Große Raumschiffe, ein schreiender, pulsadriger Rotschopf, schwere Waffen und eine Menge Entschlossenheit. Direkt zu Beginn: Jagd auf Draughter Noktober (rotes Kabinenlicht.. schön). Weltkaltkrieg im Schnelltempo, Bombersirenen, Stukas im Anflug. In cineastischer Jugendsprache ausgedrückt: epischer Bombast. Man dachte: viel hilft viel, zumindest visuell.
Tja, man möchte ja eigentlich eine dunkle Weltraummacht, die auf Teufel komm raus böst und dunkelt. Als einfacher Kinogänger erwarte ich von Star Wars, dass es mich mitreißt, dass ich die sogenannte Immersion erfahre: ich sitze da, der Kinofilm zieht mich rein - zack - vorbei. Das Böse hat in der Regel ernsthaft und überzeugend gedüstert und zwar nicht zu knapp, ich bin normalerweise auch gerne im Rückenmark schwer angeböst (nicht nur vom langen Sitzen) und wünsche den Guten alles Gute, fiebere mit, habe Angst, wenn sie Angst haben. Altes Prinzip: Ich zittre, also gewinn ich.
Dann kommt aber plötzlich dieser Rian Johnson. Der sagt zu seinem Beobacht-Buddy oder hämisch-einsam zu seiner Katze "heyy, guck dir den an... der hat zu viel Spaß an der Überzeugungskraft des Films, der nimmt ihn noch ernst. Ma guckn, was er gleich macht, wenn ich hiiiiierr dran drehe....... Poe Dameron: "Hallo, bin ich noch zu hören?""
Whaaaaaaat?
Ich ahne es, ich habe mich im Kinosaal geirrt: Spaceballs 2 lief in Kino 3, dachte ich... zumindest bilde ich mir jetzt im Rückblick ein, dass ich das im Augenwinkel auf einem der Nebenmonitore gesehen hatte. Da wollte ich doch erst nächste Woche rein... das sollte mein Weihnachtsfilm werden, direkt nachdem ich den kleinen Son Goku in die Krippe gelegt habe. (meine Oma: neee, das heißt Sohn Gottes)
. Mist. Na gut, dann eben Spaceballs:
Troll am Funkgerät ("ich bin heut so böse, so böse, so böse." Ader kurz vorm Platzen).
Uniformwäsche muss auch noch sein, klar, einverstanden *dampf* *dampf*; ob das Trigema-Textilien sind? mmmh... jedenfalls läuft alles maschinell ab; ich hoffe, das bedingungslose Grundeinkommen ist eingeführt. Plötzlich muss ich wieder an Christian Lindner denken,.. oh, der Film geht weiter.
und natürlich: Weitwurf - ich war bei den Bundesjugendspielen echt mies, ich hab mal eine Kugel nach hinten geworfen, die ist mir aus der Hand gerutscht. Das war überhaupt nicht lustig...
Nun.. ich habe mich getäuscht. Es ist gar nicht Spaceballs. Es stellt sich plötzlich prinzipiell die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass so eine böse, mächtige Macht aus dem Nirgends kommt und zum Dank die gebührende Verachtung der Lächerlichkeit erfahren darf. Klar, Lord Helmchen braucht jetzt auch keine Legitimation, sondern nur Luft (im großen Stil).
So viel Luft hat Episode VIII leider auch und zwar nicht die Luft von "Passt, wackelt und hat Luft", sondern die heiße Luft, die stinkt und die man mit einem sehr teuren Parfüm übersprüht, oder die Luft eines leeren Wäschekorbs, der nur im Weg rumsteht und dessen Plastikgriffe durchgebrochen sind, weswegen du ihn nicht mehr benutzt. Auf Deutsch gesagt: Aus dem Bösen wird die Luft schlicht und ergreifend herausgelassen, der Reifen regelrecht aufgestochen, während andere Aspekte des Films aufgeblasen werden. Statt den Fokus auf die Beleuchtung wichtiger Charaktere zu legen und das Szenario weiter zu erklären, investiert Star Wars VIII in falsche Anreize.
Direkt zum Defizit: Wo zum Geier kommt die Waffengewalt der 1. Ordnung her und wo dieser scheinbar starke Rückhalt des eigenen Handelns? Wie ist eine solche KoKolorisierung des Bösen hinnehmbar? Star Wars - und das muss man als Verdienst sogar der Prequels anerkennen - hat ganz klar und in voller Ernsthaftigkeit gezeigt, wo das Imperium seinen Ursprung hat. Es ist aus einem bestehenden System erwachsen. Die Republik ist von innen her gescheitert und hat durch ihre mangelhafte Entschlussfähigkeit letztlich die Sondervollmachten auf den alten Palpatine (den späteren Imperator) übertragen und die Klonarmee auf legalem Weg eingesetzt. Das Imperium und seine militärische Macht fußen also auf Strukturen und sind legitimiert durch einen umfassenden Systemwechsel, der sehr ausführlich und für die ruhigen Verhältnisse in der Welt damals recht prominent dargestellt wurde.
Die Gegner, die Rebellen, definieren sich also darüber, dieses System wieder umzugestalten im Sinne der Republik (mit seinem "Volk"- "Wür sünd dos Völk"; wenn ich drüber nachdenke, hätte Episode VIII ein Charakter mit einem deutschen Dialekt in der Synchronisation echt gut getan*). Im Vergleich dazu hat die 1. Ordnung weder eine Legitimation, noch plausible Anziehungskraft auf breite Unterstützung, sofern man die gebügelten Uniformen jetzt mal außer Acht lässt.
Auch geben die Sequel-Episoden bisher keine Erklärung für den sehr unvermittelten Aufstieg einer solchen Macht, was die Verkackeierung derselben durch sich selbst umso drastischer gestaltet. Wenn Episode IX es nicht schafft, eine Menge Erklärungen nachzuschieben und dem Bösen mehr unironische Überzeugungskraft zu geben, dann könnte diese Trilogie im Rückblick nach 10 Jahren als wasserköpfiges, seelenloses Paket dastehen, das völlig irrelevant erscheint.
Dinge wie der aufgeblähte Casino-Plot unterstreichen das leider noch und zeigen, dass recht dünne Luft mitten im Dickdarm fröhlich zirkuliert.
MJ