Pianomania bietet Leidenschaft & Perfektion

09.09.2010 - 08:50 Uhr
Pianomania
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Die beiden Regisseure Robert Cibis & Lilian Franck haben mit Pianomania einen Dokumentarfilm über Klaviermusik und deren Künstler geschaffen. Doch darüber ist es auch ein Film über maximalen Anspruch, Leidenschaft & Perfektion, wie ihr hier nun im Interview nachlesen könnt.

Musik, genau wie jede andere Kunst, bedeutet in erster Linie für den Künstler das Streben nach absoluter Perfektion und die damit einhergehende völlige Ausschöpfung der eigenen Fähigkeiten. Dieser Umstand war für Robert Cibis und Lilian Franck so interessant, dass sie sich dafür entschieden, den Dokumentarfilm Pianomania über den Meisterstimmer und Cheftechniker Stefan Knüpfer zu drehen. Dieser sorgt dafür, dass musikalische Genies wie Pierre-Laurent Aimard oder Alfred Brendel mit einem tadellosen Instrument und perfektem Klang arbeiten können. Robert Cibis und Lilian Franck verraten euch im Interview, wie sie die Idee zu einer Musikdoku entwickelten und was sie bei den Dreharbeiten zu Pianomania am meisten faszinierte.

Was hat Sie bewogen, einen Dokumentarfilm über Klaviermusik zu machen?
Robert Cibis: Ich komme aus einer Musikerfamilie und mein Bruder Paul Cibis verdient seinen Lebensunterhalt als Pianist. Durch ihn habe ich einen direkten Zugang zu seiner Welt. Schon immer bin ich ein interessierter Beobachter der Berufspianisten gewesen. Doch erst seitdem ich Regisseur bin, kann ich die künstlerische Hingabe der Pianisten von innen heraus begreifen. Denn das Filmemachen hat eine vergleichbare Leidenschaft in mir entfacht. Stefan Knüpfer kenne ich schon lange, denn er ist der Klavierstimmer meines Bruders, der inzwischen in London und Berlin lebt. Sein alter Flügel steht immer noch in unserem Elternhaus. Steinway & Sons hat Herrn Knüpfer zu uns geschickt, als mein Bruder, der ehrgeizige Jungpianist, mit seinem ersten Klavierstimmer unzufrieden war. Obwohl Stefan Knüpfer jetzt in Wien lebt, kommt er immer noch regelmäßig nach Warstein in mein Elternhaus. Bei einem Mittagessen lernte ihn dort auch Lilian Franck kennen.

Lilian Franck: Obwohl ich keinen ausgeprägten persönlichen Zugang zur Welt der Musik habe, war ich sofort hingerissen von Stefan Knüpfer und seinen Erzählungen. Denn er schaffte es, alle Tischgenossen binnen kürzester Zeit in die verrückte Welt der Piano-Stars zu entführen und uns zum schallenden Lachen zu bringen. Bei dieser Gelegenheit kam mir zum ersten Mal die Idee, dass er ein idealer Filmprotagonist sein könnte. Später fiel mir auf, dass er genauso perfektionistisch ist wie die Stars, von denen er immer erzählt.

Pianomania dokumentiert die Suche nach etwas Perfektem. Was können wir aus dieser Suche lernen?
Lilian Franck: Der Film gibt einen Einblick in die Welt der Klaviermusik, und ist dabei auch für Menschen spannend, die sich bisher nicht für klassische Musik interessieren. Pianomania macht die Entstehung bleibender Kunstwerke spürbar. Steckt nicht in jedem Menschen der Wunsch etwas zu schaffen, das über die eigene Existenz hinausgeht?

