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Meine Analyse zu Joker (2019)

12.11.2019 - 14:00 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
Alles Denken ist wie in einem Nebel
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Alles Denken ist wie in einem Nebel
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Der Joker ist schon zu Recht über den Klee gelobt worden und was andere können, kann ich nicht unbedingt besser. Was ich aber kann, ist eine andere Sichtweise auf den Joker - pardon! - Arthur Fleck (AF) zu werfen. Folge mir, wer mag.

Redaktionelle Hinweise:

Die Filmzitate aus Joker in kursiver Schriftart sind, sofern nicht anders angegeben, nach den Einträgen in der IMDb wiedergegeben.
Link: https://www.imdb.com/title/tt7286456/quotes/?tab=qt&ref_=tt_trv_qu
Die Datumsangaben in Klammern bedeuten den letzten Aufruf des Zitats.

Die Übersetzungen habe ich selbst angefertigt. Diese folgen also nicht zwangsläufig den Übersetzungen im in Deutsch übersetzten Film, die mir leider ob des erst späteren DVD-Release im März 2020 auch nicht vorliegen.
Änderungsanregungen gern in die Kommentare. Und Los!

Viele Kritiken haben auf den Umstand hingewiesen, dass der Zuschauer über die Realität der Ereignisse rund um AF im selben Maß im Ungewissen gelassen wird wie der Joker über seine genetische Abstammung.

Sogar der ganze Film könnte eine Einbildung AF sein.
Man könnte sogar so weit gehen zu sagen, dass bis auf das abschließende Gespräch in der Klinik, alles die Einbildung AF gewesen sein könnte – sogar der finale Mord an der Psychiaterin!

Damit bestünde der reale Teil des Films nur darin, dass AF über seinen eigenen Witz lacht und er es nicht schafft, seine Zuhörerin zum Mitlachen zu animieren. Ein gescheiterter Komiker durch und durch!

Wer sich auf diese Auslegung eingelassen hat, wird wohl kaum evident vom Gegenteil zu überzeugen sein.
Doch bei dieser strengen Auslegung würde sich der Joker in seiner Einbildung einbilden, dass er sich etwas einbildet!
Anders erklärt: Wir sehen im Film Passagen, die hernach als Einbildung des AF aufgedeckt werden.
Wenn nun alles die Einbildung des Jokers gewesen wäre, müsste man umständliche Erklärungsmodelle bemühen, um diesen Missstand weg- bzw. umzudeuten.
Als Gegenargument sei angerissen, dass der Film an sich eben mit dem Rezipienten kommuniziert und gerade die – ohne jede Despektierlichkeit so genannten – Durchschnittszuschauer eben erstmal auf den Gedanken zu bringen, was Realität und Fiktion des AF war oder auch nicht – quasi als sanften Hinweis auf die Viel- u. Mehrdeutigkeit des Werkes.
Und auch die Spielereien mit den Uhren, die angeblich immer dieselbe Uhrzeit (11:12 Uhr) zeigen, könnten eben nur Spielereien sein oder eine bewusst angelegte falsche Fährte eines Regisseurs, der sich selbst als unzuverlässigen Erzähler betrachtet oder – um eine letzte Metaebene ins Spiel zu bringen - sich vom Wahnsinn des AF anstecken hat lassen..

Ich gebe die weitere Debatte hierzu gerne in den Kommentaren frei.

Ansosten laufen die Debatten heiß, ob AF tatsächlich den Joker darstellt, der später Batman so schwer zusetzten wird, oder ob der wahre Joker nicht doch ein Trittbrettfahrer im Rahmen der öffentlichen Gewaltproteste ist; der clownsmaskierte Attentäter auf Bruce Waynes Eltern wird in diesem Zusammenhang gerne genannt.
Und vor diesem Hintergrund liest sich die folgende Drehbuchzeile dann doch schon wie ein Metagespräch.

„Arthur Fleck: Murray, one small thing?
Murray Franklin: Yeah?
Arthur Fleck: When you bring me out, can you introduce me as Joker?“

„AF: Murray, eine kleine Sache?
MF: Ja?
AF: Wenn du mich rausbringst, könntest du mich als Joker einführen?“

Murray kommt dieser Bitte nach und wird hernach vom Joker erschossen.
Ein Schicksal, dass dem Regisseur ob des überbordenden Erfolgs wohl erspart bleibt.
Doch, wenn Todd Phillips mit seinem Meisterwerk gescheitert wäre, könnte man auch über diese Szene nochmal ganz anders nachdenken.
Unabhängig davon, wie man die Frage nach der Realität im Film, die ihrerseits ohnehin – wie oben bereits angerissen - wieder zahlreiche Meta-Diskussionen hervorruft, beantwortet, stellt der Film eine große Frage, die im Film selber nur durch den Blickpunkt des Zuschauers beantwortet werden kann.

Die Frage lautet überspitzt: und wer ist an allem schuld?

Es ist hier von größter Notwendigkeit sorgfältig zu beobachten und nicht seine eigene Ideologie in den Film hinein zu denken (Exegese vs. Eisegese).


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