Dass Deutschland überhaupt noch zum Eurovision Song Contest geht, ist eigentlich ein kleines Wunder. Die Zuschauerzahlen sinken jedes Jahr ein bißchen mehr; die Kandidaten kehren mehr oder weniger schmachvoll zurück. Dabei hat die ARD alles in ihrer Macht stehende versucht. Letztes Jahr ging sie sogar soweit, dem geschmacksverwirrten Bürger das Wahlrecht zu entziehen und durch ein “Expertengremium” einen Kandidaten bestimmen zu lassen, ganz wie in den 1950ern.
Gebracht hat es nichts. 2008 zeigten die No Angels in Kostümen, die ungefähr so sackig waren, wie seinerzeit Joy Flemings Ganzkörpervorhang, dass auch internationale Bekanntheit nichts bringt. Bei Alex swings Oscar sings 2009 war nicht nur der Name schrecklich. Da half auch die ansonsten großartige Dita von Teese nichts. Vielleicht rächte es sich auch, dass die greisen Verantwortlichen der Öffentlich Rechtlichen interessantere Acts wie Übermutter nicht zuließen. Letztes Jahr ließ es sich jedenfalls nicht länger leugnen: Die ARD kann es einfach nicht.
Dieses Jahr soll alles anders werden. Nach langen und offensichtlich dem ein oder anderen Senderchef Bauchschmerzen bereitenden Querelen hat sich die ARD durchgerungen, mit Stefan Raab und Pro7 zusammen zu arbeiten. Stefan Raab soll mit Unser Star für Oslo, dem deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest, nun alles geben, was bisher gefehlt hat, nämlich Qualität, Unterhaltung, Publikum – kurzum: eine Chance.
Keine Lebensgeschichten mit größtmöglichem Schnieffaktor, keine Knebelverträge, keine sensationsheischenden Stripperinnen – Stefan Raab verspricht für Unser Star für Oslo nicht nur, den deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest zu revolutionieren. Mit dem Konzept, nur Musik und gute Musiker für Unser Star für Oslo zuzulassen, versucht er die neue Casting Show auch wohltuend von anderen Formaten wie DSDS abzuheben, wo es bekanntlich nur auf die Stimme und die Vermarktbarkeit ankommt.
Eine bessere Wahl als Stefan Raab hätte die ARD für Unser Star für Oslo nicht treffen können. Schon dreimal hat Raab am Eurovision Song Contest teilgenommen und alle drei Male landete er unter den Top Ten: Guildo Horn schaffte es auf den 7. Platz, Raab selber belegte den 5. und Max Mutzke gelang 2004 ein 8. Platz. Die waren allesamt besser als die Kandidaten, die das öffentlich-rechtliche Fernsehen in den letzten Jahren ins Rennen geschickt hatte. Deutschland schaffte es seit 2004 nicht mehr aus dem Mittelfeld heraus oder dümpelte gar am Ende der Tabelle vor sich hin.
Wollen wir hoffen, dass Stefan Raab und die Kooperation mit Pro7 zu einem besseren Ergebnis führen. Am 2. Februar 2010 um 20:15 Uhr startet der Vorentscheid des Eurovision Song Contests Unser Star für Oslo auf Pro 7. Das Finale und die Entscheidung, wer Deutschland am 29. Mai in Oslo vertritt, wird am 12. März in der ARD laufen.
Der Tiefpunkt: Die No Angels als deutscher Beitrag 2008: