Gilmore Girls - Klapsmühle unter freiem Himmel

16.08.2011 - 08:50 Uhr
Gilmore Girls
Warner Bros.
Gilmore Girls
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Fast jedes Mädchen hat sich im Laufe seines Heranwachsens eine Mutter wie Lorelai Gilmore gewünscht. Was klingt wie ein Frauenklischee ist in Wirklichkeit eine ungewöhnliche und geistreiche Serie. Ich vergebe mein Herz heute also an die Gilmore Girls.

„Diese Stadt hat etwas von einer Klapsmühle unter freiem Himmel“, so drückt es Christopher, der Vater von Rory Gilmore aus, als er Stars Hollow einen seiner seltenen Besuche abstattet. Und ich muss sagen, er hat nicht ganz unrecht. Gilmore Girls spielt in dem kleinen, fiktiven Ort Stars Hollow in Connecticut. Hier lebt die alleinerziehende Hotelinhaberin Lorelai Gilmore (Lauren Graham) mit ihrer studierenden Tochter Rory (Alexis Bledel). Und obwohl ich eigentlich ein absoluter Großstadtmensch bin, habe ich mir schon diverse Male gewünscht, an einem kleinen Ort mit derart skurrilen Figuren zu leben. Deswegen verwirkliche ich heute imaginär meinen Wunschtraum und plane meinen perfekten Tag in Stars Hollow.

07:00 Uhr – Frühstück in Luke’s Diner
Das Luke’s ist der zentrale Treffpunkt der ganzen Stadt, und da Lorelai wenig bis gar nichts vom Kochen hält (womit ich mich übrigens absolut identifizieren kann), frühstücken Mutter und Tochter jeden Morgen hier. Der misanthropisch veranlagte Luke Danes (Scott Patterson) bietet zudem den besten Kaffee weit und breit, ohne Koffein geht ja bekanntlich gar nichts. Die häufigen Besuche im Diner sind trotzdem nicht ausschließlich durch die grandiosen Pancakes motiviert. Nein, schon seit Jahren funkt es zwischen Luke und Lorelai, was die ganze Stadt immer wieder, mal mehr, mal weniger wohlwollend kommentiert. Hier würde ich demonstrativ an mein klingelndes Handy gehen, Lukes Wutanfälle sind nämlich legendär.

09:00 Uhr – Nach Yale mit Rory
Rory hat mir unwissentlich schon oft geholfen. Bevor ich wegen meiner Uni in eine fremde Stadt ziehen sollte, sah ich die Episoden ihres Einzugs in Yale, vor einem Praktikumsbeginn ihre ersten redaktionellen Versuche, und jedes Mal dachte ich: „Wenn das Rory Gilmore schafft, kann ich das auch.“ Das mag vielleicht nicht für meinen gesunden Realismus sprechen, fest steht jedoch: Rory ist ein absoluter Streber im positiven Sinne. Sie wusste schon früh: Sie wird eine zweite Christiane Amanpour. Unterstützt wird sie in diesem Vorhaben von ihrer langjährigen Freundin und Kommilitonin Paris Geller (Liza Weil), der personifizierten Egozentrik. Hier würde mich mein erster Weg in die Redaktion der Yale Daily News führen, denn dort geht es mindestens genauso chaotisch zu wie bei moviepilot.

12:00 Uhr – Mittag in Lorelais Dragonfly Inn
Für ein Mittagessen in Stars Hollow gibt es keinen besseren Ort als das Hotel von Lorelai und ihrer besten Freundin Sookie St. James (Melissa McCarthy), einer begnadeten und auch ein bisschen fanatischen Küchenchefin. Nach dem Essen würde ich mit diebischem Vergnügen das Post-It-System des Empfangschefs Michel Gérard (Yanic Truesdale) durcheinander bringen, denn seine cholerischen Flüche, hübsch vorgetragen mit französischem Akzent, sind jeden anfliegenden Speicheltropfen wert.

13:00 Uhr – Verdauungsspaziergang durch Stars Hollow
Der frühe Nachmittag ist der beste Zeitpunkt, um sich die Stadt und ihre Bewohner genauer anzusehen. Wahrscheinlich plant der ewige Stadtratsvorsitzende und Inhaber des örtlichen Supermarktes Taylor Doose (Michael Winters) eines der allmonatlichen Stadtfeste und streitet sich mit seiner rechten Hand, dem noch immer bei Mutti wohnenden Kirk (Sean Gunn) um die korrekte Rasenhöhe auf dem Festplatz. Übertroffen werden diese Wortgefechte nur noch von den Anekdoten der lange nicht alternden Diva Miss Patty (Liz Torres). Sie tanzte schon an der Copacabana auf zwei riesigen Bongos. Soviel dazu.

16:00 Uhr – Bandprobe bei Lane
Lane Kim (Keiko Agena) ist nicht nur die beste Freundin von Rory, nein, sie führt auch ein geheimes Doppelleben. Während sie vor ihrer koreanischen Mutter die streng gläubige Mustertochter gibt, die sich ausschließlich von Tofu ernährt, verschreibt sie sich eigentlich dem Rock’n’Roll und spielt mit drei Jungs als Drummerin in der Band Hep Alien. Ihre Band-Outfits, CDs und Bücher versteckt sie unter dem Bett oder lockeren Dielenbrettern. Vielleicht lässt sie sich mal wieder von Rory die Haare lila und dann erneut schwarz färben, wenn ihr persönlicher Akt der Subversion von ihrer plötzlich heimkehrenden Mutter unterbrochen wird. Ich werde dabei sein und das Haarfärbemittel halten.

19:00 Uhr – Freitagsdinner bei Lorelais Eltern
Drinks, Vorspeise, Hauptspeise, Dessert, so verläuft Woche für Woche das obligatorische Freitagsdinner bei Lorelais Eltern. Ihr Verhältnis zu Emily (Kelly Bishop) und Richard (Edward Herrmann) ist nicht gerade entspannt, und so trägt auch Lorelais spezieller Humor meist nicht dazu bei, die Stimmung aufzulockern. Hier werde ich bestimmt das Essen loben, denn sollte Emily wegen meiner Nörgelei das fünfhundertsiebenunddreißigste Hausmädchen feuern, könnte ich das nicht ertragen.

21:00 Uhr – Filmabend mit Lorelai und Rory
Im Haus der Ladies findet sich eine unerschöpfliche Bibliothek nicht nur allen möglichen Kitschs, sondern auch unzähliger Bücher und Filme diverser Jahrzehnte. Wenn Mutter und Tochter einmal anfangen, ihre fachkundigen, vor Wortwitz sprühenden Dialoge zu führen, fühlt sich der Neueinsteiger in der bunten Welt der Gilmore Girls schnell ziemlich hinterwäldlerisch, denn er kennt höchstwahrscheinlich nicht einmal die Hälfte der angesprochenen Personen. Mir ging es nicht anders. Nach jahrelangem Training steigere ich mich nun aber langsam und fühle mich manchmal sogar richtig schlau, wenn ich wieder eine Anspielung verstehe. Da soll mal noch Jemand sagen, Fernsehen würde nicht bilden.

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