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...meine Kakerlaken-Phobie

21.12.2021 - 07:02 UhrVor 3 Jahren aktualisiert
Joe´s Apartment
moviepilot
Joe´s Apartment
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Angeregt durch den Dude von Nebenan hier ein Exkurs zu einer meiner Sammlungen, nämlich Spielfilme mit Kakerlaken.

Nachdem ich auf meinen Reisen durch einige Länder Asiens unerfreuliche Begegnungen mit ihnen hatte, entwickelte ich übertrieben Ekel und Furcht gegen diese unangenehmen Wesen, deren Habitat menschliche Behausungen sind. Unangenehm sind sie vor allem, weil sie gerne da sein wollen, wo man selbst ist, sich extrem schnell bewegen können, überall hinein passen, alles fressen können und hauptsächlich bei Dunkelheit, wenn man selbst gerne schlafen würde, die Umgebung unsicher machen. Außerdem, wie Captain Cockroach aus Fat Freddy so schön sagt: "We got Millions more where that one came from." - GRUSEL!

Ich habe versucht, meine Phobie zu bekämpfen, indem ich mich mehr über sie informiert (was die Sache aber nicht unbedingt besser gemacht hat, denn seitdem weiß ich, dass Küchenschaben eben tatsächlich nur in menschlichen Behausungen leben) und mir für meine Reisen einen sogenannten Moskito-Dome besorgt habe.

Bei meinen Recherchen stellte ich fest, dass es erstaunlich wenige Spielfilme gibt, die Szenen mit Kakerlaken enthalten. Womöglich liegt das daran, dass diese Tiere schwer abzurichten sind, oder aber daran, dass auch viele andere sie nicht mögen.

Deshalb habe ich eine Mitmach-Liste angelegt: https://letterboxd.com/eudorafletcher/list/cockroaches/

Hier nun ein paar Fundstücke, die ich aus unterschiedlichen Gründen für erwähnens- und sehenswert halte.

In dem bekannten Film Joe's Apartment - Das große Krabbeln (1996) zieht der Hauptprotagonist in eine Wohnung in einem New Yorker Abbruchhaus ein und lebt dort mit einer ganzen Armada an Kakerlaken zusammen. Diese sind großartig inszeniert und superlustig! Der Film schafft es, dass man diese Tiere sympathisch findet, obwohl sie großteils durchaus realistisch dargestellt wurden. Das finde ich ziemlich genial! Tatsächlich einer der wenigen Filme, die ich mir öfter ansehen kann.

Noch entzückender ist die Kakerlake in Wall-E - Der Letzte räumt die Erde auf (2008). Von ihr konnte ich leider kein Bild auftreiben. Die Künstler, die das Insekt animiert haben, müssen sich mit ihr vorher beschäftigt haben, denn sie haben Aussehen und Bewegungen gut umgesetzt!

Nun aber zu den unerfreulicheren Begegnungen mit ihnen:

In Vampire's Kiss (1988) taucht in einer New Yorker Wohnung eine wunderbare Kakerlake auf. Nicolas Cage greift erstaunlich beherzt zu, versucht, sie einzufangen und dann kommt es zu einer der BESTEN KAKERLAKENSZENEN EVER!!! Guckt euch nur dafür den Film an und schreibt was dazu! Ich finde nicht, dass Cage der größte Overacter ist. Er spielt halt spinnerte Typen (Ich oute mich hier mal als Fan). Ich bin davon überzeugt, dass die deutsche Synchro bei ihm ein großer Mist ist und mitverantwortlich für die Kritik.

Durch meine Suche nach der Kakerlake im Spielfilm bin ich auf einige Produktionen gestoßen, die ich sonst vielleicht nicht entdeckt hätte. Ein paar mindestens Sehenswerte davon möchte ich euch kurz vorstellen.

Sewer (2007) beschäftigt sich mit Kindern und Jugendlichen aus prekären Verhältnissen in der Hauptstadt Davao City der philippinischen Insel Mindanao. Sehr spät im Film gibt es einige Szenen mit zwei Jungen um die 6,7 Jahre, die Kakerlaken in einem Kanalisationsrohr fangen und mit ihnen spielen. Für den Film muss man Geduld mitbringen, man wird dann aber durch tolle atmosphärische Bilder und recht authentische Geschichten belohnt.

Was die Low-Budget-Produktion The Burial Of Kojo (2018) aus Ghana auszeichnet, sind wunderschöne Bilder von sehr gut ausgewählten Locations - eine ganz hervorragende Kamera! Absolutes Gedicht für den Cineasten! Die Geschichte ist eine Mischung aus Übersinnlichem, Traumhaftem und den realen Lebensumständen und Sorgen einiger ärmerer Menschen dort. Die Kakerlake kommt spät im Film vor, an einer Stelle, an der ich sie eher nicht erwartet hätte: An einer Brunnenwand.

