Polizeiruf: Fehlschuss in den Ofen

06.04.2009 - 07:15 Uhr
Polizeiruff 110: Fehlschuss
ARD / MDR
Polizeiruff 110: Fehlschuss
0
0
Der 300. Polizeiruf 110 aus Halle bot einen erschossenen Jugendlichen und wenig Überraschungen

Jugendliche Einbrecher und ein mürrisches Ermittlerpaar lieferten sich im 300. Polizeiruf ein behäbiges Duell, urteilt Oliver Lysiak.

“Um Zweifler endlich davon zu überzeugen, dass der Polizeiruf sich nicht hinter der übermächtigen Tatort-Reihe zu verstecken braucht, war die Jubiläumsfolge “Fehlschuss” leider nicht geeignet. Zu behäbig liefen die Ermittlung im bekannten Plattenmillieu ab, zu brachial wurde die Traumatisierung Schmückes, der bei einem Einsatz in Notwehr einen Jugendlichen erschoss, abgehandelt. Schmücke-Darsteller Jaecki Schwarz blieb deutlich unterfordert von den platten Sätzen, die ihm das Drehbuch in den Mund legte."

Gestern Abend jagte das Team den Mörder einer Rentnerin, die bei einem Einbruch vom Täter unglücklich geschubst wird und an den Folgen stirbt. Schon bald gerät eine Gruppe nicht strafmündiger Jugendlicher ins Visier. Einer der Jungen stirbt bei einem Schusswechsel mit Schmücke. Der Komissar weigert sich die Ermittlungen abzugeben, weil er überzeugt ist, dass die Kids angestiftet wurden, die Einbrüche zu begehen. Nach einigen falschen Fährten gesteht am Ende endlich einer der jungen Täter. Er war es, der die alte Frau weggestoßen hat und er identifiziert die Erwachsenen, welche die Jugendlichen für ihre Zwecke eingespannt und die gestohlenen Gegenstände weiterverkauft haben.

“Was hier überrascht”, moniert Oliver Lysiak, "ist das zum Teil eigenwillige Rechtsverständnis der Kommissare und die Darstellung der Vorgesetzten als dumme Paragraphenhengste, die letztlich nur die Ermittlungen behindern. Ohne hinreichende Beweise werden Wohnungen durchsucht, wird beschlagnahmt und bepöbelt. Die Jugendlichen werden ohne Beistand vom Jugendamt stundenlang verhört, alles kein Problem für die selbstgerechten Kommissare.

Der Chef hat eh keine Ahnung und natürlich erscheint der Sozialarbeiter, der sich um die Jugendlichen bemüht, als bequemster Verdächtiger, der sich auch schon mal mit dreisten Unterstellungen abfinden muss. Was bei den ironisch-überhöhten Kommissaren a la Schimanski noch funktionieren mag, weil sie durch Charme überspielen, was ihnen an Legitimation fehlt, stößt beim bieder-steifen Duo Schmücke und Schneider dann doch unangenehm auf.

Im Endeffekt bleibt doch ein wenig Enttäuschung zurück. Enttäuschung über eine bestenfalls solide Inszenierung, uninspirierte Kamerarbeit mit anstrengendem Gelbfilter, der immer dann ins Spiel kam, wenns ins Sozialghetto ging. Enttäuschung auch über die sichtlich unerfahrenen Jungdarsteller, die ihren Rollen nicht durchgängig gewachsen waren und letztlich über die nicht mal an der Oberfläche des Themas Jugendkriminalität kratzende Story, die sich gleich an mehreren Stellen gewaltig übernahm.

Dann doch lieber wieder Edgar Selge als missmutiger Einarm-Kommissar Tauber aus München. Dessen lakonischer Witz wäre als 300. Folge wahrscheinlich unterhaltsamer geworden."

Ihre Meinung ist gefragt. Wie gefiel ihnen der Polizeiruf 110: Fehlschuss? Jetzt mitdiskutieren und bewerten!

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News