Karoline Herfurth haben noch 32 Zentimeter am Weltrekord gefehlt

07.09.2009 - 09:00 Uhr
Karoline Herfurth
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Karoline Herfurth im Gespräch über ihren neuen Film Berlin ’36. Sie spielt die jüdische Hochspringeren Gretel Bergmann, deren Teilnahme an den Olympischen Spielen 1936 von den Nazis verhindert sollte.

Karoline Herfurth, die zuvor unter anderem in Der Vorleser oder Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders zu sehen war, spielt in ihrem neuen Film Berlin ’36 dir Rolle der Gretel Bergmann. Beruhend auf einer wahren Geschichte, wird erzählt, die jüdische Hochspringerin von den Nazis ausgestochen werden sollte, indem ein Mann als Frau verkleidet gegen sie ins Rennen geschickt wurde.

Worin liegt die Besonderheit bei der Verkörperung einer historischen Figur wie bei Ihrer Rolle der Gretel Bergmann?

Die Aufgabe, die ich mir stelle, wenn ich eine historische Figur verkörpern soll, ist die der historischen Richtigkeit. Ich liebe historische Filme, weil sie Geschichten erzählen, die auf realen Ereignissen basieren. Aber um dieses Bild authentisch zu schaffen, ist es meine Aufgabe, mich in die Art und Weise zu denken, träumen, sprechen, bewegen und leben einzuarbeiten. Gerade bei einem Film wie Berlin ’36, der eine so bedeutende Stunde der deutschen Geschichte erzählt, ist es mir wichtig, möglichst wahrhaftig zu erzählen. Denn ich empfinde die Wahrnehmung der Vergangenheit als die Basis für unser aller Verhalten in der Gegenwart. Und da habe ich fast eine historische Verantwortung, Dinge nicht in einem falschen Licht oder geprägt von einer modernen Perspektive zu zeigen. So, dass ein Zeitzeuge sagen würde, „ja, so war das damals“.

Inwiefern tauchen Sie gerne in andere Zeitepochen, Jahrzehnte und vor allem andere Zeitumstände ab, wenn Sie eine Rolle annehmen?

Durch diese „historische Verantwortung“, wie ich es jetzt mal genannt habe, ist es für mich eine geliebte weil spannende Herausforderung, zu erforschen, wie man sich beispielsweise bewegt hat oder was man gesagt hat und was nicht oder wie man sich bei einer ersten zwischenmenschlichen Begegnung verhalten hat. Das ist natürlich ganz anders als heute. Sich in diese gesellschaftlichen Codes anderer Zeiten einzufinden und dadurch diese Zeiten durch so kleine Details erzählen zu können, macht mir sehr großen Spaß.

Es ist sicherlich für eine Schauspielerin etwas anderes, eine fiktive oder eine reale Person zu spielen. Welche von beiden ist Ihnen lieber und warum?

Ich kann nicht sagen, was mir lieber ist. Es ist genauso toll und mindestens eine ebenso große Herausforderung, eigene Menschen zu erfinden, ohne sich zu sehr auf das, was man selbst als Mensch schon mitbringt, zu verlassen. Ich hatte bei der Arbeit zu diesem Film mit der Biografie von Gretel Bergmann eine Vorlage, deren Wert ich gar nicht beschreiben kann. Denn dadurch wusste ich durch ihre eigenen Erzählungen, wie sie die Situationen, die ich dann gespielt habe, erlebt hat. Und durch ihre Art und Weise zu erzählen, konnte ich zwischen den Zeilen lesen, was für ein Mensch sie ist, wie sie das Leben wahrnimmt und darin auftritt.

Wie haben Sie sich auf die Verkörperung der Gretel Bergmann vorbereitet?

