Knackige Bastelfreude im Test zu LittleBigPlanet 3

18.11.2014 - 15:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Nicht nur Oddsock sorgt für frischen Wind
Sony Computer Entertainment
Nicht nur Oddsock sorgt für frischen Wind
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Mit dem Sprung auf die PS4 und mit einem neuen Entwickler-Team im Gepäck kehrt das LittleBigPlanet-Franchise zurück. Ob die bunten Bastelstunden noch immer Spaß machen, verraten wir euch in unserem Review.

Kreativität ist ein Begriff, der für die meisten Ohren eine ganz bestimmt Färbung angenommen hat. Wer kreativ ist, muss Künstler sein, denn die gerichtete und vollendete Anwendung von Kreativität resultiert letztlich in einem Kunstwerk. Alles andere ist nur Kitsch. Die meisten Leute geben sich damit zufrieden, nehmen sich davon aus und betrachten sich als reine Konsumenten fremder, kreativer Produkte. Dabei bleiben aber die eigenen Ideen auf der Strecke und der Spaß daran, sich ungehemmt auszuprobieren und auszutoben, wird vergessen.

So betrachtet war das LittleBigPlanet-Franchise schon immer außerordentlich mutig, immerhin ist die gesamte Reihe darauf ausgerichtet, den Bastelcharme früher Kindheitstage wieder einzufangen und damit auch eine ältere Spielerschaft ansprechen zu wollen. Eine Spielerschaft, die eigentlich ganz andere Dinge im Kopf hat als Stofffiguren mit Knopfaugen und bunte Sticker. Mit LittleBigPlanet 3 bleibt sich der Sackboy aber nicht nur treu, sondern forciert den Do it Yourself-Ansatz noch weiter und bastelt sich klammheimlich ein Siegertreppchen, auf dem der Titel noch über den beiden Vorgängern auf der Spitze thront.

Dabei hätte es ganz anders kommen können. Nachdem bekannt wurde, dass nicht mehr die Entwickler von Media Molecule über das Franchise wachen, sondern die Arbeit an Sumo Digital abgaben, wurde ich skeptisch. Zwar hatte sich die Reihe mittlerweile gefunden und ein neues Entwickler-Team wird schon nicht das gesamte Universum umstellen, aber die Befürchtung, dass der neue Fokus eben nicht mehr auf Einfallsreichtum und die oben angesprochene Kreativität liegt, war recht groß. Dass im Vorfeld dann drei neue Figuren angekündigt wurden, mit denen ich zusätzlich durch die stoffbespannten Level hüpfen darf, klang für mich nach verkrampfter Innovation. Als ließe sich eine müde Sitcom durch das Einführen neuer Nebencharaktere retten.

Das neue Viererpack


Doch diese Sorge war absolut unbegündet, Toggle, Swoop und Oddsock sind nicht nur ebenso charmant und sympathisch wie der noch immer originelle Sackboy, sondern sie fühlen sich zu keiner Sekunde fremd oder aufgesetzt an. Ihre jeweilig besonderen Fähigkeiten ergänzen das Spielgefühl und machen LittleBigPlanet 3 wieder zu einem gehaltvolleren Plattformer, nachdem der zweite Teil etwas zu sehr auf mehrere Genres zugleich setzte und beispielsweise Jump 'n' Run-Passagen mit Shoot 'em up-Levels abwechselte. Dies förderte zwar die Abwechslung, sorgte aber auch dafür, dass die Spieltiefe zur Nebensache wurde.

Toggle besitzt die Eigenschaft, die eigene Größe und somit auch das Gewicht zu ändern und fördert daher vor allem Physik-Rätsel. Der Vogel Swoop kann fliegen sowie gleiten und kommt in erster Linie bei Geschicklichkeitsebenen zum Einsatz, wenn es darum geht, Hindernissen auszuweichen. Der hundeartige Oddsock hingegen glänzt durch seine Geschwindigkeit, seine Sprungkraft und durch die Fähigkeit, an Wänden entlangzulaufen. Selbst der Sackboy bekommt zusätzliche Werkzeuge in die Hand gedrückt, mit denen er Stangen entlang rutschen oder auch größere Abgründe mit Raketenschuhen überwinden kann. Für sich genommen sind diese Fertigkeiten klassische Elemente eines Plattformers, der clevere Einsatz dieser Mechaniken und der stete Wechsel zwischen ihnen verhilft LittleBigPlanet 3 aber zu einem klareren Fokus und hebt das Gameplay über das Schaulaufen durch das Leveldesign hinaus.

