Rosa von Praunheim ist tot: Mit einem Skandalfilm veränderte er Deutschland für immer

19.12.2025 - 18:12 UhrVor 4 Tagen aktualisiert
Glückskind – Der schwule Filmemacher Rosa von Praunheim
Arte
Glückskind – Der schwule Filmemacher Rosa von Praunheim
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Mit Rosa von Praunheim verliert Deutschland einen Filmemacher und Aktivisten, der als Wegbereiter der hiesigen Schwulenbewegung galt. Er verstarb diese Woche mit 83 Jahren.

Der deutsche Filmemacher und LGBTQ-Aktivist Rosa von Praunheim ist am Mittwoch, den 17. Dezember 2025 im Alter von 83 Jahren in Berlin gestorben, nur fünf Tage, nachdem er seinen langjährigen Lebensgefährten Oliver Sechting heiratete. Das bestätigte etwa der RBB  mit Berufung auf eine Person aus dem engeren Freundeskreis.

Mit seinem aufsehenerregenden Film Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt von 1971 katapultierte von Praunheim das Thema der gleichgeschlechtlichen Liebe in den Mainstream-Diskurs. Damit zählte er zu den Kreativen und Promis, die im Deutschland der Nachkriegszeit den Weg für Akzeptanz queerer Menschen ebneten.

Rosa von Praunheim veränderte die deutsche Schwulenbewegung mit nur einem Skandalfilm

Der 1942 als Holger Radtke in Riga geborene Regisseur wuchs in Ost-Berlin auf und drehte nach seinem Studium emanzipatorische Avantgardefilme wie Rosa Arbeiter auf goldener Straße. Dieser erhielt 1969 durch eine Fernsehausstrahlung im ZDF einiges an Aufmerksamkeit und wusste bereits mit einer Story über Sex und Minderheiten zu provozieren.

Im Jahr 1971 folgte dann der große Durchbruch mit Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt. Ein Spielfilm, der die schwule Subkultur Berlins beleuchtete und dessen Bedeutung für die LGBTQ-Bewegung in Deutschland kaum überbewertet werden kann. Der Paragraph 175, der gleichgeschlechtliche Handlungen zwischen Männern noch bis in die 90er unter Strafte stellte, wurde kurz zuvor gelockert, was ein Outing und den Kampf für die eigenen Rechte für viele plötzlich nicht mehr unmöglich erscheinen ließ.

Nach der Veröffentlichung des Films, der das Thema in die Öffentlichkeit brachte, nahm die hiesige Lesben- und Schwulenbewegung richtig Fahrt auf und viele neue aktivistische Gruppen bildeten sich. "Unser Film sollte provozieren, Schwule und Heteros aus ihrer Ruhe und ins Gespräch bringen. Wir wollten auf keinen Fall einen Film, der die Schwulen glorifiziert oder bemitleidet", sagte von Praunheim viel zitiert über seinen Skandalfilm. Der war auch ein paar Jahre danach noch so kontrovers, dass der Bayerische Rundfunk sich bei der TV-Auswertung weigerte, ihn auszustrahlen.

Auch spätere Werke beschritten Neuland im deutschen Film

Nach seinem großen Film für die Schwulenbewegung gingen Rosa von Praunheim die Themen nicht aus. Mit Ein Virus kennt keine Moral von 1986 drehte er den ersten deutschen Film, der sich der AIDS-Thematik widmete, mit Vor Transsexuellen wird gewarnt von 1996 den ersten deutschen Film, der sich komplett mit trans Menschen befasste. Dabei ging es nicht immer ganz ernst vor sich: Seine Camp-Comedy Die Bettwurst zum Beispiel gilt heute noch als Kult.

In die Kritik geriet von Praunheim 1991 nach einem besonders skandalösen TV-Auftritt, bei dem er Hape Kerkeling und Alfred Biolek als schwul outete. Der Berliner Zeitung gegenüber kommentierte er die Aktion Jahre später mit: "Trotz dieses Tabubruchs äußerten sich sogar die von mir geouteten [...] im Nachhinein versöhnlich zu meiner Aktion, die ich nicht mehr wiederholen würde. Auf jeden Fall änderte sich die einseitig negative Berichterstattung in den Medien über Schwule zum Besseren."

Mit über 150 Filmen und unermüdlichem Aktivismus setzte sich Rosa von Praunheims für die hiesige LGBTQ-Bewegung ein, was unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, das er 2015 erhielt. Sein halbwegs biografischer Dokumentarspielfilm Satanische Sau feierte dieses Jahr noch bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin seine Weltpremiere.

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