Den Film gibt´s übrigens kostenlos bei Vimeo.

In Kinyarwanda (2011) geht es um den Völkermord an den Tutsi in Ruanda. Es gibt eine starke Szene, als ein ungefähr 4jähriger Junge eine Gruppe von Hutu-Männern belauscht, wie sie darüber reden die „Kakerlaken“ zu vernichten. Sie hören Schüsse und fragen sich, wo die Waffen sind. Der kleine Junge sagt zu ihnen, er wisse wo die Waffen und die Kakerlaken wären und führt sie in das Haus seiner Eltern. Die Männer bedrohen und beschimpfen die Familie. Der Junge nimmt eine Videokassette mit einem Kriegsfilm und legt sie ein, deutet auf den Fernseher und sagt, hier sind die Waffen. Dann schlägt er mit dem Fuß gegen einen kleinen Schrank, aus dem einige Kakerlaken flüchten. Er deutet auf den Boden und sagt: Hier sind die Kakerlaken.

Der bitterböse The Dark House (2009) bediente meine Vorurteile, die ich von Polen und dem ganzen „Ostblock“ habe: Die Männer saufen wie die Wahnsinnigen, sind gewalttätig und machen (besoffen) lauter ekelhafte Dinge. Ich kenne wenige Filme, mit so widerlichen Szenen, wie hier. Es wird natürlich auch gelogen, betrogen und erpresst, wo es nur geht. Außerdem wird eine spannende, durchaus schlüssige Geschichte erzählt. Ich war überrascht zu sehen, dass sogar im eiskalten polnischen Hinterland in den Häusern Kakerlaken leben.

In dem entzückenden Animationsfilm Shinbone Alley (1970) wird der Selbstmörder Archie als Kakerlake in New York wieder geboren und versucht, sich in dem entsprechenden Ambiente zurecht zu finden. Auch diese gruseligen Hundertfüßler, die es in NYC gibt, kommen vor. Es wird gesungen, getanzt und gedichtet. Der Film orientiert sich an einem Musical an dem auch Mel Brooks beteiligt war. Würde mich freuen, demnächst mal den ein oder anderen Kommentar von euch dazu zu lesen. Den Film kann man auf YT sehen.

In dem indischen Delhi Belly (2011) geht es um 3 Kerle aus einer abgesifften WG, die durch Zufall in Schwierigkeiten geraden. Der Humor war nicht 100 %ig überzeugend, aber doch ganz lustig. Witzig fand ich, dass die Verdauung eines der Protagonisten so eine große Rolle spielt. Es handelt sich hierbei nicht um präpubertären Pipikaka-Humor. Der Inder an sich beschäftigt sich gerne und ausgiebig mit seiner Verdauung, vor allem auch in der Ajurveda-Medizin. Im Gegensatz zum Westen, in dem man sich für Frequenz, Geruch und Konsistenz seiner Scheiße eben nicht mehr großartig interessiert und dabei außer Acht lässt, dass das sehr viel über die Gesundheit eines Menschen aussagt, haben die Inder da einen viel unmittelbareren Bezug und es beschäftigt sie viel offener, ob sie regelmäßig kacken können. Eine Kakerlake gibt´s natürlich auch, so wie es sich in einer indischen Junggesellen-WG gehört.


Relaxer (2018) ist eine der widerlichsten Darstellungen von jungen Männern, die nichts Besseres mit ihrem Leben anfangen können, als absurde Challenges zu meistern, die ich jemals gesehen habe. Ist durchaus eine gute Idee, wenn man in der Lage ist, das Ganze ein bisschen zu abstrahieren. Stichwort „toxische Männlichkeit“. Der ganze Film spielt in einem abgesifften Wohnzimmer und man schaut einem Kerl zu, der versucht, eine PacMan Challenge zu gewinnen. Mit einem minimalen Budget wurde hier immerhin ein durchaus unterhaltsamer Film produziert. Irgendwann kommt auch eine Kakerlake vorbei.

Gefilmt wurde die Low-Budget-Produktion Kick Off Kirkuk (2009) in einem alten Fußballstadion im kurdischen Norden des Irak. In einem ehemaligen Fußballstadion in Kirkuk haben sich verschiedene Familien aus verschiedenen Regionen eine provisorische Unterkunft zusammengebastelt und versuchen da zu leben. Zwei junge Männer organisieren ein Fußballspiel für den kleinen Bruder, dem ein Bein amputiert wurde, aber auch für die gesamte dort lebende Gemeinschaft. Die kunstvollen und ästhetischen Bilder bringen die Atmosphäre sehr gut rüber. Die Kakerlaken sieht man nicht, aber es wird über sie gesprochen.

Vielleicht gelingt es mir eines Tages, zu akzeptieren, dass diese Biester einfach zur Welt dazugehören.

Freue mich auf weitere Film-Empfehlungen!

...To be Continued....

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