Eine Rasierklinge vor dem Auge einer Frau, ein toter Esel im Klavier, krabbelnde Ameisen in einer Hand, eine abgehackte Hand. Szenarien aus einem neuen Horrorfilm? Weit gefehlt! Der spanische Regisseur Luis Buñuel gilt mit seinen frühen Film-Collagen als der surrealistische Regisseur par excellence, der mit seinen Filmen das Unbewusste und den Traum sichtbar werden lässt.
Erinnert sei an Ein andalusischer Hund, den er mit dem Maler Salvadore Dali in etwa 14 Tagen in Szene setzt und von seiner Mutter bezahlen lässt. Einiges von dem Geld wird er in die Pariser Kneipen und Cafés verbrauchen, das wenigste wird für den Film genutzt. Nichts an dieser schnellen Billigproduktion, die die Träume der beiden Rebellen gegen den Realismus verarbeitet, sollte rational, logisch oder etwa psychologisch erklärbar sein. Als der Film im April 1929 uraufgeführt wird, sind Teile des Publikums entsetzt, von Befremden bis Abscheu und Ekel ist die Rede. Die Pariser Surrealisten haben allerdings einen neuen Helden, der sich aber von ihnen nicht vereinnahmen lässt.
Luis Bunuels Filme spätere Filme vermitteln eine fundamentale Kritik an der bürgerlich-christlichen Moral und deren Wertesysteme; häufig werden sie von Zensur und Skandalen begleitet. Er muss sich gegen den Vorwurf der Blasphemie wehren; seine Filme umgeben eine Aura des Verbotenen und Anrüchigen. Für Kenner und Liebhaber ist er einer der wichtigsten Verwechter des Subversiven und Obskuren, ein Anti-Bourgeois. Der Regisseur gehört zur künstlerischen Avantgarde des 20. Jahrhunderts und hat eine neue Bildsprache im Kino entwickelt, die heutige Filmemachergenerationen beeinflusst hat.
Spätere Regisseure wie Andrei Tarkowski, David Lynch oder Darren Aronofsky dürften in ihm eines ihrer großen Vorbilder sehen. Auf der Berlinale 2007 wird es eine umfangreiche Retrospektive geben. Wer eine Karte ergattert hat, kann sich wahrlich freuen!
- Bilder des Films
- Video über die Bedeutung von Ein andalusischer Hund auf youtube