Mad Max trifft auf FTL im Test zu Bedlam

22.09.2015 - 17:15 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Bedlam im Test
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Der Kickstarter-Erfolg Bedlam will euch mit seinem hohen Schwierigkeitsgrad nicht nur fordern, sondern brechen. Alles, was beim Spielen aber kaputt ging, waren meine Nerven. Warum das so war, erfahrt ihr in meinem Test.

Laut meinem Steam-Profil ist FTL: Faster Than Light eines meiner am meisten gespielten PC-Spiele. Nicht eingerechnet wurden dabei die vielen Stunden, die ich an meinem iPad in meine Weltraumreisen investiert habe. Obwohl ich es trotz 100+ Stunden noch nie geschafft habe, tatsächlich auch nur ein einziges Mal zu gewinnen, gehört FTL zu meinen absoluten Lieblingsspielen und jeder Sale lässt mich zum Videospieläquivalent eines Wachturm-Vertreters werden, der anderen unbedingt die Erlösung in Videospielform zukommen lassen will.

Meine unsterbliche Liebe zu FTL war es schließlich, die mein Interesse an Bedlam weckte, das auf seiner Kickstarter-Seite damit lockte, von Spielen wie Faster Than Light, XCOM und The Banner Saga inspiriert worden zu sein, gleichzeitig aber auch stark an Mad Max: Fury Road und Fallout erinnerte. Für mich ein wenig wie ein wahrgewordener Traum in Videospielform. Wie es aber so ist mit Träumen, ist das Erwachen meist weniger schön und auch die Realität sieht anders aus.

Bedlam

Bedlam ist ein rundenbasiertes, rogue-like Strategiespiel, das in einem postapokalyptischen Ödland angesiedelt ist, das es alles andere als gut mit euch meint. Eure Aufgabe ist es, eine rollende Festung durch die tote Welt zu befördern, um von der futuristischen Metropole Bysantine zur sagenumwobenen Utopie Aztec City zu gelangen – möglichst, ohne dabei Crew und Passagiere zu verlieren.

Dass das leichter gesagt als getan ist, dürfte sich von selbst verstehen, schließlich sind Rogue-likes nicht gerade bekannt dafür, einfach zu sein. Auf dem Weg durch das Wasteland verliert ihr nicht nur mit jedem Zug wichtige Ressourcen wie Crude (eine Art Benzin) und Fleisch, sondern werdet auch immer wieder angegriffen. Plünderer, Mutanten, Cyborgs und bösartige KI – fast niemand ist euch positiv gesinnt, denn jeder hat nur das eigene Überleben im Sinn. Manchmal hat das Vorteile, da ihr so mit anderen Wanderern Ressourcen tauschen oder sie zum Teil eurer Crew machen könnt, manchmal Nachteile, da sich herausstellt, dass es sich dabei um fiese Betrüger handelt, die eigentlich nur eure rollende Festung haben wollten.

Zufällige Begegnungen und Ereignisse sollen verhindern, dass der Spielverlauf langweilig wird, ebenso wie die unterschiedlichen Arten von Feinden euch das Leben schwer machen – oder es gleich ganz beenden.

EIn Kampffeld in Bedlam

Letzteres ist die wahrscheinlichere Variante, da die Feinde in Bedlam übermächtig zu sein scheinen. Das liegt aber nicht immer daran, dass sie aufgrund ihrer Komplexität eine besondere Herausforderung darstellen – im Gegenteil, an ihrer Grundmechanik ändert sich nichts, egal gegen wen ihr kämpft –, sondern vielmehr an zweifelhaftem Game Design, das mit jeder Entscheidung gegen euch arbeitet.

