Es gibt gewisse Videospielreihen auf dieser Welt, von denen zwar fast jeder einmal etwas gehört hat, aber kaum jemand auf die Idee kommt, sie auch zu spielen. Für mich ist die Dynasty Warriors-Reihe eigentlich das perfekte Beispiel für dieses gelebte Desinteresse. Zwar hat es die Action-Reihe immer wieder auch auf den westlichen Markt geschafft, doch wirklich Fuß fassen konnten die historischen Massenschlachten bei uns nicht. Das liegt einerseits an den sperrigen Kontexten, in die die Dynasty Warriors-Spiele eingepflegt sind. aber auch an dem gleichzeitig eintönigen Gameplay, das ja erst durch den historischen Hintergrund motiviert ist.
Wer sich mit dem feudalen Japan und geschichtlichen Kriegshelden nicht auskennt, beißt sich an Dynasty Warriors manchmal die Zähne aus. In Japan erfreut sich das Konzept jedoch größter Beliebtheit, was wir unter anderem daran sehen, dass sogar etablierte Franchises wie die The Legend of Zelda-Reihe mit Spin-offs versehen werden, die sich an den beliebten Spielmechaniken der Dynasty Warriors-Reihe bedienen. Und dank Hyrule Warriors hatte ganz plötzlich auch der Westen seinen Spaß mit dem eigentlich uninteressanten System.
Was der Hannes nicht kennt, frisst er nicht
Und nun steht der Release von Dragon Quest Heroes bei uns an. Auch hier steht ein langlebiges Universum Pate für die Dynasty Warriors-Spielweise und abermals scheint das Franchise bei uns besser zu fahren, wenn es sich hinter großen Namen versteckt. Natürlich ist Dragon Quest hierzulande nicht mit der Relevanz der The Legend of Zelda-Titel zu vergleichen, dennoch dürfte es auch bei uns eine treue Fangemeinde geben. Immerhin hält sich die JRPG-Reihe schon länger auf den Beinen als Final Fantasy und den großen Qualitätseinbruch á la Final Fantasy XIII gab es auch nicht.
Ich hatte die Gelegenheit, Dragon Quest Heroes, das in Japan bereits erschienen ist, schon vor dem deutschen Release anzuspielen. Und obwohl ich ebenfalls mit Hyrule Warriors ganz zufrieden war, blieb ich angesichts des Dynasty Warriors-Hintergrunds skeptisch. Wie könnte denn auch ein solch hektisches Konzept auf die märchenhafte, fast schon behäbig wirkende Erzählweise von Dragon Quest passen? Immerhin leben die Rollenspiele bis heute von ihrer charmanten, gleichsam konservativen Ruhe und dem besonderen Witz der Figuren und ihren Dialogen.
Die Frage bei einer derartigen Symbiose zweier Titel dreht sich immer um den Raum, den die eine Reihe der anderen zugesteht. Wie verhalten sich die Anteile bei einem Crossover, wo muss ein Titel auf Kernfeatures verzichten, damit auch das Gegenüber nicht zu kurz kommt? Im Falle von Dragon Quest Heroes scheint der Mix vor allem deswegen zu funktionieren, weil all diejenigen Elemente, die zu Dynasty Warriors gehören, hinten angestellt werden. Die ganze Präsentation des Action-Rollenspiels wirkt aus dem gleichen Guss, aus dem auch die bisherigen Dragon Quest-Ableger sind.
Einseitige Beziehung
Das beschränkt sich nicht nur auf den Grafikstil, der auch dieses Mal von Dragon Ball Z-Zeichner Akira Toriyama stammt, sondern liegt auch an vielen anderen kleinen und größeren Details, Anspielungen und analogen Features, für die der nötige Rahmen geschaffen wurde. Anstatt den Stil von Dragon Quest nur im nötigsten Maße zu erhalten, um mit ihm das bereits etablierte Gameplay zu schmücken, wird auch das Gameplay selbst durch das Franchise beeinflusst. So sind die Rollenspielanteile bedeutend größer als noch in Hyrule Warriors, respektive Dynasty Warriors, und sogar das beliebte Crafting und das Einsetzen von kooperierenden Monstern wurde in die Formel eingepflegt.
Zwar wird aus den rundenbasierten Kämpfen der Originale dann doch ein Echtzeitkampf, der mit direkt ausführbaren Kampfattacken auskommt, doch durch die Zugeständnisse und die behutsame Herangehensweise an das Crossover, wirkt diese neue Spielweise keinesfalls verkehrt. Hätte Dragon Quest in der Hauptreihe jemals Kämpfe in Echtzeit integriert, dann hätten sie sich wohl genauso angefühlt wie in Dragon Quest Heroes. Ich hatte meinen Spaß mit dem Spin-off und das hatte überraschend wenig damit zu tun, dass ich mit genügend Fan-Service bedient wurde, der mir über meine Vorurteile gegen Dynasty Warriors hinweghalf. Viel mehr drängte sich mir das Gefühl auf, dass in Dragon Quest Heroes sehr viel mehr Dragon Quest steckt, als ich erwartet hätte.
Und wenn Dynasty Warrios über diesen Umweg für neue Ansätze und Impulse in festgefahrenen Franchises sorgen kann, dann habe ich die Reihe vielleicht doch ein bisschen lieb.