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ihr, liebe Leser, könnt bei dem Projekt mitmachen und euch jederzeit
dem aktuellen Monatsthema widmen. Wie das funktioniert, erfahrt ihr in
den FAQ. Alle weiteren Artikel im März findet ihr am Ende dieses
Blogartikels.
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Wie schreibt man eigentlich einen Text über eine so abstrakte Kunst wie Musik? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Versuche ich etwas profundes zu Stil und Instrumentierung zu sagen, mache ich mich nur lächerlich. Ich bin bereits froh, dass ich einige der jährlich mehr und mehr werdenden Genres und Subgenres halbwegs auseinanderhalten kann. Ich mag Musik. Mein Wissen ist zwar schnell erschöpft, mein Geschmack zum Glück nicht.
Eine Facette meiner musikalischen Vorlieben, die hauptsächlich aus dem Progressive Rock erwuchsen, sind - wie soll es als Celluloidanbeter anders sein - Filmsoundtracks. Statt meine Favoriten im Detail aufzulisten, möchte ich mich allerdings nur auf einen einzelnen Komponisten und einen ganz bestimmten Soundtrack konzentrieren: Joe Hisaishi und sein musikalisches Meisterstück, das er für den poetischen Yakuza-Abgesang Sonatine von Takeshi Kitano auf die Welt losließ.
Und wie er uns erwischte! Na, zumindest mich, so viel steht fest. Am besten lasst ihr vor dem Weiterlesen schon einmal die erste Version des musikalischen Hauptthemas nebenher laufen. Oder aber: Wer die Musik nicht erstmalig losgelöst von den dazu passenden bewegten Bildern in sich aufnehmen möchte, scrollt zunächst an das Ende des Artikels und spielt das letzte Video ab.
Wer sich hier nun über die römische Zwei wundert: Ja, auf dem zusammengestellten Soundtrackalbum wurden die Stücke anders nummeriert. Dieses hier heißt aber nicht umsonst In the Beginning, denn es ist tatsächlich die erste Entsprechung des wunderbaren Sonatine-Themes, die uns im Film begegnet. Piano-Einstieg, Minimalistische Rhythmen, Synthesizer - Hisaishis Zutaten für eine traumähnliche Atmosphäre, passend zum unfreiwilligen Strandaufenthalt von Yakuza, die auf weitere Befehle warten sollen. Zur Untätigkeit verdammt. Urlaub ohne Urlaubsstimmung. Meeresrauschen, Einsamkeit, Langeweile.
Es ist natürlich schwer, der Behauptung, Hisaishi fasse diesen dichten Sog aus Stimmungen und Gefühlen, die durch die Bilder erzeugt werden, perfekt zusammen, irgendeinen objektiven Wahrheitsgehalt zu geben. Da müsst ihr mir einfach mal glauben. Oder es selbst mit einer Sichtung des Films riskieren. Oder als Kenner mir einfach widersprechen.
Die nächste Variante fügt den nun eingeprägten Klängen eine kraftvolle Komponente durch intensivere Perkussion hinzu:
Das Interessante hierbei ist vor allem der späte Zeitpunkt im Film, an dem das eigentlich so prominente Thema wieder aufgegriffen wird. Ohne den Handlungsverlauf vorwegzunehmen, geht das Motiv, das mit In the Beginning geöffnet wurde erst mit Act of Violence seinem Schluss entgegen, wenn auch zugleich Plot und Charaktere ihre jeweiligen Kreise schließen. Kitano unterbricht das Theme, weil er und sein Protagonist erst noch etwas zu "erledigen" haben. Wenn es dann letztlich ertönt, ist es umso effektiver. Fasziniernd ist auch, dass bei aller Gewalt, die zwar selten, aber dafür ungeschönt und ungezügelt auftritt, Hisaishi niemals von seiner Linie abweicht. Es gibt keine Musik, die Spannung oder Höhepunkte bereits andeutet, langsam aufbaut.
Final läuft folgende Version des wiederkehrenden Themas im Abspann:
So kurz hintereinander angehört, fällt die Repetition der Melodie natürlich viel stärker auf. Im Film selbst ist das selbstverständlich ausbalancierter. Die Stücke dazwischen sind defintiv ebenfalls allesamt absolut hörenswert, doch bevor ich hier den gesamten Soundtrack aufliste und einbette, dachte ich mir, konzentriere ich mich auf das wirklich tragende Theme des Films. Ein wichtiger Aspekt, der zu Hisaishis starkem Musikeinsatz beitrug, ist zudem wahrscheinlich die Tatsache, dass er bei Sonatine nicht wie bei der vorherigen Zusammenarbeit mit Kitano erst später dazustieß und einfach nachträglich zum abgedrehten Material komponierte, sondern mit zum Drehort fuhr und ebenso wie der Rest der Crew die unwirkliche Atmosphäre Okinawas aus erster Hand einfing.
Zum Abschluss das Ganze noch einmal mit bewegten Bildern in Form des Trailers:
Falls ihr euch von der wiederholten Melodie in diesem Artikel noch nicht genervt fühlen solltet, schaut euch den Film an und taucht ein in eine Geschichte, in der Bild und Ton sich vereinen, zu einer eindrucksvollen Sprache der Emotionalität.
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