Glamour fehlte auf der 60. Berlinale. Zwar waren Martin Scorsese und Leonardo DiCaprio da, um ihren Film Shutter Island außer Konkurrenz vorzustellen, auch Shah Rukh Khan liess sich blicken: Das war es dann aber schon. Glanz und Glamour vermissen die Filmkritiker aber nicht, es ist eher die fehlende Filmkunst, die ihnen aufstösst.
Zwar freut sich Michael Althen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über den Gewinnerfilm Bal – Honig, der immerhin noch akzeptabel ist, aber Filmgeschichte schreibt die Berlinale nicht. Ihm fehlt es bei der Wettbewerbs-Auswahl an Ambition, “irgendetwas Neues zu entdecken oder auch nur Anschluss zu halten an Entwicklungen oder Namen, zu denen man im Einzelnen stehen kann, wie man will, die aber zumindest von einer Mehrheit derer, die sich dafür interessieren, weltweit für relevant gehalten werden.”
Dominik Kamalzadeh vom Standard sieht es ähnlich: “Anders als die Auswahl anderer größerer A-Festivals ist jene der Berlinale eine, welche die Dynamiken des Weltkinos nur unzureichend wiedergibt. Zu wenige Regisseure mit unverwechselbarem Stil treffen auf zu viele Varianten eines Kinos, das sich in Beliebigkeit erschöpft, kaum etwas riskiert.” Für Anke Westphal von der Berliner Zeitung gibt es keine “Entschuldigung für die Vielzahl eher lauer Filme im Wettbewerb des Jubiläumsjahrgangs. Nicht selten gibt sich die Berlinale nämlich mit der dritten Wahl einer inzwischen nur zweiten Regie-Liga zufrieden.”
Auch Cristina Nord von der taz ist enttäuscht. Für sie überwog das Belanglose das Anregende bei weitem. “Das Traurige daran ist, dass dies seit Jahren so geht. Dieter Kosslick und sein Auswahlteam setzen zu oft auf den Thesenfilm statt auf den in Bildern denkenden Film, zu oft auf das Offenkundige statt auf das Subtile, zu oft auf gemütliches Arthouse statt auf herausforderndes Autorenkino.” In die gleiche Kerbe schlägt Rüdiger Suchsland auf Artechock “Insgesamt fällt die Bilanz des Gesamtfestivals einmal mehr mau aus: An die enttäuschenden Wettbewerbe, die eher Kino-Moden nachrennen – drei Jahre nach Cannes liefen und gewannen nun auch in Berlin rumänische Filme – als sie zu begründen und Neues zu entdecken, hat man sich unter Dieter Kosslick leider gewöhnen müssen. Schwerer wiegt der generelle Bedeutungsverlust des Festivals im Vergleich zu Cannes und Venedig.”
Was meint Ihr? Ist das Meckern auf höhem Niveau? Oder ist die ganze Kritik an der Berlinale gerechtfertigt?