Jim Carreys Doppelmoral - Für Gage, gegen Gewalt

29.06.2013 - 08:44 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Jim Carreys Doppelmoral
Universal/moviepilot
Jim Carreys Doppelmoral
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Jim Carrey wendet sich gegen Kick-Ass 2, weil er den Film nach dem Sandy Hook-Massaker nicht mehr reinen Herzens unterstützen könne. Nach 35 Jahren in den USA und nach Erhalt der Kick-Ass-Gage hat er sein Gewissen endlich gefunden.

Es hat etwas länger gedauet, doch nun scheint auch Jim Carrey die Tragweite des Sandy Hook-Massakers begriffen zu haben. Doch auf Kosten seines jüngsten Filmprojekts Kick-Ass 2, das er nun nicht mehr guten Gewissens unterstützen könne. Er hätte vier Monate vor dem Amoklauf den Film gedreht und wäre damals noch ein anderer gewesen. Es täte ihm gegenüber allen Beteiligten des Films leid, aber die Ereignisse hätten zu einer Veränderung in seinem Herzen geführt.

Zum allgemeinen Verständnis: Das Gewissen des Schauspielers meldete sich sechs ganze Monate nach dem Sandy Hook-Massaker (im Dezember 2012), weil er drei Monate vorher (im September 2012) einen gewaltverherrlichenden Film drehte. Schön und gut, das ehrt ihn. Aber es drängt sich trotzdem unweigerlich eine Frage auf, lieber Jim: Der Amoklauf von Aurora während einer The Dark Knight Rises -Kinopremiere Ende Juli – einen Monat bevor du für Kick-Ass 2 zum ersten Mal vor der Kamera standest – scheint dich weniger belastet zu haben. Oder?

Statt weißer Taube blauer Vogel
Die ach-so-plötzlich aufgetretene Besinnung von Jim Carrey steht hier keineswegs in der Kritik. Die meisten Filmemacher und Schauspieler von Hollywood sollten sich in Selbstreflexion, Demut und Bedauern im Umgang mit der eigenen Arbeit und ihrer Auswirkung auf die Gesellschaft üben. Aber Timing und Argumentation der Twitteraktion des ehemaligen Comedy-Superstars sind so fadenscheinig wie falsch, dass ich sie bestenfalls als moralisch integere PR-Aktion pünktlich zum Start der Marketingkampagne des Films betrachten kann und nicht als reumütige Besinnung eines Hollywoodstars.

Die Filmografie des Schauspielers ließ zwar in Vergangenheit öfters Zweifel an seinem Verstand aufkommen, aber eigentlich war er immer ein recht harmloses Gemüt. Zumal er seit längerem nur noch mit Aktionen abseits seiner Filme für Aufmerksamkeit sorgen konnte. Ein Liebesbrief an Emma Stone da, eine nette Charlton Heston -Parodie dort, aber stets im Rahmen seiner eigenen, selbst geschaffenen Schublade. Zugegeben, letzteres war keine einmalige Sache. Jim Carrey ist ein ausgesprochener Gegner der US-amerikanischen Waffenlobby (NRA) und ruft seinen Followern auf Twitter (knapp 11 Millionen Stück) seine Abneigung gegen Waffen regelmäßig in Erinnerung. Carrey hat das Thema immer wieder mit Tweets wie “Besitzen wir Waffen oder besitzen die Waffen uns?” oder “Eine Million Menschen sind seit dem Mord an John Lennon in den USA erschossen worden” provozierend kommentiert. Aber es blieb stets bei Tweets und lustigen Funny Or Die-Filmchen.

Auch dieses Mal blieb es nur bei einigen schönen Worten – seit dem 24. Juni herrscht bei ihm wieder Funkstille – aber von echten Taten fehlt jede Spur. Fast erscheint es wie ein Negativ zur Fabel “Der Hirtenjunge und der Wolf” über einen Jungen, dem niemand Glauben schenkt, weil er zuvor gelogen hatte und darum nicht mehr ernst genommen wird. In unserem Fall ist Jim Carrey der Junge, der sein Leben lang den Spaßmacher mimte, den man aber nun nur schwer ernst nehmen kann.

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