Vor drei Jahren hat Regisseur Joseph Kosinski die Action-Messlatte im Blockbuster-Kino fast unerreichbar hochgelegt. Seine furiose Fortsetzung Top Gun: Maverick mit Tom Cruise in dessen Paraderolle war der seltene Glücksfall aus emotional überwältigendem Ereignis, atemberaubender Stunt-Arbeit und einem unglaublichen weltweiten Box-Office-Ergebnis von knapp 1,5 Milliarden Dollar.
2025 meldet sich Kosinski mit dem Action-Blockbuster F1: Der Film zurück, der Cruise gegen Brad Pitt und Militärflugzeuge gegen Rennwägen eintauscht. Aber kann der angeblich zwischen 200 und 300 Millionen Dollar schwere Streifen, der zuerst im Kino und später beim Streaming-Dienst Apple TV+ läuft, auch so begeistern?
F1 startet mit viel Tempo und Charisma
Im neuen Film von Regisseur Joseph Kosinski und Top Gun 2-Drehbuchautor Ehren Kruger spielt Pitt das einstige Formel 1-Talent Sonny Hayes. In den 90ern galt er als Wunderkind des Sports, doch ein verheerender Unfall legte seine Karriere lahm. Seitdem sitzt er nur noch gelegentlich als Hilfsfahrer hinterm Steuer.
Eines Tages kann ihn sein alter Freund und Ex-Mitfahrer Ruben (Javier Bardem) überzeugen, als zweiter Fahrer in dessen Apex GP-Team einzusteigen. Die Truppe ist konstant auf dem letzten Platz und der vielversprechende Rookie Joshua Pearce (Damson Idris) könnte dringend einen Mentor gebrauchen.
Schaut hier noch einen deutschen F1-Trailer:
Wer bei der Story an Top Gun: Maverick und die Dynamik zwischen Cruise' Figur Pete Mitchell und dem von Miles Teller gespielten Rooster denken muss, bekommt schon einen guten Eindruck von der erneut eingeschlagenen Richtung in F1: Der Film. Von Anfang an wirkt es so, als hätten Regisseur und Drehbuchautor die inhaltliche Erfolgsformel des Blockbuster-Hits einfach auf den neuen Film übertragen und in ein anderes Milieu versetzt.
Störend ist das anfangs aber überhaupt nicht. Mit Brad Pitt hat das Rennsport-Spektakel einen strahlenden Oldschool-Hollywood-Giganten vom Kaliber eines Tom Cruise an Bord, der mit der mythisch überhöhten Darstellung und Präsenz von Sonny Hayes den Film fast im Alleingang trägt.
Natürlich ist Hayes der gebrochene Ex-Held, der sich nochmal an die Spitze kämpfen will. Natürlich legt er dafür seinen ganz eigenen Rennstil an den Tag, mit dem er bei der Konkurrenz aneckt, Regeln bis an die Grenze biegt und damit das Leben seines jüngeren Mitstreiters gefährdet, mit dem er sowieso ständig aneinandergerät.
F1: Der Film ist in der ersten Stunde, in der sich Storyaufbau, Charakterentwicklung und adrenalingeladene Szenen auf der Rennstrecke abwechseln, aber so mitreißend inszeniert und packend gespielt, dass sich der Blockbuster trotzdem als hinreißend energiestrotzendes Spektakel entfaltet.
Highlights sind wenig überraschend die Auto-Rennszenen, für die Kosinski und sein Kameramann Claudio Miranda Einstellungen und Perspektiven wählen, die einen zusammen mit den peitschenden Schnitten förmlich selbst hinters Steuer der Fahrzeuge pressen. Man muss kein Formel-1-Fan sein (so wie ich) oder sich mit dem Rennsport auskennen (so wie ich nicht), um mitfiebern zu können.
F1 wird zunehmend vom Blockbuster-Pathos erdrückt
Diese Blockbuster-Intensität voller handwerklicher Könnerschaft gerät über die Laufzeit von 156 Minuten aber immer mehr ins Straucheln. Die späteren Formel-1-Rennen im Film fühlen sich immer gleichförmiger an und die Spannung verläuft ähnlich linear wie die einzelnen Runden, in denen die Wagen über die Piste rasen.
Dazu kommt die starke Vorhersehbarkeit, mit der sich die Handlung von F1: Der Film bald von einem Klischee zum nächsten handelt. Die Romanze zwischen Sonny Hayes und Team-Technikchefin Kate (Kerry Condon) beispielsweise bleibt eine einzige Behauptung, die nur existiert, weil sie in einem Blockbuster-Drehbuch genau so stehen muss.
Auch wenn F1: Der Film 100-mal realistischer bleibt, erinnern einige Szenen und Dialoge (und die Songs auf der Tonspur) später mehr an einen Fast & Furious-Teil als an den ehrlichen, hyperemotionalen Pathos, mit dem Top Gun: Maverick so begeistern konnte.
In einer Szene des Films erzählt Sonny Kate von seiner Vergangenheit, dem schicksalshaften Unfall und dem Drang, seitdem doch immer wieder hinterm Steuer sitzen zu wollen. In den besten Momenten würde er ganz kurz alles andere ausblenden können und das Gefühl haben, zu fliegen.
F1: Der Film hat diese Momente auch, in denen der Action-Blockbuster alle Story-Klischees für Sekunden ausblenden und als pures Kino-Spektakel abheben kann. Sie fühlen sich diesmal aber zu flüchtig an und bleiben die ganze Zeit im Windschatten des Klischee-Rennwagens, der siegreich über die Ziellinie rast.
F1: Der Film läuft ab dem 26. Juni 2025 in den deutschen Kinos. Wann der Blockbuster ins Streaming-Abo von Apple TV+ kommt, ist zurzeit noch nicht bekannt.