, der nicht weiter störend auffällt. Bessere Auftritte hatte HARRIS in Filmen wie LOCKENDER LORBEER (OSCAR-Nominierung 1964) und DAS FELD (OSCAR-Nominierung 1991). Bis zu seinen Auftritten als Internatsleiter Albus Dumbledore in den ersten beiden Harry-Potter-Filmen war Richard HARRIS regelmäßig auf der großen Kino-Leinwand zu sehen. Die phänomenale DAY trägt ausgefallene Sixties-Kostüme, jettet von einem Traumort (Kalifornien / Paris / Schweiz) zum nächsten und hat eine witzige Szene nach der anderen.
Unvergesslich bleibt es, dabei zuzusehen, wie Miss DAY knusprige Kartoffelchips zum Mittagessen verspeist, um einen perfiden Lauschangriff auf sie zu unterbinden.
Oder wenn sie in den Hügeln von Los Angeles unterhalb einer todschicken Villa herumklettert, um einem Fotomodell (Irene TSU) eine mit dem geheimnisvollen Haarspray besprühte Haarlocke abzuschneiden.
Zur Auflösung des ganz großen Geheimnisses geht es in die schöne Schweiz, wo unsere Doris noch einmal ausgiebig im Schnee herumtollen kann. Ihren James Bond für Arme hat sie inzwischen - wie man das von Doris DAY gewohnt ist - vom Womanizer zum Pantoffelhelden umfunktioniert.
Das alles ist sehr vergnüglich und nicht weiter tiefschürfend. Gut gemachte Unterhaltung eben! In schönen Bildern! Mit flippigen Klamotten, die so auch nur Doris DAY in den Sixties tragen konnte. DAY selbst war nicht so begeistert von diesem Film, hatte ihn wohl nur gemacht, weil ihr dritter Ehemann, Martin MELCHER (1915-1968), schon den Vertrag ohne ihr Wissen unterschrieben hatte. An den Kinokassen war CAPRICE nicht mehr erfolgreich, anders noch als SPION IN SPITZENHÖSCHEN (1966), den Doris DAY auch unter der Regie von Frank TASHLIN (1913-1972) im Jahr zuvor gedreht hatte. Trotzdem: Doris DAY ist phantastisch wie immer, in beiden Filmen!
In CAPRICE hat sie mit Ray WALSTON (1914-2001) und Edward MULHARE (1923-1997) auch exzellente Nebendarsteller an ihrer Seite. Jack KRUSCHEN (1922-2002) kannte Doris DAY bereits aus EIN PYJAMA FÜR ZWEI (1961), wo er den wahren Erfinder Dr. Linus Tyler spielte. Im Jahre 1961 war Jack KRUSCHEN für seine Rolle im Billy-WILDER-Klassiker DAS APPARTMENT (1960) für einen OSCAR nominiert.
Eine ganz besondere Mitstreiterin hatte Doris DAY aber in Lilia SKALA (1896-1994), die in CAPRICE als Madame Piasco zu sehen ist. Die gebürtige Wienerin war in ihrer Heimat als Architektin und Schauspielerin sehr bekannt, bevor sie im Jahre 1939 mit ihrer Familie vor den Nationalsozialisten in die USA fliehen musste. Dort lernte sie die Sprache so schnell und gut, dass sie auch weiterhin als Schauspielerin erfolgreich sein konnte.
OSCAR: Gewinner und Nominierte aus dem deutschsprachigen Raum (Liste)
Im Jahre 1964 wurde Lilia SKALA für ihre Rolle einer aus der DDR geflohenen Mutter Oberin in LILIEN AUF DEM FELDE für einen OSCAR nominiert. Bis ins hohe Alter stand SKALA noch vor der Kamera, so auch im Tanz-Klassiker FLASHDANCE (1983).
Dieser Doris-DAY-Klassiker wird oft unterschätzt, ist aber auf jeden Fall eine Wiederentdeckung wert.