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Warum ich mein Herz an Life is Strange schenkte

14.06.2015 - 14:53 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Out of Time
Square Enix
Out of Time
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Kennt ihr das, wenn ein Film euch so sehr mitnimmt, dass ihr eine Weile an nichts anderes mehr denken könnt? Die Story, die Charaktere, die Inszenierung sind so gut, dass sie euch total in ihren Bann reißen. Seit der Abspann über den Bildschirm flimmerte spürt ihr eine seltsame Leere in euch und habt ein flaues Gefühl im Magen. Warum ich das frage? Nun, bei "Life is Strange" habe ich genau das Gefühlt. Nur handelt es sich dabei um keinen Film. Sondern um ein Videospiel.

Na gut, im Prinzip ist es eine Art interaktiver Film. Im Stil der Telltale-Games und guten alten Adventures verbringt ihr in Life is Strange  eure Zeit damit durch die Gegend zu laufen, Sachen zu untersuchen und einer Geschichte zu folgen, die selbst unter Spielfilmen ihresgleichen sucht. Letztere Aussage meine ich ernst. Ultra ernst. Schon lange hat mich kein Medium mehr so berührt, egal ob Film, Game oder sonst was.

Life is Strange ist ein episodisches Adventure von Dontnod Entertainment und Square Enix. Bis jetzt wurden 3 von geplanten 5 Episoden veröffentlicht. Es ist also noch nicht beendet, trotzdem muss ich jetzt schon einen Artikel über meinen bisherigen Eindruck schreiben. Ich kann einfach nicht anders.

Da ich das Game hier möglichst vielen Leuten näher bringen möchte, die es noch nicht kennen, werde ich auf Spoiler zum Handlungsverlauf verzichten und bitte euch, dass auch die Kommentare spoilerfrei bleiben bzw Spoiler sichtbar gekennzeichnet werden.

Das ist ja alles schön und gut, aber worum geht's bei Life is Strange jetzt überhaupt?

Nun ja, eigentlich geht es um Zeitreisen. Wir steuern die 18-Jährige Max Caulfield, die nach 5 Jahren in ihre ehemalige Heimatstadt Arcadia Bay zurückkehrt um an der Blackwell Academy Fotografie zu studieren. Eines Tages wird Max Zeuge wie ein Mädchen von einem Mitschüler bei einem Streit erschossen wird und findet dadurch heraus, dass sie die Fähigkeit besitzt über kurze Distanz in der Zeit zurückzureisen. Sie spult zurück und rettet das Mädchen, bei der es sich wie Max erfährt um ihre einstige beste Freundin Chloe handelt. Doch Chloe hat sich verändert. In den 5 Jahren, die Max abwesend war brach sie die Schule ab und verwandelte sich vom lieben Mädchen in eine tätowierte punkige Rebellin mit blau gefärbten Haaren.

Und so treffen wir auf den offiziell besten Charakter überhaupt (Profilbild *hust*) und wenn ich das sage MUSS es stimmen ;) Wegen des Verlustes von Max und einem weiteren einschneidenden Ereignis, dass ich jedoch hier nicht verraten will wurde Chloe zu einem innerlich gebrochenen Menschen. Sie scheißt auf alles, trinkt, kifft und treibt ihre Eltern zur Verzweiflung. Trotzdem kann man immer wieder erkennen, dass doch noch ein wenig Hoffnung in ihr steckt, dass sie immer noch Freude empfinden kann. Wer mich kennt, weiß dass ich solche gebrochenen zwiegespaltenen Charaktere in Filmen (/Games) liebe. Und Chloe ist genau das. Außerdem liebe ich ihren Kleidungsstil sowie ihre Frisur, auf dem Nummernschild von ihrem Auto steht TWN PKS (!!!) und sie ist fucking hot. So jetzt ist's raus.

Und was soll an Life is Strange jetzt so toll sein?