Es gibt beispielsweise keine Möglichkeit, die dringend benötigten Ressourcen zu kaufen, stattdessen müsst ihr sie durch Kämpfe erobern oder per Zufall finden. Das klappt leider je nach Weg nicht immer, was mehr als einmal dafür gesorgt hat, dass mein Spiel frühzeitig endete, weil eine Art russisches Roulette sich dafür entschied, dass ich keine weitere Chance bekomme. Da nützten mir auch meine hart erkämpften Veteranen und Elites nichts mehr. Das Spiel nahm mir hier auf eine Art die Kontrolle, die in ihrer Endgültigkeit wohl an XCOM oder The Banner Saga erinnern sollte, sich aber stattdessen völlig willkürlich anfühlte.

Ähnlich verläuft es bei den Kämpfen, die der Dreh- und Angelpunkt des Gameplays sind, sich allerdings alles andere als durchdacht anfühlen. Anders als in vielen anderen rundenbasierten Spielen habt ihr nicht pro in die Schlacht geschickten Charakter zwei Aktionen, sondern nur zwei pro Runde. Das bedeutet, dass ein Teil eurer Kämpfer im besten Fall nutzlos in der Gegend herumsteht und im schlechtesten Fall schlicht Kanonenfutter ist. Wer glaubt "gut, nehme ich eben weniger mit in die Schlacht", den muss ich enttäuschen, da ihr so häufig eher Gefahr lauft, sofort alles zu verlieren. Wichtig ist, die Charaktere an den richtigen Stellen zu positionieren – was schwierig ist, da auch Deckung nur bedingt nützlich ist –, dass sie möglichst viel Schaden anrichten können, ohne selbst getroffen zu werden.

Unterschiedliche Gesichter, immer gleiche Fähigkeiten

Das fühlt sich allerdings weniger taktisch und meist eher zufällig an, gerade wenn es um Fernkämpfer geht. Sniper könnten nur eine exakt vorgegebene Zahl an Feldern von ihrem Ziel entfernt sein, andernfalls können sie erst gar nicht schießen. In vielen Fällen verdammte ich meine Sniper allein mit dem Entschluss, sie überhaupt mit ins Feld zu nehmen, zum Tod.

Als Strategiespiel versagt Bedlam gerade dank seiner Zufälligkeit fast auf ganzer Linie. Der Indie-Titel ist voller Designentscheidungen, die ohne Zweifel nur eingeführt wurden, um das Spiel schwerer zu machen, allerdings keinen wirklichen Sinn erfüllen. Herausfordern und frustrieren sind zwei völlig unterschiedliche Dinge und Bedlam schafft es nicht, sie auseinanderzuhalten. Ihr habt keine Gelegenheit, aus euren Fehlern zu lernen, da das Spiel euch sofort bestraft und euch die Motivation nimmt, es noch einmal zu versuchen. Wo Spiele wie Dark Souls oder Bloodborne uns zurücklocken, weil sie – inklusive der Fehler, die wir machen können – bis ins letzte Detail durchdacht sind, fühlt sich Bedlam vollkommen beliebig an.

Wie wäre es mit einem Tausch?

Das trifft auch auf die Zufallsbegegnungen zu, die ihr während eurer Reise durch das Ödland erlebt. Sie sind ganz gut geschrieben, fast jeder Charakter hat eine Hintergrundgeschichte (wenn auch keine spürbare Persönlichkeit) und die Details wecken Interesse daran, mehr über die postapokalyptische Welt zu erfahren – würde das Gameplay und die Belanglosigkeit der Ereignisse diese Lust nicht sofort im Keim ersticken.

Fazit

Bedlam beginnt unfair und wird mit jedem weiteren Klick nur noch unfairer. Seine Schwierigkeit basiert allein auf fragwürdigen Game Design-Entscheidungen, die schnell jede Lust nehmen, Zeit in das rundenbasierte Rogue-like zu stecken. Anstatt euch herauszufordern, frustrieren die Kämpfe vor allem. Weder das tolle Konzept noch die wundervolle und hervorstechende Optik können etwas daran ändern, dass sich Bedlam undurchdacht und unfertig anfühlt.


Bedlam wurde uns in Form eines Review-Keys von Sunshine Games zur Verfügung gestellt. Ich habe das Spiel außerdem auf Kickstarter unterstützt.

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