High Maintenance - Drogendealer-Serie mit Ben Sinclair im Pilot-Check

27.01.2017 - 09:30 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
High MaintenanceHBO
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Die Webserie High Maintenance von Ben Sinclair und Katja Blichfeld wurde so beliebt, dass HBO sie in eine halbstündige Comedy verwandelte. Wir haben für euch einen Blick riskiert.

Der Dealer lauert in High Maintenance nicht in dunklen Straßenecken oder schmuddeligen Parks, um sein Weed an die Leute zu bringen. Der namenlosen Drogenkurier (Ben Sinclair), genannt The Guy, radelt ökologisch korrekt durch den New Yorker Bezirk Brooklyn und liefert feinstes Marihuana im eleganten Köfferchen an seine Kunden aus. Seine Käuferschaft bildet einen Querschnitt der urbanen Bevölkerung des hippen Stadtteils und so öffnen sich The Guy Türen zu verschiedenen Behausungen und er erlangt Einblicke in die unterschiedlichsten Lebensstile. Unabhängig von Beruf, gesellschaftlicher Stellung, Ethnie und Alter teilen alle Charaktere zumindest zwei Merkmale: Sie sind Großstädter, die sich gerne einen Joint genehmigen, und sie beziehen ihr Gras vom selben Dealer.

The Guy und eine Kundin

Die sechsteilige HBO-Serie High Maintenance stammt von Ben Sinclair und Katja Blichfeld. Sinclair, der auch die Hauptrolle übernimmt, war bisher in eher kleinen Rollen zu sehen. Blichfeld bleibt hinter der Kamera und war u. a. jahrelang als Casting-Koordinatorin von Serien wie 30 Rock oder Conviction tätig. Das Paar Sinclair/Blichfeld lebt selbst in Brooklyn, schreibt die Drehbücher, führt Regie und kümmert sich um den Schnitt. High Maintenance begann als Webserie, die seit 2012 in 19 Episoden auf der Plattform Vimeo zu sehen war. Schnell wurden die maximal 12 Minuten langen Folgen, die sich jeweils einem Kunden widmen, so beliebt, dass HBO auf die Serie aufmerksam wurde und sie in ein fernsehtaugliches Format verwandeln wollte. Der Transformation von kurzen Clips zu halbstündigen Episoden bringt einige Herausforderungen mit sich. Jede Episode der Webserie widmet sich einem Kiffer und bildet für einige Minuten eine kleinen Szene aus dessen Leben ab. Der Charme liegt ihn den schnellen, zackigen Dialogen und den losen Momentaufnahmen.

High Maintenance

Das Credo von Sinclair  lautet: "Lass die Show genau so, wie sie ist - sofern das möglich ist - während du erkennst, dass sich etwas ändert. Es soll sich wie ein selbstgemachtes, intimes Projekt anfühlen. Wir wollten das nicht verlieren." Das Problem, die Handlung auf die dreifache Länge zu dehnen, ohne dass die Grundprinzipien vernachlässigt werden, löste das Autoren-Paar, indem die einzelnen Geschichten einander unbekannter Figuren lose durch den radelnden Lieferanten verbunden werden. Der Zuschauer lernt also in skizzenhaft bleibenden Charakterstudien mehrere Figuren kennen, die er eventuell nie wieder sehen wird. In der kurzen Zeit schafft es die Serie dennoch, vielschichtige, einzigartige Figuren vorzustellen, die einen intimen Einblick in ihr Leben gewähren. In dem Piloten Meth(od) geht es um Max, der trotz seiner Homosexualität mit einer alten Schulfreundin verheiratet ist. Ihr doppeldeutiger Name Crystal ermöglicht es ihm, in einer Selbsthilfegruppe für Drogensüchtige über sein Leid zu klagen. Denn eine unglückliche Beziehung kann genauso schädlich und selbstzerstörerisch sein wie die Sucht nach chemischen Substanzen. (Dass er trotzdem mehr als nur eine Droge konsumiert, spricht er in der Gruppensitzung allerdings nicht an.)

High Maintenance

Übersetzt bedeutet High Maintenance pflegeintensiv. Der Titel dürfte sich nicht allein auf die empfindlichen Hanf-Pflänzchen beziehen, sondern auch auf den Kundenstamm. Anders als ein Pizzabote besteht die Aufgabe des Drogen-Kuriers nicht bloß aus dem Austausch von Ware und Geld. The Guy ist viel mehr als nur ein Lieferant. Seine Profession erfordert die Menschenkenntnis eines Psychologen und eine gehörige Portion Feingefühl. Unfreiwillig wird er zum Berater in Liebesdingen, wird Zeuge von Streitigkeiten, Trennungen oder ausgelassenen Feiern dieser Menschen. Für wenige Minuten schließt er eine Lücke im Leben der einsamen Seelen oder besetzt zumindest den freien Platz auf ihrem Sofa.

Harte Drogen dominierten die großen Dramaserien wie Breaking Bad, Narcos oder zuletzt The Night Of: Die Wahrheit einer Nacht. Der softere Stoff findet sich eher in den Kiffer-Komödien à la Half Baked, Lammbock - Alles in Handarbeit oder Ananas Express. Klamaukige Scherze über zugedröhnte Rumhänger oder Stoner, die vergessen haben, wo ihr Auto parkt, wird man in High Maintenance nicht finden. Die Komik liegt in den spritzigen Dialogen und ergibt sich zufällig in kurzen, skurrilen Situationen. (Eine der sechs Episoden wird vollständig aus der Perspektive eines Hundes erzählt, der aus dem Mittleren Westen nach New York ziehen musste.) In der Serie werden viele eher ernste Themen angesprochen. Es geht um die Einsamkeit der Großstadt, die Schwierigkeiten des menschlichen Miteinanders und die Suche nach einem Ventil im angestrengten Arbeitsleben. Sinclair und Blichfeld gelingt es jedoch, keine Melancholie aufkommen zu lassen und den Zuschauer leichtfüßig wie den radelnden Kurier durch die Serie zu führen.

Hierzulande ist die 1. Staffel von High Maintenance seit dem 25.01.2017 auf Sky Atlantic auch in der deutsche Fassung zu sehen.

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