Life is Strange ist eines der unkonventionellsten und mutigsten Spiele, die ich kenne. Ohne Umschweife werden hier Themen angesprochen, die man in einem Videospiel dieser Art eigentlich nicht erwartet. Mobbing, Depressionen, häusliche Gewalt, Tod und es geht auch relativ ungezwungen dem Thema der Homosexualität um ohne das an die große Glocke zu hängen (in den USA wurde übrigens die höchste Altersfreigabe 17+ erteilt. Bei uns FSK 12. Beides halte ich für ein wenig fragwürdig). Über allem steht aber eigentlich eines: Freundschaft. Trotz des Zeitreise-Mystery-Krimi-Plots über eine Katastrophe, die auf Arcadia Bay zukommt und die Suche nach einer verschwundenen Mitschülerin liegt der eigentliche Fokus der Geschichte auf der Beziehung zwischen Max und Chloe. Wie sie sich nach all den Jahren wiedertreffen und Max ihre ehemals beste Freundin quasi nochmal komplett von vorn kennenlernen muss. Life is Strange konzentriert sich komplett auf die Charaktere und ihre Entwicklung, was dem Spiel eine frische angenehme Ruhe gibt. Die meiste Zeit ist man nicht damit beschäftigt die Welt zu retten. Man hängt mit seiner besten Freundin ab, liegt im Bett und hört Musik oder stellt just for fun irgendwelche Dummheiten an. Was Teenager eben so tun.

Diese Ruhe und das fehlen jeglichen Zeitdrucks machen das ganze zu einer wahrlich besonderen Erfahrung und ziehen sich so auch durchs Gameplay. Uns steht es frei in den begehbaren Abschnitten so lange zu bleiben und so viel zu erkunden wie wir wollen. Und in den Dialogen können wir dank unserer Fähigkeit die Zeit zurückzudrehen immer genau das Ergebnis auswählen, das uns am besten gefällt. Das scheint zuerst so als würde es die eigentliche Mechanik komplett ad absurdum führen, da wir schlechten Ergebnissen direkt aus dem Weg gehen können, allerdings ist ja bei jeder Entscheidung immer nur die unmittelbare Konsequenz sichtbar. Und bei Life is Strange kann jede Entscheidung weitreichende und unvorhersehbare Konsequenzen haben.

Dazu kommt dann auch noch ein Soundtrack niederknien. Square Enix hat keine Kosten gescheut und etliche Songs für das Game lizensieren lassen, größtenteils Indie-Tracks. Jedesmal wenn der Soundtrack einsetzt passt er einfach perfekt zur jeweiligen Szene. Die Songs schaffen eine wunderbar melancholische Atmosphäre und sind einfach wunderschön. Hier einer meiner absoluten Favoriten: Obstacles von der französischen Band Syd Matters. Der verursacht einfach jedes verdammte Mal so eine krasse Gänsehaut... uahh!

Nach dieser Lobeshymne: Gibt es auch weniger gute Sachen an Life is Strange?

Ein paar Mängel muss selbst ich als Hardcore-Fan ankreiden. Zum einen wäre da die technische Umsetzung. Die Grafik ist wunderschön doch die Animationen lassen zum Teil etwas zu wünschen übrig. Besonders die Gesichtsanimationen was bei emotionalen Szenen schon ein wenig stören kann. Außerdem gibt es manchmal ein paar Probleme mit der Lippensynchronität.

Viele Kritiker haben angeprangert, dass die Charaktere zum großen Teil nur aus Stereotypen bestehen und die Dialoge so wirken als hätte ein Dreißigjähriger auf Google nach "Jugendsprache" gesucht. Dazu muss ich sagen, dass hinter vielen der Charakteren um einiges mehr steckt als man Anfangs vermutet. Ich denke mit den Stereotypen wollen einen die Entwickler von Dontnod ein wenig auf die falsche Fährte führen. Und zur Jugendsprache: Ich bin ja selbst noch ein Jugendlicher. Und ich muss zugeben: Wir reden manchmal schon etwas seltsam^^ Jeder der etwas anderes sagt lügt. Life is Strange liegt also gar nicht mal so weit so von der Realität entfernt.

Wobei wir beim Knackpunkt wären: Die Story und die Charaktere des Games wirken so lebendig und real. Man kommt sich vor als folgt man ganz normalen Menschen und nicht irgendwelchen erfundenen Figuren. Man lacht mit ihnen, weint mit ihnen, leidet mit Ihnen und erlebt ein Abenteuer sondergleichen.

Life is Strange wurde mir von meinem besten Bro empfohlen ohne den ich es wohl nie kennengelernt hätte. An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bedanken. Denn diese Erfahrung möchte ich nicht missen. Auch wenn sie noch nicht vorbei ist.

An jeden bei dem nun Interesse an dem Titel geweckt wurde. Recherchiert nicht groß im Internet nach ob es wirklich etwas für euch ist. Und sucht schon gar nicht bei Google Bilder, da ist alles voller Spoiler. Holt es euch einfach! Jetzt sofort! Los! Ich warte! Denn dieses Game verdient viel mehr Aufmerksamkeit. So viel wie es kriegen kann.

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