Natürlich bekomme ich viel Information über Autor und Regisseur. Aber ich habe mich sehr intensiv auseinandergesetzt mit der damaligen Zeit und habe zusätzlich versucht, die Menschen und ihr Leben zu verstehen. Ich habe Interviews und Dokumentationen zu Gretel Bergmann gesehen, habe mir massenweise Fotos von allem was ich finden konnte aus der Zeit zusammengesucht und mir eine Gretel Bergmann-/30er-Jahre-Mappe zusammengestellt, habe mir die Leni- Riefenstahl-Filme zu Olympia noch einmal angeschaut.

Und zu allerletzt natürlich meine kostbarste Vorlage, die Biografie, noch und nöcher gelesen, habe mir einzelne Passagen neben die Szenen im Buch geklebt usw. usw. …

Eine Geschichte zu spielen von einem Menschen, der noch lebt, diesen Menschen in einer so wichtigen Periode seines Lebens darzustellen, ist sehr aufregend. Was Gretel Bergmann zu meiner Darstellung sagt, ob sie zufrieden ist und dieser Beschreibung zustimmen kann, ob sie sich selbst wieder erkennen kann – dass ist mir das wichtigste Anliegen bei dieser Arbeit und ich bin sehr aufgeregt, was sie sagen wird.

Hat das spezielle Sporttraining Sie bei der Gestaltung der Rolle unterstützt und inwiefern war es hilfreich, nicht nur geistig, sondern eventuell auch sportlich, seine eigenen Grenzen zu erfahren?

Oh ja! Ich hätte nie damit gerechnet, mich mal mit dem historischen Hochsprung auseinanderzusetzen. Und natürlich hat es sehr geholfen, sich in die Figur einzufinden: Den Kampf um jeden Zentimeter, den Ehrgeiz immer höher und höher zu kommen und das Gefühl, wenn man siegt oder versagt. Natürlich konnte ich nur erahnen, wie Gretel Bergmann gesprungen ist – mir haben da noch 32 Zentimeter gefehlt.

Die besondere Situation und der spezielle Druck, dem beide Hauptfiguren des Films ausgesetzt waren, beeinflusst sicherlich die Herangehensweise an den Film. Inwiefern haben Sie und Sebastian Urzendowsky sich gemeinsam die Rollen erarbeitet?

Wir haben zuallererst gemeinsam trainiert und die Erfahrung geteilt, wie sich der Kampf um die Zentimeter nach zwei Stunden anfühlt. Und wir haben uns immer wieder darüber Gedanken gemacht, wie sich Menschen in den 30er Jahren begegnet sind und was das Besondere an dieser Begegnung war.

Wie ungewöhnlich oder vielleicht sogar schwer war es für Sie, an Drehorten zu arbeiten, die erst in der Postproduktion zu dem werden, was der Regisseur sich für den Film vorgestellt hat?

Oh, das war sehr spannend. Das Stadion, in dem dann plötzlich dreihundert statt hundert Zuschauer sitzen, das damalige Berlin… Grundsätzlich ist es natürlich toll, wenn die Kulisse so aussieht wie der Ort, an dem ich spiele, weil das, genauso wie Maske und Kostüm, wirklich hilft, sich in die Zeit und den anderen Menschen hineinzuversetzen und sich der Umgebung anzupassen. Aber umso spannender ist es dann, zu gucken, inwiefern die Postproduktion mit dem Spiel im Modell zusammenstimmt. Alles Material zum Lernen…

Glauben Sie, dass die Macht der Freundschaft eines der höchsten Güter ist und eben auch in der Lage ist Grenzen und Konventionen zu sprengen?

Ich glaube, dass Freundschaft eine Frage der Definition ist, genauso wie Grenzen und Konventionen. Ich glaube, dass der Glaube an das, was Freundschaft ist, eine unglaubliche Kraft haben kann und eine Menge ausmachen kann. Ich glaube auch, dass Freundschaften einer der wichtigsten Faktoren sind, die einen Menschen zu dem machen, was sie sind.

Mit Material von X-Verleih

Berlin ’36 startet am 10. September 2009 im Kino.

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