Die größeren Level zahlen sich aus


Dennoch vergisst der Titel nicht, die Spielsequenzen durch interessante Einfälle aufzulockern. So wechselt die Kamera von der typischen Seitenperspektive auf eine isometrische Draufsicht oder die Schwerkraft wird plötzlich auf den Kopf gestellt. In Verbindung mit dem aberwitzigen Einfallsreichtum was die Levelarchitektur angeht, gestaltet sich LittleBigPlanet 3 zu jeder Zeit wie ein liebevoll charmantes Diorama, mit dem dann auch noch ungehemmt gespielt werden darf. Am meisten profiert das Spiel aber durch die Aufstockung der Levelebenen. War die Spielwelt im zweiten Teil noch auf 3 Ebenen begrenzt, geht der dritte Ableger viel stärker in die Tiefe und bietet ganze 16 Ebenen. Das lässt das Spiel nicht nur größer und imposanter wirken, sondern schafft auch viel mehr Freiraum für komplexere und aufwendigere Basteleinlagen.

Das gilt nicht nur für die Leveldesigner, sondern auch für jeden einzelnen Spieler. So sehr ich mich immer über den umfangreichen Editor der LittleBigPlanet-Reihe gefreut habe, fühlte ich mich durch die Fülle an Möglichkeiten überfordert und der Wunsch, ein ganz eigenes Level zu bauen, scheiterte an der unvermeidlichen Tutorial-Flut. Eigentlich müsste dieser Effekt bei LittleBigPlanet 3 noch viel stärker wirken. Dass er das nicht tut, liegt an den sogenannten Popit Puzzles, die wie normale Level daherkommen, dabei aber mit den Editor-Tools arbeiten und den Umgang mit ihnen spielerisch erläutern, anstatt sie zu versachlichen. So fällt der Einstieg leichter und die Motivation, der eigenen Kreativität tatsächlich einmal Luft zu machen, ist weitaus weniger durch handwerkliche Hürden gebremst.

Trotzdem werden sich wohl nur die wenigsten Spieler ernsthaft mit den Möglichkeiten des Editors auseinandersetzen und sich damit begnügen, in der Bastelkiste zu wühlen, Sprungschanzen zu bauen und abgefahrene Vehikel drübersausen zu lassen. Das macht großen Spaß (ich habe es ausprobiert), füttert aber nicht den weltweiten Fundus an User-Leveln, die über die Story hinaus Spieleinhalte bieten. Die Auswahl ist aber weiterhin gigantisch. Auch zum Launch, denn alle Level, die mit den Editoren der ersten beiden Ableger geschaffen wurden, sind mit dem Release auch für LittleBigPlanet 3-Besitzer nutzbar. Dieses Füllhorn an Inhalten ist beeindruckend, erfordert zuweil aber auch Geduld, denn nicht jede Welt, die gebastelt wurde, ist es auch wert, gespielt zu werden.

Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt


Aber selbst diejenigen, die ganz auf den Online-Aspekt verzichten möchten, bekommen ein aufregendes Paket an imposanten Leveln geboten, die sie allein oder aber mit drei Freunden erkunden können. Am diesmaligen Story-Modus fällt vor allem auf, dass die einzelnen Abschnitte viel kohärenter zusammenhängen und nicht nur lose auf einem Globus nebeneinander liegen. Jede Welt hat ein Hauptlevel, das als Hub dient, wo die einzelnen Missionen, Nebenaufgaben und Minispiele abgelaufen werden können. Das lässt die Welt homogener erscheinen und fördert auch die sympathische Story, die den stummen Sackboy und seine neuen Freunde auf den unfreiwillig hinterlistigen Newton treffen lässt, einer adrett gekleideten Glühbirne, die die Kreativität des Universum absorbieren und in sich vereinen möchte. Das ist witzig erzählt und hebt sich deutlich von den Ansätzen der beiden Vorgänger ab.

Fazit

LittleBigPlanet 3 folgt zwar teilweise der klassischen Sequel-Philosophie und bietet mehr von allem, versteht es aber auch, den wackelnden Fokus des Vorgängers, der schlussendlich zuviel wollte, wieder einzufangen und auf eine klare Linie zu bugsieren. Der Detailreichtum der Präsentation wurde beibehalten und durch die zusätzlichen kosmetischen Möglichkeiten für die neuen Charaktere sogar sinnvoll erweitert. Mit cleveren Entscheidungen gelingt es den neuen Entwicklern, die weiterhin von Media Molecule beraten wurden, die Spieltiefe des Titels erweitern, anstatt sich unnötigerweise auf weitere Individualisierungsmöglichkeiten zu versteifen.

LittleBigPlanet 3 wurde in Form eines Retail-Musters von Sony Entertainment Europe bereitgestellt. Alle Aussagen beziehen sich auf die PS4-Version.

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