Robert Cibis: Um uns auf das Filmemachen konzentrieren zu können, kauften wir uns eines Tages einen Ratgeber, der uns helfen sollte, möglichst wenig Zeit für unseren Haushalt zu verschwenden. Darin lasen wir folgenden Satz: „Man spart 50 % Kraft, wenn man sich mit 90 % Perfektion zufrieden gibt. Ist das nicht genial? Wenn wir bereit sind, nur 10 % Abstriche bei unserem Anspruch auf Perfektion zu machen, sparen wir enorm viel Kraft.“ Das mag ein interessanter Tipp für viele Erledigungsarbeiten sein. Wenn Stefan Knüpfer mit Pierre-Laurent Aimard aber die „Kunst der Fuge“ von Bach aufnimmt, dann geht es gerade um diese restlichen zehn Prozent. Unser Film erzählt von jener Schwelle, die nicht den pragmatischen Alltag, sondern große Kunst ermöglicht. Seitdem wir Filme machen, kennen wir die stetige Arbeit an einem Filmprojekt, die gleichzeitig zur stetigen Arbeit an uns selbst wird. Das gibt uns einen neuen Zugang zur besonderen Hingabe von Stefan Knüpfer und den Starpianisten an ihren Beruf, bzw. ihre Berufung. Die extreme Leidenschaft unserer Filmhelden haben wir während der Recherche und bei den ersten Drehs gespürt. Genau wie deren Obsession uns berührt hat, soll sie auch die Zuschauer des Films berühren.

Was waren die größten Schwierigkeiten während der Dreharbeiten?
Lilian Franck: Das war ein Prozess, der sich über Jahre hinweg erstreckt hat. Dabei hat es uns sehr geholfen, dass Stefan Knüpfer schon positive Dreherfahrungen während der Recherche mit uns gemacht hatte.

Robert Cibis: Die andere große Schwierigkeit war, die Klaviertöne technisch so gut einzufangen, dass es dem Zuschauer von Pianomania am Ende möglich ist, unterschiedliche Klaviertimbres zu hören. Wir haben also für jeden Drehtag (über die zweieinhalb Jahre verteilt) exzellente Musiktonmeister im Team gehabt, die vermochten, die Konzertflügel – sowie manchmal Sänger und Orchester – optimal in Surround aufzunehmen. Natürlich hat das die Tonnachbearbeitung bei mehr als 200 Stunden Drehmaterial deutlich verkompliziert. Bei Orchesteraufnahmen zum Beispiel hatten wir mehr als 90 Tonspuren. Am schlimmsten war unser tontechnischer Anspruch gefährdet, wenn die Protagonisten spontan entschieden haben, doch noch mal dieses oder jenes Instrument anzuspielen. Denn die entsprechende Mikrofonierung dafür kann lange dauern. Wir haben also eine mobile Musiktontechnik zusammengestellt, so dass es möglich war, sehr schnell zu reagieren. Denn die spannendsten Szenen sind gewöhnlich ungeplant entstanden. Zudem war es auch nur möglich, diesen beobachtenden Dokumentarfilm zu drehen, weil das Musiktonteam sich immer wieder in entfernten Räumen verstecken konnte, so dass gewöhnlich nur die Tonfrau und ich mit der Kamera bei den Protagonisten waren. Es war dadurch einfacher für die Pianisten und ihren Techniker, über die Anwesenheit der Kamera hinweg zu sehen.

Was war für Sie persönlich die wichtigste Erfahrung während der Dreharbeiten?
Lilian Franck: Bei der Beobachtung unserer Filmhelden gibt es nur ein einziges wichtiges Ziel: Die Suche nach dem perfekten Klang. Alles andere ist zweitrangig und dem untergeordnet. Es wird egal, wie viel Stefan Knüpfer verdient, ob er verheiratet ist oder ob er Hobbies hat oder nicht. Alles geht nur um das eine: Der Schaffung von Kunst. Von etwas Größerem als das eigene Leben. Das passiert nicht nebenbei. Da muss man volle Kraft voraus geben. Das hat mich beeindruckt.

Der Dokumentarfilm Pianomania mit derart viel Leidenschaft & Perfektion kommt am 9. September in unsere Kinos. Die Spielzeiten stehen in unserem Kinoprogramm.

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