"Es ist noch nicht fertig." – Als ich mich mit James Brooksby (Strike Suit Zero ), dem CEO von Edge Case Games, am Rande der Quo Vadis über sein neues Spiel unterhalte, möchte er nur, dass ich hinterher auf den Alpha-Status hinweise. In Zeiten, in denen die Videospielbranche mit zum Standard gewordenen Verschwiegenheitsklauseln teils seltsame Blüten treibt, ist das eine sympathische wie unerwartete Bitte. Ebenso offen wie er selbst präsentiert sich auch der Entwicklungsansatz, den er und sein Studio für Fractured Space gewählt haben.
Der Multiplayer-Titel, der sich irgendwo zwischen League of Legends und World of Tanks einpendeln will, entsteht als Open Development-Projekt. Das bedeutet für Edge Case Games nicht nur, ohne Einschränkungen mit Journalisten, potentiellen Partnern oder Spielern über Fractured Space zu sprechen. Vielmehr legen sie ihre Kurz- wie Langzeitpläne offen und räumen ihrer Community große Freiheiten ein, um an der Entstehung mitzuwirken.
Im offiziellen Forum finden
sich etwa zahlreiche Threads, in denen Spieler ihr Feedback zu
Fractured Space abgeben oder Ideen für zukünftige Features sammeln.
Darüber hinaus legt das Studio mit einem öffentlichen
Trello-Board sprichwörtlich ihre Karten auf den Tisch. Durch dieses
hohe Maß an Transparenz verspricht sich Brooksby äußere Einflüsse,
die Fractured Space letztlich an Qualität gewinnen lassen.
Menschen reagieren auf die bestmögliche Art, wenn sie dich vollkommen verstehen.
Doch niemand fängt einen dicken Fisch ohne Haken, weswegen auch Open Development Risiken birgt – auf mehreren Ebenen. So kritisiert John Walker in einer Polemik auf Rock, Paper, Shotgun das Konzept an sich. Schließlich würden sich Menschen naturgemäß mehr von dem wünschen, was ihnen bereits gefällt. Somit hemme Open Development den kreativen Fluss von Entwicklern.
Ich frage mich zumindest, inwiefern das Team das kreative Ruder halten will, solange Außenstehende mit im Boot sitzen. Brooksby erklärt, sie hätten eine klare Vorstellung davon, wie Fractured Space einmal aussehen solle, allerdings gebe es beispielsweise viele Detailfragen, bei deren Beantwortung die Fans helfen.
Die Spieler wussten, dass es ein Thema ist, weil sie es bei Trello sahen und sie sahen, dass Carrier und Fighter kommen sollten – Monate im Voraus. Daraufhin begann eine Unterhaltung. Diese Unterhaltung beeinflusste die Details, da der Designer all die Kommentare lesen konnte, als es so weit war. Und tatsächlich erleichterte es die Design-Arbeit, denn ein Teil davon wurde schon im Gespräch mit der Community erledigt.
Wobei die Feuerprobe darin bestehen dürfte, unpopuläre Entscheidungen gegen den Willen der Community, doch zugunsten der eigenen Vision zu treffen. Ein Problem, auf das auch Indie-Entwickler Sean Lindskog in einem Blog-Post auf Gamasutra hinweist. Sein Tipp:
Sei kontrovers, aber deswegen kein Arschloch.
Andere Fallstricke für Open Development stellen James Brooksby zufolge allzu negative Reaktionen dar, die sich unter Umständen gegenseitig hochschaukeln.
Es könnte darauf hinauslaufen, dass die negative Darstellung auf das Team zurückfällt und daraufhin würden sie sich schlecht fühlen, was die Dinge nicht verbessern würde.
Auch sein Studio musste in einigen Fällen schon ähnliche Erfahrungen im Austausch mit den Fans machen.
Da gibt es jemanden in diesem Gespräch, der sich verhält, als sei sein Kopf so groß wie die Erde und denkt, er hätte die besten Einfälle überhaupt. Sobald du ihn kritisierst, reagiert er aggressiv. Und dann denken sich die übrigen Personen im Thread und das Team: Irgendwie hat mir das den Tag versaut.
Dennoch, so beteuert er, könne er sich nicht mehr vorstellen, Spiele auf eine andere Art zu entwickeln. Er träumt gar davon, Fractured Space irgendwann zu der Größe eines Star Citizen anwachsen zu lassen. Damit fällt Fractured Space nicht weniger ambitioniert als Open Development selbst aus, nur fertig ist es eben noch nicht.
Ein Modell mit Zukunft oder unnötiger Fan-Service: Wie schätzt ihr Open Development ein?
Fractured Space ist seit dem November letzten Jahres im Rahmen vom Steams Early Access-Programm spielbar. Aktuell kostet es knapp 10€, wodurch das Studio seine Arbeit finanziert. Später wollen sie das Spiel mit einem Free to Play-Modell anbieten.