(Achtung: SPOILER!) Zu Beginn des Filmes wird immer wieder von denen gesprochen. Gemeint sind die großen Unbekannten, wohlwollende Außerirdische, eine Zivilisation, derart fortgeschritten, dass Zeit und Raum für sie keine Rolle mehr spielen. Einmal wird gesagt, sie seien mehrdimensionale Wesen.
Später kommt Cooper auf den Trichter: "Nicht sie, wir selbst haben uns hierhergeschickt!" Darauf kommt er an einem Ort, der "so geschaffen" ist, "dass wir es verstehen", einem grenzenlosen Schwarz, durchzogen von Linien, Licht, das auf Berührungen Coopers reagiert. Mich erinnert er an einen Vorführraum.
"Was müssen wir verstehen?", frage ich. "Was wissen wir nicht? Was entzieht sich unserer Vorstellungskraft!?" – Genau, das Unvorstellbare! Und das ist per Definition Gott.
Wie sagt Anselm von Canterbury so schön? "Gott ist das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann." Und Thomas von Aquin erklärt: "Wir können nämlich von Gott nicht erfassen, was er ist, sondern nur, was er nicht ist und wie anderes sich zu ihm verhält." Folglich darf Gott nicht als Ikone, sondern muss als transzendentes Un-Wesen verstanden werden. Er ist der Unglaubliche, Unfassbare.
Cooper stirbt. Die bis ins Unendliche gesteigerte Gravitation zermürbt ihn. Er steigt – im wahrsten Sinne des Wortes – aus. Und findet sich in einer Welt wieder, die zu erklären wir keine Worte haben. Nicht sie haben diesen Raum erschaffen, sondern Christopher Nolan. Damit wir sehen, verstehen können, endlich! – Mit Hilfe seines "Lichtspielhauses" durchbricht er die vierte Wand.
"Wir haben uns selbst hierhergebracht!", spekuliert Cooper, und Christopher Nolan verweist auf Feuerbach: Dem nach ist Gott nämlich nichts anderes als eine Projektion des Menschen, all seiner Wünsche, Hoffnungen und Ideale. Er ist, was wir nicht sind, aber allzu gerne wären: allwissend, omnipräsent, zeitlos! – Nichts anderes ist Cooper irgendwo im Nirgendwo. (SPOILER-Ende)
"Hilf dir selbst, so hilft dir Gott!", besagt ein Sprichwort, und wir erkennen: Es ist genau das, was uns Christopher Nolan mit Interstellar sagen will: Wir selbst haben unsere Zukunft in der Hand. Wir sollen hoffen, Vertrauen haben, offen bleiben, für Neues, das Unglaubliche, mit sinnlosen Konventionen brechen, selbstauferlegte Fesseln sprengen und glauben – an das Gute, den Menschen, an uns selbst! Gemeinsam sind wir Gott, interstellar, und nur zusammen können wir schaffen, was Christopher Nolans Ende suggeriert: ein Himmelreich auf Erden!