Sind wir nicht alle ein wenig Game of Thrones?

03.09.2012 - 08:00 Uhr
Game of Thrones
moviepilot / HBO
Game of Thrones
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Dieser moviepilot-User analysiert, warum Game of Thrones eine perfekte Parabel auf unsere Welt und den Umgang mit unserer Geschichte, unserer Gegenwart, unserer Kultur und unseren Mitmenschen ist. Lest selbst!

Shae: I don’t want to play.
Tyrion: It’s fun! Look at the fun we’re having!

Ein Spiel funktioniert nie ohne Spielregeln. Um ein Spiel gewinnen zu können, muss man sie beherrschen. Kennt man sie nicht, beachtet man sie nicht, oder vergisst man sie, so verliert man das Spiel.

Die vergangenen zwei Staffeln von Game of Thrones veranschaulichen diese Tatsache in beinahe jeder Folge, in fast jeder Sequenz und in fast jedem Dialog. Und man merkt sehr schnell, dass der Autor der gleichnamigen Romanvorlage sehr gut um die Beschaffenheit von Spielregeln weiß. Vielmehr kennt er sich mit gesellschafts-politischen Spielregeln aus. Die Welt, die Goerge R. R. Marin erschuf, hat vielfache Ähnlichkeiten mit jener, die wir aus mittelalterlichen Quellen und Chroniken kennen. Und viele der Spielregeln, die wir in Game Of Thrones kennenlernen, sind schon seit langer Zeit Gegenstand mediävistischer Forschungen. Der bekannte deutsche Historiker Gerd Althoff wurde mit seinem Buch “Spielregeln der Politik um Mittelalter” nicht nur in der Fachwelt international berühmt. Er veranschaulichte, dass eben diese alten Spielregeln noch heute ihre Gültigkeit besitzen. Einen nicht unerheblichen Anteil an der Faszination der Serie Game of Thrones macht eben diese Tatsache aus. Die Intrigen, Seilschaften, Machtkämpfe und sozialen Ungleichgewichte werden zwar in einer fantastischen und archaisch anmutenden Welt präsentiert. Das Faszinosum von Game of Thrones ist jedoch, dass uns die Ziele und Strategien der Gruppen und Charaktäre sehr vertraut vorkommen.

So spielt Game of Thrones auch mit verschiedenen Codes und Ritualen der Politik. Obgleich Gruppen oder Personen gegenüberstehen und dabei entweder verhandeln oder nur Konversation betreiben; Die Konversation ist oft zum Scheitern verurteil, wenn eine der Parteien eben jene Codes und Rituale nicht befolgt. Wenn Lord Varys und Tyrion Lennister zur Mitte der zweiten Staffel neben einander stehend auf das Meer hinaus blicken, so müssen sie sich erst in einer kurzen Diskussion mittels der sarkastischen Verwendung einer Vielzahl von Codes gegenseitig abtasten, bis sie ehrlich miteinander sprechen können. Wer je in der Politik gearbeitet hat, kennt dieses Taktieren nur zu gut.

Darüber hinaus setzt Goerge R. R. Martin noch einen nicht uninteressanten Handlungsprozess seiner Erzählung bei. Die Welt Westeros kannte einst übernatürliche Phänomene und Wesen. Doch diese sind seit tausenden Jahren nicht mehr aufgetaucht und beinahe in Vergessenheit geraten. Von Beginn der ersten Folge an sehen wir dabei zu, wie eben jene Phänomene wieder in die Welt zurückkehren. Das Mittelalter kannte eben jene Phänomene. Der erste bekannte mittelalterliche König Merowech gab beispielsweise an, dass seine Familie von einem Seeungeheuer gezeugt worden war. Die Angst vor Drachen, Riesen oder Hexen war bis in das späte Mittelalter allgegenwärtig in der Gesellschaft. Mit dem Fortschritt der Entwicklung unserer Zivilisation blieb nur noch der Götterglaube als übersinnliches Moment im Leben der Menschen übrig. Bei der Handlung von Game of Thrones finden wir also eine umgedrehte Entwicklung vor. Während die verschiedenen Adelshäuser von Westeros Krieg miteinander führen, werden Drachen geboren und Ungeheuer sind im Inbegriff über den Kontinent zu ziehen.

Und natürlich darf man auch verschiedene versteckte Anspielungen auf die Popkultur nicht vergessen. Wenn Sibel Kekilli in ihrer Rolle auf die Stadt Königmund schaut und darüber sinniert, wie die verschiedenen Gerüche der Großstadt sie zum Geschlechtsverkehr anregen, muss dem filmkundigen Betrachter einfach die Kinnlade auf den Boden fallen.

Game of Thrones ist also aus mehreren Gründen unterhaltsam. Es ist auf verschiedenen Ebenen eine perfekte Parabel auf unsere Welt und den Umgang mit unserer Geschichte, unserer Gegenwart, unserer Kultur und unseren Mitmenschen.


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