Neu bei Netflix: Dieser Film zeigt, wie schlecht 365 Days wirklich ist

04.07.2020 - 09:15 UhrVor 3 Jahren aktualisiert
Maggie Gyllenhaal und James Spader in SecretarySunfilm/Netflix
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Die Erotikfilm 365 Days zog zuletzt viel Kritik auf sich. Mit Secretary bietet Netflix jetzt selbst eine bessere Alternative an, in der sich Maggie Gyllenhaal ihrem Boss James Spader unterwirft.

Seit Wochen landet der polnische Erotikfilm 365 Days verlässlich in der Top 10 beim Streaming-Dienst Netflix. Dabei zieht der Film mittlerweile Kritik vom Ausmaß einer sizilianischen Mafia-Yacht auf sich. So fordert die Organisation Pro Empower von Netflix eine Trigger-Warnung auf Grund der "erschreckenden" Gewalt gegen Frauen im Film.

Der Zuschauerschaft tut das allerdings keinen Abbruch, womöglich auch weil der Streaming-Dienst wenige Alternativen im selben Genre bereithält. Passend zum Interesse an 365 Days wanderte vor kurzem allerdings Secretary in den Katalog, der in vielerlei Hinsicht die bessere Alternative zur erotischen Mafia-Entführung aus 365 Days darstellt.

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Warum Secretary bei Netflix 365 Days ähnelt

2002 erschien der Film mit Maggie Gyllenhaal und James Spader, in dem eine Kurzgeschichte der Autorin Mary Gaitskill adaptiert wurde. Damals wie heute bleibt der Ansatz ungewöhnlich fürs amerikanische Kino. Denn Secretary ist im Wesentlichen eine romantische Komödie, allerdings konzentriert sie sich nicht auf komische Verwechslungen oder skurrile Mitbewohner, sondern die sadomasochistische Entdeckungsreise ihrer Hauptfiguren.

Der Trailer für Secretary mit Maggie Gyllenhaal und James Spader:

Secretary - Trailer (Deutsch)
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Wegen der BDSM-Thematik wurde Secretary schon häufig mit der 50 Shades of Grey-Trilogie verglichen und auch im Fall von 365 Days ergeben sich Parallelen, obwohl sich die Filme im Ton unterscheiden.

Im Mittelpunkt von Secretary steht wie bei den anderen Filmen auch eine von Dominanz und Unterwerfung geprägte Beziehung. Lee Holloway (Gyllenhaal) nimmt im Film von Steven Shainberg nach dem Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik eine Stelle als Sekretärin an. Ihr Boss in der Anwaltskanzlei fällt durch gelinde gesagt exzentrische Anwandlungen auf. E. Edward Grey (Spader) treibt seine Sekretärinnen mit seinen pingeligen Ansprüchen normalerweise in den Wahnsinn.

Doch zwischen Lee und ihm entwickelt sich eine gegenseitige Anziehung. Die spielerischen Strafen für ihre Schreibfehler erregen ihn sexuell, was sie durch absichtliche Missgeschicke nur noch fördert. Lee übernimmt die devote Rolle in der Beziehung, während Edward als dominanter Partner auftritt. Der Lustschmerz vereint sie.

365 Days und die Probleme der Dominanz

Secretary ist im Gegensatz zu 365 Days kein Softcore-Erotikfilm, was an dieser Stelle nicht wertend gemeint ist. Ob Rom-Com oder Erotik, beide Genres haben ihre Daseinsberechtigung, genau wie Actionfilme, Horrorfilme oder Krimis. Das Grundproblem von 365 Days ist nämlich nicht die Erotik, sondern die Charakterisierung und Dynamik seiner Hauptfiguren.

Maggie Gyllenhaal und James Spader in Secretary

Urlauberin Laura (Anna Maria Sieklucka) wird in der Romanadaption von Mafiosi Massimo (Michele Morrone) entführt. Ein Jahr ihres Lebens raubt er ihr, damit sie sich in ihn verliebt. Was prompt geschieht. In der Inszenierung wird die missbräuchliche Beziehung romantisiert.

Massimo wird als unbezwingbarer Sex-Gott mit Vorliebe für Fesselspielchen dargestellt, der in einer früheren Szene eine Stewardess gewaltsam zur oralen Befriedigung zwingt. Hinterher quittiert das Opfer den Vorgang mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck.

Der Missbrauch wird durch eine "nachträgliche" Einwilligung heruntergespielt. So wie auch die heißen Yacht-Ausflüge von Laura und Massimo nachträglich die Freiheitsberaubung herunterspielen.

Massimo und Laura in 365 Days

Lauras sexuelle Selbstbestimmung wird zugunsten der Fantasie immer wieder untergraben, weil sie Massimo grundsätzlich unterlegen ist. Durch das Drehbuch und ihre gelinde gesagt strunzdoofe Charakterisierung wird das allerdings sanktioniert. Unsere Empathie für Laura ist in etwa so breit wie ein einzelnes sizilianisches Brusthaar.

Secretary als bessere Alternative zu 365 Days

Secretary wiederum stellt auch kein ideales Vorbild von BDSM-Beziehungen dar. Wie Erika Moen, Autorin des Comics Oh Joy, Sex Toy  erklärt, fehlt zwischen Lee und Edward oft die notwendige Kommunikation über ihre Beziehung, ihre Vorlieben und ihr Safeword.

Als Lehrvideo taugt der Film also nicht, das ist aber auch nicht die Aufgabe von Kunst. Im Vergleich zu 365 Days fällt Secretary jedoch positiv auf, weil die beiden Hauptfiguren auf Augenhöhe agieren. Lees Gefühlswelt wird als ebenso wichtig wie jene von Edward dargestellt. Sie besitzt eine eigene Agenda und folgt ihren eigenen Wünschen.

Demgegenüber wirkt Laura in 365 Days durch ihre eigentlich angebrachten Beschwerden teils unsympathisch. Fast so als müsse sie Massimo verfallen, um den Zuschauerwünschen gerecht zu werden. Widerstand ist zwecklos.

Maggie Gyllenhaal als Lee in Secretary

Zwar bietet Secretary weit weniger nackte Haut als der Erotikfilm von Barbara Bialowas und Tomasz Mandes. Letzterer füllt seine charakterliche Leere jedoch durch Sexszenen, während sich die erotische Anspannung in Secretary durch die verträumte Inszenierung und die Tiefe der Charakterisierung ergibt. Da wir Lees schwierigen familiären Hintergrund kennenlernen, können wir ihre Befreiung durch die sadomasochistische Unterwerfung umso intensiver nachempfinden.

Beide Filme, ob Secretary oder 364 Days, entfalten erotische Fantasien, die auf Beziehungen dominanter und unterwürfiger Partner bauen. 365 Days lässt seine Heldin zugunsten der Yacht-Orgien über die Planke gehen. In Secretary sitzt sie mit am Ruder.

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Habt ihr Secretary gesehen und würdet ihr ihn weiter empfehlen?

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